Kinderprostitution, Beschneidung, Zwangsehe: Hilfe für Menschen

23.01.15 - „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Darauf beruht unser Grundgesetz und wir betrachten dies als selbstverständlich. Das ist es aber nicht“, sagte Elke Künholz, Erste Kreisbeigeordnete des Landkreises Hersfeld-Rotenburg am Freitag bei der offiziellen Eröffnung der SOLWODI Beratungsstelle im Zentrum Vital in Fulda. „Mädchen denen Gewalt widerfahren ist, kommen hierher, um die Weichen für eine positive Zukunft zu stellen. Es ist unsere Aufgabe, ihnen dabei zu helfen“. Schwerpunktmäßig konzentriert sich die Beratungsstelle auf Themen wie Gewalt, Zwangsverheiratung sowie Delikte im Namen der Ehre, aber auch andere von Gewalt betroffene Personen mit Migrationshintergrund können sich dorthin wenden.

Im Zentrum Vital befindet sich seit heute die Beratungsstelle von SOLWEDI ...

Die neue Beratungsstelle in Fulda ist zunächst auf eine Pilotphase von drei Jahren angelegt und wird federführend von einem Bündnis lokaler und regionaler Akteure wie der Stadt und dem Landkreis Fulda, sowie den Landkreisen Vogelsberg und Hersfeld-Rotenburg getragen. Auch Männern, die von Gewalt betroffen sind, steht das Beratungsangebot zur Verfügung. Schwester Dr. Lea Ackermann war seit dem Jahr 1960 als Missionsschwester in Afrika im Einsatz. Nach einem Theologie- und Pädagogikstudium gründete sie 1985 die Hilfs- und Menschenrechtsorganisation SOLWODI Kenia, die seitdem Frauen und Mädchen beim Ausstieg aus der Elendsprostitution unterstützt. „Ich sah in Mombasa Weltreisende, die das Elend von Frauen und Kindern ausnutzten, Männer, die 10-jährige Kinder als Sexsklaven missbrauchten. Ich konnte nicht tatenlos zusehen".

Dr. Heiko Wingenfeld

1987 gründete die Ordensschwester und Trägerin des Bundesverdienstkreuzes „SOLWODI Deutschland“ für Opfer von Menschenhandel, Zwangsprostitution und Ehrverbrechen. „Not und Gewalt kann verschiedene Gesichter haben. Man muss mit offenen Augen und Ohren durch die Welt gehen und sehen, was um einen herum passiert". Im weiteren Verlauf der Veranstaltung las die Medizinerin Seyedeh Seddigheh Fatemi aus dem Buch „In Freiheit leben, das war lange nur ein Traum. Mutige Frauen erzählen von ihrer Flucht aus der Gewalt und modernen Sklaverei“. Fatemi, selbst aus dem Iran und seit eineinhalb Jahren in Deutschland, skizzierte daraus die Geschichte einer jungen Türkin in Deutschland, die von ihren Eltern zur Zwangsheirat gezwungen werden soll. Dem Mädchen allerdings gelingt die Flucht.

Seyedeh Seddigheh Fatemi las aus dem Buch...

Schwester Dr. Lea Ackermann, Gründerin und Erste Vorsitzende von SOLWODI Deutschland ...

„Eine junge Frau aus Pakistan kam zu uns in die Beratungsstelle, da auch sie zur Ehe gezwungen werden sollte,“ so Dr. Ackermann. „Die Mutter sagte zu dem Mädchen: Wenn du die Schule beendet hast, gehst du zurück nach Pakistan und heiratest“. Da sich die junge Pakistani offen dagegen wehrte, wurde sie vom Vater und den Brüdern mehrfach verprügelt, so Ackermann weiter. „Das Mädchen wandte sich an SOLWODI und konnte mit unserer Hilfe ein neues Leben in einer anderen Stadt beginnen“. Fachkompetente Beratung und das gemeinsame Erarbeiten von Lösungen, möglicherweise auch eine anonyme und sichere Unterbringung, könnten überlebenswichtig sein. Aber auch die Sensibilisierung von Mitmenschen, gerade etwa in der Schule von MitschülerInnen und LehrerInnen, sei das zentrale Thema von SOLWODI.

Viele waren gekommen um bei der Eröffnung dabei zu sein

„Gott hat uns und auch die Moslems geschaffen. Wir haben Fähigkeiten und Gaben mit auf den Weg bekommen und wir setzen uns dafür ein, dass jede Frau die Möglichkeit bekommt, sich frei entfalten zu können“. Mit den Worten „Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute“ (Röm 12,21), schloss Ackermann ihre Ansprache vor den vielen anwesenden Gästen. (Miriam Rommel) +++