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Ein riesiger „Wickeltisch“ – die Frauen, die diese anstrengende Arbeit mit großem Geschick verrichten, sind seit Jahrzehnten geübt im Kranzbinden. - Fotos: Gudrun Schmidl

WIPPERSHAIN Hochkonjunktur für Adventskränze

Kranzbinderei SEKERCI wickelt traditionell per Hand

26.11.15 - „Advent, Advent, ein Lichtlein brennt, erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann steht das Christkind vor der Tür!“ Dieser Kinderreim beschreibt bildhaft, wie hoffnungsvoll der Adventskranz im festlich geschmückten Zuhause auf das Weihnachtsfest einstimmt. Der Brauch, in der Adventszeit einen Kranz aufzustellen, ist noch ziemlich jung. Auf die Idee ist der evangelisch-lutherische Theologe Johann Hinrich Wichern im Jahr 1839 gekommen. Er leitete das „Rauhe Haus“ in Hamburg, das damals ein Heim für Waisenkinder war.

Wichern wollte seinen Schützlingen mit einem Adventskranz zeigen, wie lange sie sich vom 1. Dezember an noch bis Weihnachten gedulden müssen. Dafür nahm er ein großes, hölzernes Rad einer alten Kutsche und setzte 28 Kerzen drauf: 24 kleine rote Kerzen für die Werktage und vier dicke weiße Kerzen, die die Adventssonntage symbolisierten. Aus dem traditionellen Wichernschen Adventskranz hat sich der Adventskranz mit vier Kerzen entwickelt. Seit etwa 1860 wird er aus Tannengrün gefertigt.

Adventskränze traditionell per Hand gewickelt werden seit 55 Jahren in der Kranzbinderei Ender Sekerci in Wippershain. Pelin Sekerci und weitere vier Frauen als Saisonkräfte sind in dem qualitätsbewussten Traditionsbetrieb im November unermüdlich im Einsatz, um der Nachfrage nach frisch gebundenen Kränzen, für die hauptsächlich speziell gezüchtete nichtnadelnde Novilistanne aus dem Sauerland verarbeitet wird, gerecht zu werden. Die Sonderwünsche der Kunden nach Mixkränzen mit Buxe, Thuja, Schwarzkiefer, Seidenkiefer und Nordmann werden dabei auf Anfrage gern erfüllt.

Auch die Girlanden, die einige Festwagen beim Lullusfestzug schmücken, werden ...

Pelin Sekerci präsentiert einen besonders prachtvollen Adventskranz


Die Liste mit dem benötigten Zubehör ist relativ kurz: neben Tannengrün und Baumwollfaden sind Ringe aus Stroh in verschiedenen Größen, die so genannten „Strohrömer“ nötig, die von Mitarbeitern der Firma Sekerci in den ruhigeren Monaten Januar und Februar ebenfalls in Handarbeit hergestellt werden. Die Kranzbinderei Ender Sekerci produziert Adventskränze von 25 cm bis 2 Meter Durchmesser, egal ob halbrund (einseitig) oder rund (zweiseitig) gebunden. Die Form des Adventskranzes ist durch den Ring bereits vorgegeben. Die Kunst besteht darin, die Zweige schön gleichmäßig auf diesem zu verteilen.

Wenn heute Abend das verbliebene, weihnachtlich duftende „Grün“ verarbeitet ist, können die fleißigen Hände erst einmal ruhen. 7.000 Kränze haben die Frauen in den letzten Wochen auf Bestellung gewickelt und ausgeliefert. Floristen und Baumärkte gehören zu den Abnehmern, aber auch in vielen Kirchen und Einkaufspassagen werden die in Wippershain gewickelten Kränze aufgehängt. „In diesem Jahr hatte der größte Kranz einen Durchmesser von 1,20 Meter“, berichtet Pelin Sekerci, die seit 2006 in der Kranzbinderei ihres Mannes mitarbeitet.

Diese Strohrömer wollen noch „auf den Markt“.


Eine große Auswahl an Adventskränzen wird an den Markttagen vor dem 1. Advent auf dem Bad Hersfelder Wochenmarkt angeboten. Morgen, am Freitag, ist die Kranzbinderei Sekerci letztmalig in dieser Saison mit ihrem Marktstand vertreten. Eine Kaufempfehlung für alle, die keine Zeit und Lust auf familiäres Bastelvergnügen haben oder wegen mangelnder Fingerfertigkeit und fehlendem Tannengrün auf eine Eigenkreation verzichten müssen, aber trotzdem ihren Kranz noch ganz individuell gestalten wollen.

Die Kranzbinderei Ender Sekerci hat als letzte der drei Kranzbindereien in der Region dank ihres zweiten Standbeines überleben können. Mit Gartenpflege und Freiraumgestaltung haben sich Ender Sekerci und seine Frau Pelin, die an der Uni Kassel Stadtplanung studiert hat, ein zweites Standbein geschaffen. Von Baumfällung, Baggerarbeiten, Trockenmauern, Natursteinverlegung, Zierkiese, Pflasterarbeiten, Gabionensysteme bis Teichanlagen erstreckt sich das ganzjährige Angebot. Beratung, Planung und Durchführung aus einer Hand inbegriffen. Pelin Sekerci ist türkischer Abstammung, in Deutschland geboren und aufgewachsen. Auch in ihrem Zuhause garantiert ein selbst gewickelter Adventskranz vier Wochen Vorfreude, wenn auch nicht im Sinne des christlichen Glaubens.

Ob selbst gestalteter Adventskranz, ein hochpreisiges Meisterwerk aus Meisterhand in modernen Trendfarben oder ein Adventskranz aus dem Überangebot der Discounter und der Baumärkte, der mit Niedrigpreis punktet, aber schon auf dem Nachhauseweg nadeln könnte, ausgewählt wird, eines ist immer gleich: Alle Adventskränze sind mit vier Kerzen bestückt. Den Kinderreim „Advent, Advent, ein Lichtlein brennt, erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann steht das Christkind vor der Tür“ sollte man verinnerlichen, denn wenn das fünfte Lichtlein brennt, dann hat man Weihnachten verpennt. (Gudrun Schmidl) +++


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