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IHK-Präsident Bernhard Juchheim. - Fotos: Hans-Hubertus Braune

13.10.12 - FULDA

„Professionelle Ethik muss zur Kernkompetenz und zur Chefsache werden" - diesen Wunsch äußerte Professor Gertrud Höhler am Freitagmorgen in ihrem Eröffnungsvortrag zum Fuldaer Wirtschaftstag, der dieses Jahr unter dem Motto „Nachhaltig wirtschaften – ökologisch planen" stand. Etwa 500 Gäste aus Politik und Wirtschaft waren ins Hotel Maritim gekommen, um insgesamt sechs Vorträgen zu lauschen und sich neue Anregungen fürs eigene Unternehmen zu holen. Der Fuldaer Wirtschaftstag wird seit 19 Jahren von der Industrie- und Handelskammer veranstaltet und ist einer der Knotenpunkte des wirtschaftlichen Miteinanders der Region.

IHK-Präsident Bernhard Juchheim plädierte in seiner Begrüßung für eine dreigeteilte wirtschaftliche Nachhaltigkeit - ökologisch, ökonomisch und sozial. Er nannte den Wirtschaftstag das „Schaufenster" des Wirtschaftsnetzwerks der Region und wünschte sich „wichtige Impulse für eine Kultur einer sozialen Nachhaltigkeit im Berufs- und Privatleben". Besonders am Herzen lag Juchheim die Fachkräfteoffensive des Standortmarketings, zu deren Teilnahme er eindringlich aufforderte. Durch das Programm des Wirtschaftstages führte gewohnt routiniert Dr. Christian Gebhardt, Vizepräsident der IHK Fulda.

Zurück zu Gertrud Höhler: Der Vortrag der Publizistin war nicht nur vom Publikum, sondern auch von den regionalen Medien mit Spannung erwartet worden, schließlich ist die 71-Jährige mit ihrem aktuellen Buch „Die Patin" Gegenstand einer deutschlandweit kontrovers geführten Diskussion. Eher versöhnlich denn streitlustig wirkte ihr Vortrag, in dem sie sich mit dem Zusammenhang zwischen Ethik und wirtschaftlichem Erfolg beschäftigte und dabei besonders die letzte Finanzkrise in Augenschein nahm. Sie hielt ein flammendes Plädoyer für die Bedeutung professioneller Ethik, die nicht nur persönliches, sondern auch wirtschaftliches Verhalten grundsätzlich mitbestimmen sollte. Genau diese Ethik habe unter anderem bei den Spekulationsgeschäften, die zur Wirtschaftskrise geführt hatten, weitgehend gefehlt. „Wenn man den Eindruck hat, man sei sehr stark, fällt die Risikoscheu. Geld ist eine Droge", so Höhler.

Mit dem Appell „Ethik ist Chefsache" schloss die Publizistin ihren Vortrag.Einem ganz anderen Thema widmete sich Dr. Klaus-Stephan Otto, Geschäftsführer der Evoco GmbH aus Berlin. Unter dem Motto „Darwin meets Business" zog er Parallelen zwischen Entwicklungen in der Natur und Evolutionsstrategien in der Wirtschaft. Er ermutigte dazu, sich die Natur und ihre Prozesse zum Vorbild zu nehmen, und nannte zahlreiche anschauliche Beispiele. Es biete sich unter anderem an, so Otto, ein Unternehmen fortwährend den Gegebenheiten seines wirtschaftlichen Umfelds anzupassen - ganz ähnlich, wie Meereslebewesen vor Millionen Jahren ihre Flossen in „landgangstaugliche" Gliedmaßen umwandelten, um so auf dem zunehmend größer werdenden Festland leben zu können.

Der Dauer und Intensität seines Schlussapplauses nach zu urteilen hatte der nächste Referent mit seinem Vortrag zum sogenannten „Cradle to Cradle"(„Von der Wiege bis zur Wiege")-Prinzip ein weiteres Highlight des Wirtschaftstages geschaffen. Professor Michael Braungart, Geschäftsführer der EPA Internationale Umweltforschung GmbH, malte eine düstere, aber wissenschaftlich gestützte Zukunftsvision voll endlicher Ressourcen, Umweltzerstörung und aussterbender Tierarten. Das aktuelle Streben, den „CO2-Fußabdruck" zu verkleinern, um den Klimawandel und die Zerstörung der Umwelt aufzuhalten, sei ein falscher Ansatz. „Wir Menschen sind keine Schädlinge", so Braungart. Es gehe nicht primär darum, den negativen Einfluss des Menschen auf die Erde zu verringern, sondern es sei vor allem wichtig, seinen positiven, nachhaltigen Einfluss zu verstärken.

Der „Cradle to Cradle"-Ansatz beschreibt einen fortwährenden Kreislauf, in dem Roh- und Nährstoffe fortwährend genutzt und nach Ende der Nutzungsdauer in den Kreislauf zurückgegeben werden.Einem oft totgeschwiegenen Thema hatte sich Professor Hans Förstl verschrieben. Der Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie der TU München informierte über das Krankheitsbild „Demenz", dessen Prävalenz in den letzten Jahren massiv zugenommen habe. Förstl nannte nicht nur weitgehend unbekannte Fakten – es gibt beispielsweise Hinweise darauf, dass Alzheimer als bekannteste Form der Demenz ansteckend sein könnte - sondern gab auch praktische Tipps, wie man ein viele Jahrzehnte altes Gehirn fit halten kann.

Wichtig sei vor allem, auch im Alter geistig und körperlich in Bewegung zu bleiben.Für heitere Stimmung im Saal sorgte Psychologe Martin Kersting, aktuell Professor für Psychologische Diagnostik an der Universität Gießen, der zum Thema „Nachhaltige Personalarbeit" referierte. Wer trockene Informationen erwartete, wurde enttäuscht, denn Kersting hielt Personalverantwortlichen auf eine sehr amüsante Art den Spiegel vor, klärte über Widrigkeiten und Besonderheiten der menschlichen Wahrnehmung auf und plädierte für mehr Toleranz und weniger Vorurteile in der Auswahl von Bewerbern.Den Abschluss des Referenten-Sextetts bildete Professor Ernst Ulrich von Weizsäcker, Co-Präsident des International Resource Panel des UNO-Umweltprogramms. Sein Vortrag schlug in dieselbe Kerbe wie der seines Vorredners Michael Braungart und beinhaltete teils drastische Zukunftsprognosen. Schließlich zeigte er Wege zur intelligenten Nutzung vorhandener Energie auf, ohne dem momentanen Trend zur flächendeckenden Nutzung alternativer Energien und dem damit verbundenen „ökologischen Albtraum" blind zu folgen.

Gegen 18 Uhr ging der mit Informationen prall gefüllte Wirtschaftstag mit einem Schlusswort von IHK-Vize Christian Gebhardt zu Ende. Wie es in Fulda Brauch ist, erhielten noch alle Referenten den berühmten „Fuldaer Rucksack", um die Heimfahrt mit Wegzehrung im Gepäck antreten zu können. (Florian Dietz) +++


Rund 500 Unternehmer beim Fuldaer Wirtschaftstag.

Wie kann Deutschland Spitze bleiebn? Nachhaltigkeit und neue Technologien - das Thema von Professor Dr. Ernst Ulrich von Weizäcker.


Dr. Klaus-Stephan Otto sprach zum Thema "Darwin meets Business: Was Unternehmer von Natur und Evolution lernen können".





"Risikomanagement in Krisenzeiten: Professionelle Ethik wird Chefsache" - Professorin Dr. Gertrud Höhler zu Gast in Fulda.






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