Patrick KUHN als Lektor eingeführt: Religion mehr als „Gute-Noten-Fach“

30.06.15 - Der Gottesdienst am 4. Sonntag nach Trinitatis in der Evangelischen Kirche in Friedlos bot den feierlichen Rahmen für die offizielle Einführung von Patrick Kuhn in das Amt eines Lektors in der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck. Der 24-Jährige gehört damit zu den Lektorinnen und Lektoren, die als Christen in ihren Kirchengemeinden ehrenamtlich in der Verkündigung mitarbeiten. Patrick Kuhn ist der jüngste Lektor im Kirchspiel Ludwigsau und einer der Jüngsten von etwa 900 Lektoren der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck. „Lektor ist kein Job, Lektor ist eine Einstellung“, betonte Pfarrer Jörg Scheer in seiner Ansprache an Patrick Kuhn, der nicht nur in der Kirchengemeinde Friedlos, sondern im gesamten Kirchspiel Ludwigsau eingesetzt wird.

Ein wichtiger Tag und Termin auch für Patrick Kuhns Mutter Petra, seinen Vater Volker ...

Die Urkunde nahm er aus den Händen von Pfarrer Jörg Scheer entgegen, der ihn seinerzeit auch konfirmiert hat. „Konfi gehört einfach dazu“! kommentiert Patrick Kuhn die unverminderte Bereitschaft der Jugendlichen, sich konfirmieren zu lassen. Im Gegensatz zu den meisten Konfirmierten, die danach zunächst einmal der Kirche den Rücken kehren, hat er - zumindest sporadisch - immer wieder gern Gottesdienste besucht. „Der Glaube war schon immer da“. Als 22-Jähriger wurde er vor der anstehenden Kirchenvorstandswahl von Kirchenvorstandsmitglied Monika Höhmann gefragt, ob er sich als Kandidat aufstellen lassen würde. Der engagierte junge Mann sagte zu und wurde direkt gewählt. Seinen Wunsch, Lektor zu werden, hat er im letzten Jahr ausführlich mit Pfarrer Jörg Scheer besprochen und dann ging alles schneller als gedacht.

Ein halbes Jahr lang traf er sich allmonatlich mit anderen Absolventen zu Wochenendkursen und wurde mit allem, was Lektoren wissen müssen, vertraut gemacht: Einführung in das Alte und Neue Testament, Liederkunde, Liturgie, Auftreten im Gottesdienst und der Umgang mit der vorgegebenen Predigt, die der Lektor nicht ablesen, sondern sich aneignen soll. In der Praxis bedeutet das, dass er die Predigt durch eigene Worte oder Aktualisierung verändern kann. Der Ausbildungskurs in der Evangelischen Jugendbildungsstätte Frauenberg in Bad Hersfeld, den die Fachreferenten Uwe Degenhardt und Susanne Stoklasa leiteten, endete am 15. März mit der Gestaltung von eigenen Gottesdiensten in Kleingruppen.

Fotos: Gudrun Schmidl

Nach den Gottesdiensten, die er in den Kirchen der Ludwigsauer Ortsteile Tann, Biedebach und Friedlos schon vor seiner Einführung als Lektor halten durfte, waren die Gottesdienstbesucher voll des Lobes und bezeichneten ihn als sehr geeignet für dieses Amt. Auch mit seiner Predigt zu seiner Einführung aus Lukas 6, Verse 36-42 erreichte er seine Zuhörer. „Ich bin vor jedem Gottesdienst nervös“, gesteht Patrick Kuhn, „kontrolliere mehrmals, ob ich alles dabei habe, was für den Ablauf nötig ist“. Er beschreibt aber auch das erhebende Gefühl, wenn die Orgel einsetzt. „Ich hoffe nur, dass nie ein Organist ausfällt und ich die Lieder anstimmen muss“. Musikalität wurde ihm nicht in die Wiege gelegt, dafür viel Familiensinn.

In seinem Elternhaus fühlt er sich im Kreis der Familie, zu der auch Oma Käthe gehört, sehr wohl. Schon früh wurde er von den politischen Aktivitäten seines verstorbenen Opas Gustav und seines Vaters Volker geprägt. Mit 17 Jahren wurde er Mitglied im SPD-Ortsverein Friedlos-Reilos. „Beim ehrenamtlichen, politischen Engagement auf kommunaler Ebene soll es bleiben“, versichert Patrick Kuhn, der inzwischen Vereinsvorsitzender ist. Aber auch Hilders in der Rhön, wo seine Mutter Petra geboren und aufgewachsen ist, ist für ihn ein Stück Heimat. Hier hat er mit den Großeltern viel Zeit verbracht in der liebevollen Obhut seiner Oma Gerti und mit seinem Opa Helmut, der ihn mit der Natur und der Hühnerzucht vertraut machte. Aber auch die Verbundenheit mit seinem Patenkind Ariane ist groß, der ihr nicht nur menschlich, sondern als Lektor und künftiger Religionslehrer in Glaubensfragen zur Seite steht.

Die Kirchenvorstandsmitglieder Monika Höhmann, Rosi Bender und Simone Zell, die ...

Patrick Kuhn, der 2010 sein Abitur am Marianum Fulda absolvierte, entschied sich zunächst für ein Studium im Verkehrsingenieurswesen an der TU Braunschweig. Schon während der ersten Semester wurde ihm klar, dass weder der eingeschlagene Berufsweg noch das Leben in der Großstadt zu ihm passen. Sein Wunsch, Lehrer zu werden, wurde immer stärker. Inzwischen studiert er an der Universität Kassel auf Lehramt in den Fächern Mathematik und Evangelische Religion. Längst weiß er, dass Religion mehr ist als ein „Gute-Noten-Fach“ und ergänzt: „Als Religionslehrer muss ich authentisch sein. Schülerfragen, ob ich gläubig bin und mich voll und ganz zur Evangelischen Kirche bekenne, kann ich ganz eindeutig mit Ja beantworten“.

“Ich hole mir Rat. Ohne das Wissen der Älteren geht es vielfach nicht“, versichert Patrick Kuhn, der mit seinem Wirken als Lektor ein wichtiges Zeichen nach außen setzt. Als Hoffnungsträger für die ältere Generation und als junger Mensch, der mitten im Leben steht und vielfältigen Interessen nachgeht, hofft er auf eine Anstellung als Lehrer in einer Haupt- und Realschule bestenfalls in der Region. Da sein Studium und auch die Ehrenämter sehr zeitaufwändig sein können, muss er derzeit auf sein langjähriges Hobby Volkstanz bei der Volkstanzgruppe Ludwigsau verzichten. Mit seinem Bruder Pascal, mit dem er nach sechs Lebensjahren sein Geburtsdatum 26. September teilen musste, teilt er als Kirmesbursche auch ein ganz weltliches Interesse. (Gudrun Schmidl) +++