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06.08.12 - REGION

Quo vadis, Fulda? – Nimmt sich Barockstadt Attraktivität für Großveranstaltungen?

Die Debatte um die Nutzung des Messegeländes im Stadtteil Fulda-Galerie und die Vergabepolitik des Stadtmarketings reißt nicht ab.  Es geht um die Genehmigung von Veranstaltungen aller Art auf dem Messegelände vor den Toren der Stadt und den Spagat zwischen Grundstücksverkauf für Wohnflächen sowie der Vermarktung der Messe. Ruhe kontra lautem Geräuschpegel. Der Stein des Anstoßes ist eine viertägige Oktoberfestgaudi mit Auf- und Abbau des Festzeltes. Eine ähnliche (allerdings Eintages-Party) wurde dagegen nicht genehmigt, eine Motorsportveranstaltung nur mit Nachdruck.

Die nachfolgend im WORTLAUT veröffentlichte Meinungsäußerung von Günter Wolf - der 47-Jährige ist stellvertretender Vorsitzender des FDP-Kreisverbandes Fulda,  lebt und arbeitet als Freier Journalist und Publizist in Hünfeld - soll eine neue Diskussionsrunde eröffnen. Wie sehen unsere Leser - egal ob aus Fulda, der Region oder von außerhalb stammend - die Zukunft des Messegeländes bzw. dessen Nutzung für laute Großveranstaltungen und ähnliche Events? 

Hier drei Links zu unseren Artikeln zum Thema:

http://www.osthessen-news.de/I/1217588/fulda-spd-fordert-ein--nachvollziehbares-nutzungskonzept--fuer-das-messe-gelaende.html

http://www.osthessen-news.de/J/1216666/fulda-galerie-skandal(2)-fz-wiesn--bis-24-uhr--aber-keine-2-tage-msc-slalom.html

http://www.osthessen-news.de/H/1216639/fulda--aus--fuer--o´zapft-is--auf-fulda-galerie-stadt-&-parzeller--was-laeuft-da--.html

"Als Nichtbürger der Oberzentrumsstadt Fulda, der allerdings in Fuldaer Organisationen und Vereinen aktiv und zudem im Landkreis Fulda kommunalpolitisch sowie als Journalist tätig ist, verfolge ich die Vorgänge um das Messegelände im Neustadtteil Fulda-Galerie mit immer größer werdendem Erstaunen. Vielleicht ist es meine Unkenntnis interner Entscheidungen des Magistrats, die ein Verstehen der Vorgänge insgesamt sowie der Argumentationslinien der Stadtverwaltung, namentlich des Amtes für Stadtmarketing, erschwert oder sogar unmöglich macht. Vielleicht aber hat sich auch nur die Stadt Fulda auf einen falschen und somit verhängnisvollen Kurs begeben, der künftig die Barockstadt als Veranstaltungsort mit überregionaler Bedeutung aus dem Rennen werfen wird.

Halten wir doch einmal fest: Nach dem Abzug der US-Army aus Fulda und der damit verbundenen Aufgabe des Sickels Airfields hat sich die Stadt Fulda folgerichtig an die Entwicklung des Areals gemacht. Ein neuer Stadtteil sollte entstehen und - auf dem Gelände der einstigen Start- und Landebahn - ein Messe- und Open-Air-Gelände. Das war eine gute Lösung, zumal gerade damit ein attraktives Veranstaltungsgelände außerhalb, aber dennoch in unmittelbarer Nähe zu der Kernstadt entstand, da es nicht nur räumlich, sondern auch mit Blick auf entstehende Geräuschmissionen verträglich erschien. Dann aber entpuppten sich die fortschreitenden Planungen als - freundlich ausgedrückt - wenig durchdacht.

Denn nachdem das Messegelände geschaffen worden war und sogar dessen Nutzung begonnen hatte, rückte die Wohnbebauung immer näher an das Gelände heran. Eine Abgrenzung zum Messegelände - Fehlanzeige. Im Gegenteil. Die Bebauung ist inzwischen de facto an der gegenüberliegenden Straßenseite angekommen. Aus meiner Sicht liegt auf der Hand unwidersprechbar: Die Wohnbebauung bis zum Messegelände fortzusetzen, war und ist zu keiner Zeit wohlüberlegt gewesen. Schon bisher beschwerten sich weiter entfernt liegende Anwohner bei lärmintensiveren Veranstaltungen. Die Wohnhäuser weiter heranrücken zu lassen, verschärft das Problem und schränkt die Nutzung des Messegeländes vor allem für Festivals massiv ein. Damit wird eine gute Idee konterkariert - und Fulda nimmt sich so seine Attraktivität für Großveranstaltungen selbst.

Interessens- und Nutzungskonflikte gibt es immer dann, wenn öffentliche oder gewerbliche Nutzungen, sprich Lärm und Behinderungen verursachende Interessen, auf private, sprich Ruhe suchende Interessen stoßen. Das erlebt man fast tagtäglich in Siedlungen und fängt nicht erst beim Rockkonzert, sondern schon bei Hahnenschreien auf der Mist und Kinderlärmen auf Spielplätzen und Kita-Freigeländen an. Also geht es hierbei um Interessensausgleich - zum Wohle und Nutzen aller Beteiligter. Denn wie es das Recht auf Ruhe von Anwohner gibt, ist es auch um das Recht derer bestellt, die Veranstaltungen auf einem eigens dafür ausgewiesenem Gelände durchführen wollen.Dabei wäre eine für beide Seiten verträgliche Lösung sehr einfach gewesen. So hätte man das Messegelände so von der Wohnbebauung abgrenzen können, dass nicht nur ein akzeptabler Abstand, sondern auch ein passiver Lärmschutz entstanden wäre. Möglich hätte dies zum Beispiel gemacht die Anlegung einer Grünanlage mit Anwallung und Bepflanzung mit laubtragenden Hochstämmen sowie Buschwerk. Das hätte nicht nur optisch elegant gewirkt, sondern hätte den Bewohnern der Fulda Galerie auch eine attraktive Grünanlage, eventuell parkähnlich mit Sitz- und Spielgelegenheiten, in unmittelbarer Nähe beschert – wenn die Stadtverwaltung dies denn gewollt hätte. Allerdings scheint dies nicht gewollt gewesen sein.

Daher stellen sich gleich mehrere Fragen:

Waren sich Magistrat und Stadtverordnetenversammlung bei ihren Beratungen zur Änderung des Flächennutzungsplanes und zur Aufstellung des Bebauungsplanes „Fulda-Galerie“ über die Frage von Nutzungskonflikten angesichts der gewollten Nutzungen im Klaren? Waren sich die Stadtväter und -mütter überhaupt im Klaren, was sie eigentlich wollten und was das in der Auswirkung bedeutet? Gab es Gutachten, die die Auswirkungen von lärmintensiven Veranstaltungen auf dem Messegelände bewerteten und sind diese bei den Planungen berücksichtigt worden? Soll das Messegelände in der Fulda Galerie verschwinden, umgewidmet oder auch noch für eine Wohnbebauung einbezogen werden? Wo sollen künftig (mehrtägige) Festival-Events, insbesondere Open Air, in Fulda stattfinden, bei denen es naturgemäß etwas lauter zugeht und die nicht vom Verlag Parzeller oder von den Eheleuten Udolph veranstaltet werden? Ist die Stadt Fulda ein verlässlicher Partner für Veranstalter? Oder hat man hier etwas fehl geplant? Das erklärt dann aber immer noch nicht die durchaus gutsherrlich anmutende Verfahrensweise des Amtes für Stadtmarketing, unter anderem seit Monaten gegebene Zusagen durch die kalte Küche mit aberwitzigen Begründungen zurückzuziehen, dafür aber anderen Veranstaltern mit gleichen oder ähnlichen Absichten den roten Teppich auszurollen. Es kann durchaus sein, dass trotz geltendem kommunalen Haushaltsrechts wirkliches doppisches, also kaufmännisches Denken noch nicht in allen Amtsstuben der Stadt angekommen ist. Bloß: Unternehmen wie Eventagenturen und ähnliche Betriebe müssen kaufmännisch denken und handeln. Wer eine Veranstaltung plant, nimmt auch Geld dafür in die Hand.

Er schließt schon lange vor dem Veranstaltungstermin Verträge ab, weil Akteure langfristig im Voraus gebucht werden müssen - und weil er sich auf die städtischen Zusagen verlassen hat, die Veranstaltung zur verabredeten Zeit durchführen zu können. Allerdings tut dies der Unternehmer auf eigenes Risiko - für sein Vermögen, wie auch für sein Ansehen in der Geschäftswelt. Kann also einem Beamten oder Angestellten der Stadtverwaltung egal sein, ob einem privaten Unternehmer durch das Handeln der Stadtverwaltung ein Schaden entsteht? Der Person vielleicht schon, nicht aber der Institution und seinen Gremien. Denn so entsteht neben dem überregionalen Ansehensverlust auch noch ein innerstädtischer, den eigentlich niemand wollen kann, und der die Kompetenz und Verlässlichkeit der Fuldaer Stadtverwaltung in Frage stellt. Trotzdem ist er bereits eingetreten. Also höchste Zeit für Oberbürgermeister Gerhard Möller, zu handeln - im Interesse und zum Nutzen aller, auch der Stadt Fulda".

Leser, die mit ihrer Meinung zu diesem Thema beitragen möchten, können ihre e-Mail an mailto:[email protected] schicken. +++

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