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K+S-Werk Werra - Archivfoto: Gerhard Manns

REGION Doppelkrise beim Düngemittelkonzern

Anklage gegen K + S erhoben - Hessen stoppt Pipelineplanung

19.02.16 - Dunkle Wolken über dem Düngemittelhersteller und größten Arbeitgeber in Osthessen:  dem Kasseler Konzern K+S werden aktuell sowohl illegale Abfallentsorgung als auch Vernichtung von Behördenakten vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft in Meiningen hat Anklage erhoben. Doch damit nicht genug: die Planungen für die Oberweserpipeline sind von der hessischen Landesregierung gestoppt worden.

Wir veröffentlichen aus diesem Anlass drei unterschiedliche Statements dazu im WORTLAUT: 

1) Dr. Walter Hölzel, Vorsitzender Werra-Weser-Anrainerkonferenz e.V.:

"Die K+S-Spitze und mutmaßliche Helfer in Thüringen sind wegen illegaler Abfallentsor­gung angeklagt - auch in Hessen werden schwere Vorwürfe erhoben. Offensichtlich als Ergebnis der Razzia vom September 2015 hat die Staatsanwaltschaft Meiningen Anklage wegen illegaler Abfallentsorgung erhoben. Im Visier der Strafverfolgungsbehörde stehen die K+S-Spitze und Mitarbeiter des Thüringer Landesbergamts. Es geht um die Verpressung von K+S-Abwässern in der Gerstunger Mulde, die nach Ansicht der Ankläger nicht genehmigungsfähig war. Aber auch Vorgänge in Hessen sind offenbar aufgedeckt worden. Die dort erhobenen Vorwürfe wiegen möglicherweise noch schwerer. Die Wirtschaftswoche berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe von einem handfesten Wirtschaftsskandal. Mitarbeiter der K+S AG sollen sich mit Mitarbeitern des RP Kassel verbunden haben, um gemeinsam Akten der Behörde um unliebsame Bestandteile zu "säubern". Ziel soll es gewesen sein, den Gerichten keine für K+S nachteiligen Dokumente vorlegen zu müssen. Dies soll nicht die ehemalige Versenkung im thüringischen Gerstungen, sondern die in Hessen von der K+S Kali GmbH nach wie vor betriebene Verpressung ihrer Abwässer betreffen. Die K+S-Rechtsanwälte sollen hierbei mitgewirkt haben. Damit wäre nicht nur ein hoher Schaden für die klagende Gemeinde Gerstungen entstanden und es wäre nicht nur das Recht gebrochen worden. Die von der Wirtschaftswoche beschriebenen Machen­schaften sind auch geeignet, das Vertrauen der Bürger in das Rechtssystem und in den Staat zu er­schüttern. Die Bürger müssen sich darauf verlassen können, dass sie vom Recht vor der Willkür der politisch oder wirtschaftlich Mächtigeren geschützt werden. Diese hohen Güter können nicht durch
noch so hohe Steuerzahlungen der K+S AG abgekauft werden.

Sollten die Vorwürfe zutreffen, stehen Prozessbetrug und mittelbare Falschbeurkundung im Raum. Es handelt sich dann um Straftaten von besonderer Schwere, wenn es um hohe Summen geht, wenn sich die Täter miteinander verbündet haben und wenn Amtsträger ihre Befugnisse missbraucht haben. Der Strafrahmen bewegt sich zwischen Geldstrafe und fünf Jahren Freiheitsstrafe. In schweren Fällen kann auch ein Betrug mit bis zu 10 Jahren, mindestens aber einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet wer­den. Wir fordern die Landesregierung auf, zu überprüfen, ob die der K+S Kali GmbH erteilten Genehmigun­gen allein schon deshalb rechtswidrig sind, weil diese Genehmigungen im Hinblick auf die nunmehr bekannt gewordenen Sachverhalte möglicherweise durch Kollusion erwirkt oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen wurden. Solche Genehmigungen wären sofort zu widerrufen.
Die in Thüringen durchgeführten Ermittlungen gingen von einem solchen Szenario aus – dies führte nunmehr zur Anklage. Es dürfte im Hinblick auf die von der Wirtschaftswoche bekannt gemachten Umstände nicht fernliegen, dass diese Verhältnisse auch weitere in Hessen erteilte Erlaubnisse betref­fen könnten.

Außerdem müssen unverzüglich die zuvor möglicherweise entfernten Aktenbestandteile zugänglich gemacht werden. Man kann nicht ausschließen, dass sie eine Fortsetzung der Laugenverpressung aus­schließen und weitere strafrechtliche Ermittlungen erforderlich machen. Selbstverständlich sind die Landesregierung und die Strafverfolgungsbehörden gefordert, das Vertrauen der Bürger in den Staat wieder herzustellen. Es muss geklärt werden, ob Mitarbeiter des RP Kassel von ihren Vorgesetzten oder von den zuständigen Ministerien zu strafbaren Handlungen aufgefordert worden sind. Diese Ermittlungen sind auszudehnen auf andere vom RP Kassel durchgeführte Verfah­ren mit großen wirtschaftlichen Interessen. Auch eine sofortige vorläufige Suspendierung der betroffenen Beamten bis zur Aufklärung der Sachverhalte erscheint dringend erforderlich."Es ist für die Anrainer von Werra und Weser unerträglich, bei den noch anhängigen Gerichtsverfahren denjenigen Personen zu begegnen, die sich zuvor möglicherweise verbündet haben, um den Rechts­schutz auszuhebeln und ihnen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen", so Dr. Walter Hölzel.

Anrainer von Werra und Weser wundern sich seit Jahren, dass der K+S Kali immer wieder Erlaubnisse erteilt werden, die den Zielen der EU-Wasserrahmenrichtlinie zuwiderlaufen und sogar das Erreichen ihrer Ziele unmöglich machen können. Auch hier ist wieder die Laugenverpressung zu nennen. Vor wenigen Tagen hat die Landesregierung von Sachsen-Anhalt die Initiative eingebracht, den Unbedenklichkeitsgrenzwert für Chlorid zu streichen und hat dies mit den Interessen der K+S AG begrün­det. Verwundern musste uns auch der "Vierphasenplan", den die Hessische Umweltministerin gemein­sam mit K+S vorgestellt hat sowie das Ziel, die K+S-Abwässer auch in die Oberweser zu verklappen. Diese Initiativen sind nach unserer Auffassung mit dem europäischen Recht nicht zu vereinbaren."

2) CDU-MdB Helmut Heiderich kritisiert Verfahrenstopp für Oberweser-Pipeline

„Die Oberweser-Pipeline, den sogenannten „Bypass zur Werra“, jetzt aus der Planung zu nehmen ist eine weitere Gefährdung für die Kaliindustrie in unserer Region“, erklärt der heimische Bundestagsabgeordnete Helmut Heiderich. Der CDU-Politiker kritisiert die Aussetzung des begonnenen Raumordnungsverfahrens für die Oberweser-Pipeline scharf. „Was hier offenbar auf Druck der rot-grünen Landesregierung in Niedersachsen betrieben wird, ist eine Gefahr für tausende Arbeitsplätze im osthessischen Kalirevier.“

Das Rohr zur Oberweser werde zur Salzabwasserentsorgung zwingend benötigt. „Die Reduzierung durch verschiedene Maßnahmen am Ort der Produktion selbst ist zwar auf einem guten Weg. Aber ohne die Pipeline wird der Abbau im jetzigen Ausmaß nicht aufrecht zu erhalten sein“, so Heiderich.

Selbst im neuen Masterplan Salz der Flussgebietsgemeinschaft Weser sei der „Bypass zur Weser“ ausdrücklich vorgesehen. „Das Raumordnungsverfahren muss deshalb schon allein aus Gründen Produktionssicherung schnellstens wieder aufgenommen werden“, so Heiderich. Im Masterplan ist explizit festgeschrieben, dass der Bypass bis 2018 als Reserve geplant werden soll.

Der Bundestagsabgeordnete warf auch der hessischen SPD bei K+S ein doppeltes Spiel vor: „Im Kalirevier lässt sich Herr Schäfer-Gümbel als angeblicher Schutzpatron der Kumpel feiern und 50 Kilometer weiter nördlich torpedieren die Genossen – allen voran der Kasseler Landrat Schmidt und die Bundestagsabgeordnete Gottschalck – alle Bemühungen für einen zukunftsfähigen Bergbau in unserem Bundesland.“ Die Ablehnung der Oberweser-Pipeline im dortigen Kreistag sei ein Affront gegen die heimische Kaliindustrie."


3) Bürgermeister von Gerstungen, Werner Hartung: Schadenersatzansprüche wegen Manipulation von Behördenakten

"Die Gemeinde Gerstungen hat am 15.02.2016 Schadenersatzforderungen gegenüber dem Land Hessen, der K+S Kali GmbH, der K+S AG sowie Rechtsanwälten von K+S geltend gemacht. Die Forderung auf Schadenersatz für Prozesskosten wurde auf Grundlage eines Beschlusses des Gerstunger Gemeinderats gestellt. Mit der Vertretung wurde Rechtsanwalt Reitinger beauftragt, der die Gemeinde auch schon in den bisherigen Verfahren vertreten hat. Grundlage für die Schadenersatzforderung ist eine nach Ansicht der Gemeinde offensichtliche Aktenmanipulation von Verfahrensakten in verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Gemeinde Gerstungen gegen die vom Land Hessen genehmigte Versenkung von Salzabwässern.

Der Anwalt der Gemeinde Gerstungen wurde Mitte Januar 2016 als Zeuge in einem Ermittlungsverfahren vernommen. Im Zuge der Zeugenvernehmung wurden E-Mails von K+S Mitarbeitern und deren Rechtsanwälten vorgehalten. Nach dem Inhalt dieser E-Mails - wurden Akteneinsichten in Behördenakten des RP Kassel durch K+S Mitarbeiter im Zusammenwirken mit Mitarbeitern der Genehmigungsbehörde verhindert, - wurden Aktenbestandteile in den Behördenakten ausgetauscht und - wurden unter anderem die Behördenakten durch die Rechtsanwälte von K+S „…durchgesehen, um sicherzustellen, dass sie "sauber", also insbesondere vollständig ist, aber auch keine Dokumente enthält, die in einem eventuellen Gerichtsverfahren für K + S nachteilig sein könnten." Offensichtlich mussten daher belastende Dokumente vorhanden gewesen sein, die gegen die Erteilung der Versenkgenehmigungen bzw. für einen sofortigen Versenkstopp in Hessen gesprochen haben.

Die Gemeinde Gerstungen muss deshalb davon ausgehen, dass diese nach Einschätzung der Gemeinde offensichtlichen Aktenmanipulationen des Landes Hessen (Regierungspräsidium Kassel) und der am Prozess beteiligten K+S Kali GmbH die Urteilsfindung der Gerichte zum Nachteil der Gemeinde beeinflusst haben könnte. Die Behördenakten sind im Verwaltungsprozess immer Entscheidungsgrundlage. Von diesen Vorgängen sind auch aktuelle gerichtliche Verfahren betroffen. Aus diesem Grund erfolgte am 16.02.2016 die Information des für die Klagen zuständigen Verwaltungsgerichts in Kassel über die bisher bekannten Vorgänge, da diese Vorgänge die Versenkung von Salzabwasser in Hessen betreffen.

Wie die E-Mails den Ermittlungsbehörden zur Kenntnis gereicht wurden, ist nicht bekannt. Es wird seitens der Gemeinde jedoch für naheliegend erachtet, dass die E-Mails im Rahmen der kriminalpolizeilichen Durchsuchung in den Räumen der K+S Kali GmbH und der K+S AG zur thüringer Versenkung in der Gerstunger Mulde festgestellt wurden. Es wird davon ausgegangen, dass das Land Hessen die erforderlichen Konsequenzen zieht und das RP Kassel von der Verfahrenszuständigkeit bezüglich der Genehmigung der Versenkung von Salzabwässern entbindet."+++

 



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