Ischias und Adswendskalender: 24 Türchen für Cola und Kalaschnikow

28.11.14 - Na, liebe Eltern, was macht der Rücken? Zwickt die Bandscheibe noch immer? Schmerzt der Ischias? Typische Anzeichen dafür, dass der 1. Dezember näher rückt. Moderne Adventskalender mit monströsen Ausmaßen und mächtiger Masse sind eben nicht mehr nur mit öden Bildchen, süßen Schokotäfelchen oder hochintellektuellen Lebensweisheiten wie „Die dümmsten Bauern haben die größten Kartoffeln“ bestückt. Darin sind mittlerweile 24 echte Schätze verborgen. Böse Zungen haben das zuvor genannte Sprichwort umformuliert in „Die dümmsten Eltern kaufen die größten Adventskalender“. Aber das ist ehrlich gesagt eine Frechheit, ein Schlag ins Gesicht jener besorgten Erziehungsbeauftragten, die in diesen Tagen in voller Vorfreude auf das Saufgelage an Silvester zu den Marlboro-Stangen, den Red-Bull-Dosen, dem Kubikmeter schneeweißen Toastbrot und dem Hektoliter Ketchup im Einkaufswagen den „Coca Cola Truck Adventskalender“ in fünffacher Ausfertigung dazupacken.

Mutter Mandy aus der Nachbarschaft hat ihren Sprösslingen Chantal, Justin, Kevin, Sandy und Jason in deren bisherigem Leben zwar weder für den Kindergarten noch für die Grundschule ein Pausenbrot geschmiert. Aber im Dezember ist alles anders. Da werden die Kleinen bis zum 24.12. mit einer morgendlichen Cola-Dose aus dem Coca-Truck verwöhnt. „Anstatt Zähneputzen. Ist doch Adswendszeit“, erklärt die 23-Jährige, für die der Trend zum Zweit- und Dritt-Adventskalender geht. „Cola auf hohlen Magen bringt nix“, weiß Mandy, und hat deshalb für ihr Quintett insgesamt 120 Tüten „Cherry Wood Chips Räucherholz Kirsche“ auf Wäscheleinen querbeet durch die Wohnung gehängt. Auf die Nummerierung von 1 bis 24 hat sie verzichtet, „die müssen schon in der Schule genug denken“.

Für die eigentlichen Adventskalender hat Mandy getreu ihrem Motto „Erst Adswend, dann insolwend“ den Dispo zum Glühen gebracht und zusätzlich einen Kredit aufgenommen. Sie will ihren Kindern mit Kleinigkeiten die besinnlichste Zeit des Jahres versüßen. Hinter der ersten Kalender-Stahlbetontür mit verschweißten Titanbolzen der Feuerwiderstandsklasse F180 erwartet den sechsjährigen Justin beispielsweise eine täuschend echt aussehende Kalaschnikow. Tag für Tag kommen bis Heiligabend nette vorweihnachtliche Kleinigkeiten wie neue Munition, Zielfernrohre, Licht- und Leuchteffekte, Panzerfäuste, Handgranaten und anderes nützliches Zubehör hinzu. „Das ist pägodagisch wichtig, dass die Kinder nicht alles auf einmal kriegen“, so Mandy. Den elektrisch angetriebenen Kettenpanzer, der bis zu zwei Kinder gleichzeitig transportiert, gibt’s deshalb erst zu Weihnachten.

Bleibt abschließend noch die entscheidende Frage: Was bedeutet Advent überhaupt, auf wessen Geburt freuen wir uns und wer steht in den kommenden Wochen im Mittelpunkt? „James“, gibt Mandy ohne Zögern ihre Antwort mit tiefgehendem intellektuellen Hintergrund. Wie bitte, wieso James? „Na, im Adswend dreht sich doch alles nur um einen: um Lasts Christmas!“ (JOCHEN WIELOCH)

HINTERGRUND: „Wielochs wirre Welt" erscheint heute am 55. Freitag in Folge bei OSTHESSEN|NEWS. Jochen Wieloch (38) blickt dabei pointiert, humorvoll und teilweise mit einer gehörigen Portion Ironie auf die Ereignisse, die die Menschen in der Region und im Land bewegen. Der Petersberger kennt sich als selbstständiger Redakteur in den Medien Print, TV und Internet bestens aus, ist Buchautor und als Spezialist für Unterhaltungselektronik gefragter Autor für zahlreiche Verlage, Magazine und Fachzeitschriften. Außerdem berät und betreut der 38-Jährige Unternehmen in allen Fragen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Neben dem ZDF, 3sat und dem Bayerischen Rundfunk arbeitete Jochen Wieloch unter anderem auch für die Motor Presse in Stuttgart und auto-tv in München. Für osthessen-tv.de stellt der Germanist neuerdings regelmäßig automobile Neuheiten in Filmbeiträgen vor. +++