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REGION NACHGEDACHT 99

In Gedenken an Tugce - Gedanken von Christina LEINWEBER

30.11.14 - "Ich hab sehr viel geweint, obwohl ich sie nicht kannte!" - ein Statement einer jungen Frau vom gestrigen Abend. Sie war bei der Mahnwache für die 23-jährige verstorbene Tugce dabei, deren tragisches Schicksal ganz Deutschland bewegt: Wir weinen und trauern um einen Menschen, den wir zwar nicht kannten, der uns aber trotzdem tief bewegt. Eine Träne rollt mir über die Wangen, während ich diese Worte schreibe. Aber wenn wir sie nicht persönlich kannten, warum weinen wir mit? Warum trifft uns dieser Tod so, als wäre Tugce eine Verwandte oder Freundin von uns?

Weil unsere Tränen und unsere Trauer weitreichend sind: Wie weinen um die Eltern, die unermessliches Leid auf sich laden mussten. Wer -um Himmels Willen- möchte am Geburtstag seiner Tochter ihren endgültigen, körperlichen Tod in Auftrag geben? Wir weinen um die Grausamkeit des Täters und um die Grausamkeit von leider viel zu vielen Jugendlichen in Deutschland, die dazu imstande sind, jemanden tödlich zu verletzen. Welche Strafe wird der Täter bekommen? Und zuletzt: Wir weinen um die Tatsache, dass ein Mensch Gutes tun wollte und dies mit dem Tod bezahlt hat. Zivilcourage wurde zur tödlichen Falle.

Theologisch betrachtet wird es sogar noch dramatischer: Tugce stand in der Nachfolge Jesu. Nachfolge Jesu bedeutet, dem Nächsten helfen, für ihn eintreten. Wir Christen glauben daran, dass sich Gott in jeder Zuwendung, in jeder Liebeshandlung offenbart. Tugce hat geholfen, hat quasi göttlich gehandelt und wurde getötet. Überspitzt gesagt bedeutet das: Es hat sich verdammt noch mal in 2000 Jahren nichts geändert. Es ist immer noch genau so - das Gute wird getötet.

Umso deutlicher wird jetzt: Wir brauchen jedes Jahr aufs Neue Gottes symbolisches Kommen in die Welt, Weihnachten ist jedes Jahr wichtig für uns, weil wir scheinbar nicht lernen. Wir müssen jedes Jahr versuchen, Gott in unsere Häuser und Herzen zu lassen, damit Menschen wie Tugce nicht sterben müssen, damit wir alle dem Nächsten dienen und immer mächtiger gegen das Böse in der Welt werden. (Christina Leinweber)

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ZUR PERSON: Christina Leinweber, 1988 geboren in der osthessischen Bischofsstadt Fulda, neun Jahre katholisch-private Schulausbildung – so war der Weg zum Theologiestudium für sie vorbestimmt und beschlossen. Es ging dann für vier Jahre Studium in die nächste Bischofsstadt Paderborn - hat inzwischen ihr 1. Staatsexamen in der Tasche und ist seit Anfang November 2013 im Schuldienst des Landes Hessen. Ihre Tätigkeit als Kolumnistin bei osthessen-news.de möchte sie auch in Zukunft fortsetzen. Sie selbst bezeichnet sich als liberal-theologisch und kommentiert (seit 99 Wochen) in der Serie "NACHGEDACHT" Dinge des Alltags aus ihrer persönlichen Sicht. +++


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