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Bischof Algermissen am Ostersonntag 2016 im Dom zu Fulda -

REGION Bischof Algermissen polarisiert

Ungläubige ein Sicherheitsrisiko? Kritiker: "Predigttext diffamiert und grenzt aus"

08.04.16 - Dieser Predigttext hat für Unverständnis gesorgt und Kontroversen ausgelöst - nicht nur unter Un- oder Andersgläubigen. Mit Blick auf die jüngsten Terroranschläge in Brüssel und den Krieg im Nahen Osten, hatte der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen in seiner Ansprache am Ostersonntag im Fuldaer Dom wörtlich gesagt, dass der Mensch ohne Auferstehungsglauben zu einem „großen Sicherheitsrisiko“ für die Mitwelt werde, denn seine Hektik und Daseinsangst ließen ihn „zuschlagen und zerstören“. Er gehe buchstäblich über Leichen, ehe er selbst zur Leiche werde. Dies erlebe man gerade in diesen Wochen und Monaten.

Die Redaktion von OSTHESSEN|NEWS hat Repräsentanten anderer Glaubensrichtungen sowie einen katholischen Pater nach ihrer Einschätzung dieser Aussage gebeten. Hier ihre Statements:  

Linde Weiland, langjährige Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Fulda:"Für mich hört sich diese Aussage an, als ob es verschiedene Arten von Menschen gebe - und da sind wir schon wieder beim gefährlichen `Ismus` - sicher war diese Äußerung in ihrer Wirkung nicht richtig bedacht."

Hubert Schulte, Landesvorsitzender des Familienbunds der Katholiken: "Eine solche Aussage würde ich so nicht treffen. Jeder Mensch ist zu gut und böse fähig, das gilt für Christen wie für Nicht-Christen. Unser Glaube sollte uns helfen - und das tut er meiner Meinung nach auch- uns eher für das Gute zu entscheiden."

Pfarrer der Lutherkirche Fulda, Matti Fischer: "Erst einmal begrüße ich es, dass der Bischof dem Anspruch, der für uns Christen in der Osterbotschaft steckt, nicht ausweicht. Weichgespült wird da nichts. Aber sicherlich sollte man auch in einem zugespitzten Predigttext immer so formulieren, dass die Worte einladend, nicht ausgrenzend sind.“ 

Bruder Florian Reith, Franziskanerpater am Kloster Frauenberg: „ Wenn man bedenkt, dass laut Umfragen nur etwa ein Drittel der praktizierenden Christen an die Auferstehung glaubt, müssten demnach 70 Prozent ein Sicherheitsrisiko sein. Diese Aussage finde ich bedenklich. Ich habe jahrelang mit Menschen zum Beispiel in einer Suppenküche gearbeitet, die definitiv nicht gläubig waren, sondern den Auferstehungsglauben sogar belächelt haben."

“Volker Qasir, Pressesprecher der Ahmadiyya-Gemeinde: "Diese Äußerung ist in meinen Augen grober Unfug. Gerade die Terroristen meinen ja fälschlicherweise, durch ihre Verbrechen in einem Leben nach dem Tod noch belohnt zu werden- mal ganz abgesehen von christlichen Terrororganisationen, die ebenfalls ihren Glauben mit Gewalt durchsetzen wollen. Nur Gott allein weiß, wer wirklich glaubt. Das sollten wir uns nicht anmaßen, zu beurteilen."

Pfarrer Fried Wilhelm Kohl, evangelische Christusgemeinde Fulda:"Diese Äußerung ist alles andere als hilfreich - im Gegenteil: sie ist absolut kontraproduktiv!"

Der Humanistische Pressedienst, Berlin (hpd) will nach eigener Aussage aufklärerische, humanistische und freigeistige Positionen zu aktuellen Ereignissen bieten und konfessionsfreien Menschen – in Deutschland ein Drittel der Bevölkerung – eine Stimme geben: "Bischof Algermissen will Atheisten in Verkennung der Tatsachen für den Terror in der Welt verantwortlich machen.`Wo landet eine Gesellschaft, die sich immer mehr von Werten und Grundsätzen trennt, die das christlich-jüdische Welt- und Menschenbild ihr geschenkt hat?´, fragte der Bischof aus Fulda, Heinz Josef Algermissen. Der Präsident von Pax Christi – also der katholische Organisation der Friedensbewegung – kennt auch schon die Antwort. Für den Bischof könne ein "Mensch ohne Auferstehungsglauben zu einem 'großen Sicherheitsrisiko' für die Mitwelt werde, denn seine Hektik und Daseinsangst ließen ihn 'zuschlagen und zerstören'." Das zeige sich auch in den Terroranschlägen von Brüssel. Herrn Algermissen muss dabei allerdings die Tatsache entgangen sein, dass die Terroristen von Brüssel das ganze Gegenteil von ungläubig waren.

Florian Zimmermann, Mitglied des HVD-Bundespräsidiums und Vorsitzender des Humanistischen Verbandes in Hessen bezeichnete die Ausführungen des Bischofs als "auch deshalb unzumutbar, da Herr Algermissen sein Einkommen direkt aus dem Landeshaushalt bezieht und somit ebenfalls von konfessionsfreien Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern finanziert wird."

Frieder Otto Wolf (HVD) bezeichnete die Rede Algermissens als "katholische Hasspredigt, die nicht nur jeglicher empirischen Grundlage entbehrt und die den großen Teil der Bevölkerung ohne christliches Bekenntnis sowohl im Gebiet der Diözese wie in ganz Deutschland diffamiert." Mit seiner Rede habe der Bischof "Einblicke in ein erschreckend undifferenziertes und wirklichkeitsfremdes Bild von den Lebensweisen und Werteorientierungen der großen Zahl nichtreligiöser wie andersgläubiger Menschen in unserem Land geboten."

Die O|N-Redaktion hat Bischof Algermissen über seinen Pressesprecher um eine Stellungnahme zu diesen Statements gebeten. Sprecher Christof Ohnesorge, der mehrere Anfragen zu der oben zitierten Äußerung bekommen hat,  versicherte, der Bischof habe mit seiner pointierten Predigt gewiss niemanden diffamieren wollen. Eine Antwort von Bischof Algermissen steht noch aus.+++Carla Ihle-Becker


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