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FULDA Nach Rhönhof-Überfall

"Verabredung zum Verbrechen": 19-Jähriger zu acht Monaten verurteilt

04.03.15 - Eine riesige Party wollte er feiern, seine Kollegen mit einer Limousine in einen Nürnberger Club bringen und mit VIP-Karten eine tolle Geburtstagsfeier veranstalten. „Ich habe mich vor meinen Kollegen profiliert“, gab der 19-jährige Angeklagte vor dem Fuldaer Amtsgericht unumwunden zu. Raphael S. war angeklagt, sich zu einem Verbrechen – einem Raubüberfall auf die Tankstelle „Rhönhof“ in Eichenzell - verabredet zu haben. Er brauchte dringend Geld und plötzlich sei die Idee, eine Tankstelle zu überfallen, in seinem Kopf gewesen. Und dann sei alles recht schnell gegangen an diesem 8. Mai 2014: Nachdem er seinen Bekannten Cedric M. per Whatsapp angeschrieben hatte, kam man überein, gemeinsame Sache zu machen.

Am Abend fuhr Raphaels Mutter ihren Sohn zu dessen Freund, wo ein Schreckschussrevolver ins Spiel kam. Freund Cedric M. hatte sie seit über einem Jahr in seinem Schrank liegen. Gemeinsam habe man online die infrage kommenden Tankstellen angesehen und erste Fluchtpläne entwickelt. Kurz darauf trafen sie den in einem Dönerladen arbeitenden Freund Matthias S. und fuhren zu dritt Richtung Eichenzell.

Was der Angeklagte damals nicht wusste: Die beiden anderen hatten sich schon mit der Polizei in Verbindung gesetzt – die Beamten warteten auf den mintgrünen Kleinwagen, als die jungen Männer auf das Tankstellengelände fuhren. „Kaum hatte ich die Fahrertür aufgemacht, stand da die Polizei und hat mich festgenommen“, sagte der 19-Jährige am Mittwochvormittag aus. Zweimal hatten die Kumpels von Raphael S. unbemerkt mit der Polizei telefoniert und ihren Standort durchgegeben.

Jugendrichter Christoph Mangelsdorf fragte den jungen Mann, wie er denn auf die Idee gekommen sei, das Geld so zu beschaffen. „Ich war in meiner eigenen Spur, in meiner Illusion, um an möglichst viel Geld zu kommen. Auf eine andere Idee bin ich gar nicht gekommen. Und dann war ich vollkommen überzeugt davon“, antwortete dieser. Er habe die Angestellten mit der Waffe schon unter Druck setzen wollen, aber nicht verletzen – die Auswirkungen auf sie habe er nicht bedacht.

Nachdem die Jugendgerichtshilfe ihren Bericht über die familiären Hintergründe des 19-Jährigen abgeschlossen hatte, stellte Dr. Helge Laubinger sein psychologisches Gutachten vor. Die Einschätzungen der beiden Experten machten deutlich, welche psychologische Dimension hinter der Tat liegt. Zwar handele es sich um jugendtypisches Verhalten, Handlungen mit ihren Folgen nicht bis zur letzten Konsequenz zu durchdenken. Doch sei die Störung von Emotion und des Sozialverhaltens ein markanter Problemkreis im Leben des jungen Mannes, der sich im Motiv niederschlage. Eine Geburtstagsparty veranstalten zu wollen, die weit außerhalb der eigenen finanziellen Möglichkeiten liegt, und einen solchen Lösungsweg zu sehen, sei Zeichen für eine solche Störung. Eine verminderte Schuldfähigkeit sah der Gutachter indes nicht. Momentan befindet sich Raphael S. in psychologischer Betreuung, eine stationäre Behandlung beginnt Mitte April.

Die Staatsanwaltschaft forderte wegen Verabredung zu einem Verbrechen vier Wochen Jugendarrest, die Auferlegung einer stationären Therapie und 150 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Verteidiger Knut Hillebrand sah eine erzieherische Maßnahme in Form von Sozialstunden als nicht erforderlich an. Im Arrest würde sein Mandant „auf Jugendliche treffen, auf die er nicht treffen soll“ – das sei kontraproduktiv. Als sinnvoll befand er die ohnehin geplante Verhaltenstherapie, für die geforderten 150 Sozialstunden wäre dann gar keine Zeit.

Jugendrichter Christoph Mangelsdorf verurteilte den 19-Jährigen aus Dipperz wegen versuchter Verabredung zu einem Verbrechen zu einer Jugendstrafe von acht Monaten auf Bewährung und 150 Stunden gemeinnütziger Arbeit und machte ihm die Auflage einer Verhaltenstherapie. In seiner Begründung machte Mangelsdorf deutlich, dass die psychischen Probleme des jungen Mannes ebenso außergewöhnlich seien wie die Tatumstände. Einen Schreckschussrevolver dabei zu haben und mit einer Sturmhaube vor dem Gesicht eine Tankstelle überfallen zu wollen, sei als Verbrechen einzustufen – die psychische Verfassung des Angeklagten habe mit der Tat selbst nichts zu tun, sondern sei „jugendtypische Leichtfertigkeit“.

Erziehungsrückstände seien bei dem Heranwachsenden unverkennbar, eine Auseinandersetzung mit der Tat erkenne das Gericht nicht. Der Aufenthalt in der Psychiatrie und die Verhaltenstherapie seien nicht die Konsequenz der Tat, sondern der Krankengeschichte. Erzieherische Maßnahmen seien somit erforderlich, freiheitsbeschränkende Maßnahmen in Hinblick auf den stationären Klinikaufenthalt obsolet. Die Sozialstunden seien auch nach der Behandlung ableistbar, so der Jugendrichter abschließend. (am)+++


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