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- Foto: Hendrik Urbin

FULDA Fluchtursachen: Türkei

Diskussionsveranstaltung des Grünen Kreisverbandes

07.02.16 - Bei einer Diskussionsveranstaltung des Grünen Kreisverbandes Fulda traten teilweise unterschiedliche Einschätzungen der Teilnehmenden zutage. Eingeladen waren die hessische Landtagsabgeordnete Mürvet Öztürk, alevitische Kurdin, die in Deutschland aufgewachsen ist, sowie der Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Istanbul, Kristian Brakel. Moderator war Ralf Zwengel, Vorstandssprecher des Kreisverbandes. Zwar waren sich alle einig, dass das größte Problem der Türkei ihre eigene Instabilität sei. Für Mürvet Öztürk würde sich daran nichts ändern, so lange der Kurdenkonflikt in der Türkei nicht gelöst sei. Seit Sommer letzten Jahres herrschten in den Kurdengebieten bürgerkriegsähnliche Zustände; dabei hätten 2014 die Kurden alleine den IS zurückgeschlagen.

In den Kurdengebieten gebe es weder umwelt- noch sozialpolitische Standards. Sie plädierte dafür, dass die Bundesregierung endlich sowohl mit Assad als auch mit den Kurden verhandele, damit wenigstens dieser Konfliktherd eingedämmt würde. Sie sieht den türkischen Präsidenten Erdogan als unzuverlässigen Politiker an, der noch mehr Macht haben möchte als er bereits hätte. Kristian Brakel betonte dagegen, dass die türkischen Kurden erstmals an einer Regierungskoalition beteiligt wären. Erdogans Regierung habe einen Großteil sowohl der türkischen Bevölkerung als auch der in Deutschland lebenden Türken hinter sich und sei in einer als demokratisch angesehenen Wahl gewählt worden; er habe als erster türkischer Politiker überhaupt den Türken in Deutschland das Wahlrecht zugestanden. Die Türkei sei zwar außenpolitisch isoliert, dabei aber sehr wichtig für die Südostflanke der NATO. Laut Brakel bräuchte Deutschland die Türkei. Schon alleine durch familiäre Bindungen gebe es viele Verknüpfungen. Auch die hier lebenden Türken seien ein Teil der komplexen Gemengenlage dieser Krisenregion.

Sowohl Öztürk als auch Brakel vertraten die Ansicht, dass die Türkei durch ihre wenig demokratische Innenpolitik zwar selbst Fluchtursachen schaffe, andererseits seit Jahren über 2,5 Millionen Flüchtlinge aus den Krisengebieten versorge, während Europa wegschaue. Die Flüchtlinge wollten lieber in der Türkei bleiben, nahe ihrer Heimat, als nach Europa zu flüchten, so Ötztürk und Brakel. Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation in der Türkei selbst, mit 10 Prozent offizieller Arbeitslosigkeit ,sei die Türkei nun erstmals bereit, finanzielle Unterstützung von der EU anzunehmen, um zum Beispiel Schulen für Flüchtlingskinder zu bauen. Wichtig sei hier sowohl die Unterstützung als auch die Kontrolle über die Verwendung der Gelder. "Allerdings möchte die Türkei nicht von der EU bevormundet werden."

Notwendig seien Integrationsstrukturen in Deutschland." Wir müssten aus der Vergangenheit lernen", so Brakel. Bis 2005 habe es keine integrativen Maßnahmen für die sogenannten Gastarbeiter gegeben, weder Alphabetisierung noch Weiterbildungsmaßnahmen. 50 Jahre lang hätte Deutschland das versäumt. Mürvet Öztürk sieht die Situation in Syrien als völlig verfahren an und die innenpolitische Situation in der Türkei als sehr schwierig. Schnelle Lösungen seien nicht in Sicht, und als nächstes könnten Klimaflüchtlinge auf Europa zukommen.

Die Türkei sei zwar politisch ziemlich isoliert, aber ein wichtiger Bündnispartner. Mit der Ökonomie ginge es bergab, die türkischen Hoffnungen auf den arabischen Frühling seien enttäuscht worden. Ernsthafte Beitrittsverhandlungen seien nötig, ohne dabei Ja zu sagen zu allem, was die Türkei wolle. "Ohne eine stabile Türkei wird keine Stabilität in der Region einkehren." Verdeutlicht wurde die Flüchtlingsdramatik durch einen kurzen Diavortrag von Dr. Wolfgang Hautumm, Fulda, zu Beginn der Veranstaltung, der die unhaltbaren Zustände auf Lesbos schilderte. +++


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