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FULDA Masse statt Klasse?

Schweinemast in Deutschland - Ernüchternde Zahlen bei Vortrag der IG-FÜR

02.09.14 - Rund 124 Schweine leben durchschnittlich in einem hessischen Landwirtschaftsbetrieb. Insgesamt sind das hessenweit knapp 610.000 Schweine. Verglichen damit leben in Hessens landwirtschaftlichen Betrieben, laut dem Hessischen Bauernverband, etwa 450.000 Rinder und die Zahlen der Bestände sind sogar rückläufig. Nichtsdestotrotz - oder vielleicht auch gerade deshalb - sind Fragen um die Umstände der Schweinemast in aller Munde.

Dr. Renate Pusch-Beier war als Referentin nach Fulda eingeladen Fotos (2): Sabrina Ilona Teufel

Das brisante Thema erörterte aus biochemischer Sicht am Montagabend die Biochemikerin Dr. Renate Pusch-Beier bei einem Vortrag der IG-FÜR in Fulda. Was dabei, zumindest für das in landwirtschaftlichen Dingen ungeschulte Ohr zu hören war, ist durchaus beunruhigend. Obgleich die vorhandenen Tendenzen im Geschäft mit dem Fleisch dank großem medialen Interesse der Bevölkerung wohl kaum unbekannt sind.

Im Jahr 2012 wurden in Deutschland, laut Pusch-Beier, 58,7 Millionen Schweine geschlachtet. Damit liegt Deutschland weltweit hinter China und den USA, ist aber Europas Schlachtnation Nummer eins. Ebenfalls ist Deutschland zweitgrößter Exporteur für Schweinefleisch weltweit. Laut Pusch-Beier geht damit aber auch einher, dass Fleisch hier längst zur Billigware geworden sei. „Massentierhalten ist natürlich unerlässlich, wenn große Mengen an Fleisch produziert werden sollen“, erklärte die Referentin am Montagabend vor rund 20 Interessierten. Rund 98 Prozent unseres Fleisches stammten demnach aus Massentierhaltung. Diese sei, das sei unerlässlich, auf Medikamente angewiesen.

Hier allerdings beginnt der Kreislauf, den Pusch-Beier in ihrem Vortrag eindrücklich beschrieb. Die verabreichten Medikamente, speziell Antibiotika werden zu 90 Prozent von den Tieren wieder ausgeschieden und gelangen so über Gülle in den Boden und damit ins Grundwasser und Pflanzen. Der nächste Schritt sind dann die daraus gefertigten Erzeugnisse.

Georg Sedlmaier (rechts) von der IG FÜR begrüßte Interessenten und Referentin ...

Seit 2006 sind Antibiotika in Europa als Futterzusatz zur Leistungsförderung verboten. Nur bei Krankheit dürfen sie verabreicht werden. Dennoch sind die Zahlen zur Verabreichung von Antibiotika für den Hörer alarmierend. Im Jahr 2011, so Pusch-Beier, seien mit 1706 Tonnen doppelt so viel Antibiotika in der deutschen Massentierhaltung eingesetzt worden, wie im Humanbereich. Aus dem verstärkten Einsatz von Antibiotika resultiert die gesteigerte Entwicklung von Resistenzen – Herkömmliche Medikamente wirken plötzlich nicht mehr, oder nur noch begrenzt. So entstehen statistische Werte wie der folgende:Rund 25.000 Menschen sterben jährlich, so eine Studie des EU-Parlaments aus 2012, in Europa wegen Erkrankungen, die durch resistente Keime verursacht wurden.

Dabei, möchte man meinen, werden die Kontrollmechanismen stets erweitert, die Kontrollen verschärft. Per Schnellwarnsystem der EU werden Kontrollen von Waren aus Drittländern durchgeführt. Höchstmengenüberschreitungen und Nachweise über verbotene Substanzen werden weitergegeben. Wenn nötig werden Waren beschlagnahmt oder vernichtet.

Seit dem ersten Juli 2014 besteht in Deutschland eine Meldepflicht für die Verabreichung von Antibiotika durch Tierhalter. Was zunächst gut klingt, hat bei näherem Hinsehen aber einen Haken. Geht man nach der Referentin, so seien von dieser Meldepflicht einige Betriebe ausgeschlossen. Man könne meinen, es geschehe hinsichtlich geprüfter Lebensmittel viel in Deutschland und auch Europa. Das Verabreichen von Hormonen beispielsweise sei seit 2006 in Europa verboten. Laut BUND würden sie in der Lebensmittelproduktion dennoch oft illegal verabreicht. Zu erwarten sind also, trotz Kontrollen, hohe Dunkelziffern.

Auf Generalisierung verzichtete die Referentin jedoch: Denn Massenhaltung sei bei der Produktion großer Mengen unerlässlich. „Wir reden hier von Billigfleisch und was wir da tun, ist Antibiotika verabreichen und Resistenzen fördern.“ Bestenfalls gehe man zum Bauern nebenan, dessen Produktionswege man nachvollziehen könne. (st)+++


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