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Birgit Dabringhausen, ISAAC-Beraterin für Unterstützte Kommunikation im Vogelsberg, informierte anschaulich über Gründe, Möglichkeiten und Erfolge von Unterstützter Kommunikation -

ALSFELD „Auch wer nicht sprechen kann, hat viel zu sagen“

Behindertenhilfe: Methoden der Unterstützten Kommunikation

28.05.15 - Kommunikation ist ein menschliches Grundbedürfnis. Sie entscheidet über die Lebensqualität, ist Bedingung für soziale Teilhabe und Selbstbestimmung. Kommunikation ist die Grundlage jeder Entwicklung und jeden Lernens und Bedingung für einen zwischenmenschlichen Austausch, der Vertrauen und Nähe schafft. Hauptausdrucksmittel in der Kommunikation ist die Lautsprache. Allgegenwärtig. Selbstverständlich. Was aber geschieht, wenn Menschen ihre Lautsprache verlieren? Menschen mit angeborener Behinderung, einer fortschreitenden Erkrankung oder nach einem Unfall oder Schlaganfall sprachlos sind? Welche Möglichkeiten haben sie sich auszudrücken, ihren Willen kundzutun, über sich selbst immer noch zu bestimmen?

Eine ganze Reihe wichtiger Hilfsmittel der Unterstützten Kommunikation wurden ...

Dieser Frage ging am vergangenen Donnerstag eine Fortbildungsveranstaltung der bhvb – Behindertenhilfe Vogelsbergkreis e.V. in Alsfeld nach. Ihr Angebot zum Thema „Methoden der Unterstützten Kommunikation im Vogelsbergkreis“ nutzten zahlreiche Menschen, die beruflich und mitunter auch privat mit Menschen ohne Lautsprache zu tun haben. So waren unter anderem Lehrkräfte der Brüder-Grimm-Schule und Erzieherinnen aus Integrativen Kindertagesstätten sowie Mitarbeiter des Familienentlastenden Dienstes, der Kostenträger, der Caritas, des Gesundheitsamtes oder des Pflegestützpunktes in die Räume der bhvb gekommen, um zum einen Methoden an die Hand zu bekommen, mit sprachbehinderten Menschen besser zu kommunizieren, zum anderen aber auch um die Einrichtungen, die im Kreis mit solchen Menschen zu tun haben, besser zu vernetzen, die Methoden abzustimmen und auf eine einheitliche Basis zu stellen. Als Referentin für dieses Thema stellte Michael Volk, Leiter der Ambulanten Dienste der bhvb, die Kommunikationspädagogin Birgit Dabringhausen vor. Sie besetzt in der bhvb die Beratungsstelle für Unterstützte Kommunikation im Vogelsberg und ist damit Ansprechpartnerin und Expertin in diesem Bereich.

Wie fühlt es sich an, nicht mehr sprechen zu können, sich nicht mehr mitteilen zu können? In einem Rollenspiel spürten die Teilnehmer dieser Situation nach. „Es ist zum Aus-der-Haut-Fahren“, fanden die Probanden und erklärten damit sogleich, warum es genau das ist, was manche Menschen ohne Sprache gelegentlich tun. Denn sprachlos zu sein bedeutet häufig, nicht ernstgenommen zu werden. Oft wird über Menschen, die ihren Willen nicht kundtun können, hinweg entschieden. Menschen ohne Lautsprache sind daher häufig in einer großen Abhängigkeit.

Die Gebärde für „Gebärde“ – gemeinsam mit Birgit Dabringhausen (Bildmitte) ...

Michael Volk, Leiter Ambulante Dienste der bhvb, konnte zahlreiche interessierte ...

Doch auch diejenigen, die solchen Menschen ermöglichen wollen, zu kommunizieren, haben es schwer: Was versteht mein Gegenüber denn überhaupt von dem, was ich sage? Und wenn ich raten muss, was er von mir will, wie komme ich überhaupt auf den richtigen Weg? Anhand einiger sehr beeindruckender Beispiele aus ihrer Berufspraxis und Biografien von Menschen, die nicht (mehr) sprechen können, machte Birgit Dabringhausen deutlich, wie wichtig zum einen die Möglichkeit der Kommunikation ist, und wie man zum anderen aber auch ohne Sprache kommunizieren kann – selbst dann, wenn auch der Körper als Ausdrucks- und Hilfsmittel nicht mitspielen kann. Besonders bei schwerstmehrfach behinderten Kindern müsse man sehr genau hinsehen, was sie könnten, führte die Referentin aus, da unzureichende kommunikative Fähigkeiten mitunter sogar eine Fehlbeschulung bedingen. Bei Erwachsenen führe fehlende Kommunikation häufig zu der Annahme, die Person verstünde nichts und damit zu falscher Ansprache und falscher Behandlung.

Sehr detailliert ging die Expertin im Anschluss auf die Möglichkeiten der Unterstützten Kommunikation (UK) ein: Multimodal berücksichtigt sie körpereigene Kommunikationsformen wie Atmung, Laute, Blicke, Mimik, Gestik, Körperhaltung, Bewegung oder Gebärden, nicht technische Hilfsmittel wie Fotos, Ich-Bücher oder grafische Symbole und technische Hilfsmittel wie adaptiertes Spielzeug, Sprachausgabegeräte oder Computer. Der gezielte und erfolgreiche Einsatz von UK führt zu einem selbstbestimmteren Leben der betroffenen Personen, zu mehr Selbstbewusstsein und Zufriedenheit und damit auch zu einer Reduzierung von auffälligem Verhalten. Als ersten Anhaltspunkt übte Birgit Dabringhausen mit den Teilnehmern wichtige Gebärden ein. Dazu wurde die Bedeutung von grafischen Symbolen in unterschiedlichsten Medien erarbeitet und verschiedene Versionen von Ich- und Kommunikationstagebüchern vorgestellt, die den Menschen im Umgang mit sprachbehinderten Personen Auskunft über die Betroffenen geben können und somit Anknüpfungspunkte zum Gespräch oder zur Ermittlung von Themen und Bedürfnissen sein können. Neben Bildtafeln, derer sich die Adressaten zur Kommunikation bedienen können, stellte die UK-Beraterin auch technische Hilfsmittel vor. Allerdings stellte sie auch klar: „Es reicht nicht allein die Bereitstellung eines Kommunikationssystems aus. Es müssen auch immer wieder Gelegenheiten initiiert werden, damit diese Hilfsmittel im Alltag genutzt werden können.“

Die Beratungsstelle Unterstützte Kommunikation befindet sich in den Räumen der bhvb – Behindertenhilfe Vogelsbergkreis e.V. in Alsfeld und steht allen Betroffenen – Einrichtungen wie Familien – zur Verfügung. Mehr Informationen dazu findet man auf der Website der bhvb unter www.bhvb.de.+++


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