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BAD HERSFELD Großes Kino zum Auftakt

Festspiele starten mit Arthur MILLERS "Hexenjagd" ins 66. Jahr

26.06.16 - Die Bad Hersfelder Stiftsruine bietet immer wieder Raum für Neuerungen, so kennt man es seit Jahren. Das traditionsreiche Ambiente lässt sich besonders gut für Neues öffnen und bietet diesem zugleich ausdrucksstarken Kontrast. Sich Neuem zu öffnen und zugleich die Tradition mit allen Sinnen zu spüren, mitten in ihr zu sein, was könnte aktueller sein an einem so viel beachteten europäischen Theaterabend.

Corinna Pohlmann als Abigail Williams Fotos: Martin Engel

Mit seiner Inszenierung von Arthur Millers „Hexenjagd“ leistet Festspielintendant Dieter Wedel seinen Beitrag als Regisseur zur 66. Spielzeit, und er bringt nicht nur durch die Besetzung mit dem aus Film und Fernsehen bekannten Ensemble großes Kino auf die Festspielbühne, sondern setzt den Film und seine Stilmittel auch ganz direkt auf der Bühne ein.

Die Mädchen denunzieren nahezu jeden Bewohner der Kleinstadt Salem

André Eisermann als Pastor Parris

Bühnenbild (Jens Kilian) und Kostüme (Clarissa Freiberg) nehmen Bezug zur Entstehungszeit des Stücks, mit dem Arthur Miller die Kommunistenhetze der McCarthy-Ära kommentierte. Weiterhin bleiben jedoch direkte und plakative Bezüge glücklicherweise aus und die Thematik somit offen für aktuelle und individuelle Assoziationen. Denn diese ist nach wie vor aktuell: aus nichts entsteht die Katastrophe. Die „große, dunkle Lebensangst“, die Dieter Wedel in seinem Vorwort zum Programmheft benennt, ist ein starker Motor, der sich trefflich nutzen lässt von den Demagogen unserer Zeit, ein Motor, der Machthungrigen Macht verleiht, indem er die Menschen bei ihren Ängsten packt.

Horst Janson als herausragend als Giles Corey

Wer hätte geahnt, dass die Inszenierung am Tage nach der von solch dunkler Lebensangst getragenen Entscheidung einer europäischen Nation die Bühne der Weltoffenheit zu verlassen, derartige Aktualität gewinnen würde? Jene dunklen Ängste sind es, die Nahrung geben für die politischen und sozialen Konflikte unserer Zeit, vom Shitstorm in sozialen Netzwerken zu Diskriminierung und Ausgrenzung anders denkender und anders glaubender Menschen. Das Fatale dabei ist, dass die Betroffenen sich damit selbst ins Verderben manövrieren. So auch in Dieter Wedels Inszenierung, die nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch aktuelle Bezüge zu setzen versteht ohne sie direkt zu benennen.

Richy Müller als Reverend Hale

Brillant und vielschichtig ist das Spiel von Christian Nickel

Corinna Pohlmann und den anderen jungen Darstellerinnen mangelt es ebenfalls an keiner ...

Die Einbindung des Films ist dabei mehr als ein projiziertes Bühnenbild, sondern viel mehr echte darstellerische Interaktion. Der Film dient nicht als Erweiterung der ohnehin großen Hersfelder Bühne, sondern eher wie ein Teleobjektiv, das auf Details gerichtet ist. Meisterhaft interagieren filmische Schauspielkunst und Bühnentheater miteinander. Jasmin Tabatabai (Sarah Good) als Erzählerin in ausschließlicher Filmrolle interagiert in Mimik und Gestik mit dem Bühnengeschehen, andere Protagonisten treten in beiden Darstellungswelten auf. Brillant und vielschichtig ist das Spiel von Christian Nickel (John Proctor) und Richy Müller (Reverend Hale), sowohl auf der Bühne als auch im Film. Am intensiven, vielschichtigen Spiel mangelt es aber auch im gesamten Ensemble an keiner Stelle, die Mädchen um Abigail Williams (Corinna Pohlmann, Sybille Kreß, Kim Janina Bormann, Milena Tschantke, Janina Stopper) tragen dazu ebenso bei, wie der herausragende Horst Janson als Giles Corey. Die Justiz, als ordnungsstiftende Kraft im Staat gemeint, wird ad absurdum geführt, indem sie sich dadurch definiert, begangene Fehler niemals offen legen zu dürfen und damit weitere Fehler begeht. Das Mit- und Gegeneinander der beiden Richtergenerationen, Thomas Danforth (André M. Hennicke) und Samuel Sewall (Hans Diehl) bringt diesen Konflikt äußerst transparent auf die Bühne.

Die Thematik ist komplex und doch so einfach, die Katastrophe entsteht aus dem Nichts, sie hat keine Substanz als die Angst und endet doch in der substanziellsten Lebenserfahrung, dem Tod. Das Premierenpublikum zeigte sich begeistert, gestern Abend in der Bad Hersfelder Stiftsruine, teils mitgerissen und gepackt von den Dimensionen der Inszenieren, der Intensität der Darstellung und der Kraft des Aktuellen. Vielleicht war der Applaus sogar etwas mehr als Audruck der Begeisterung, sondern auch Anlass zur Hoffnung. (Klaus Scheuer) +++

Bettina Hauenschild spielt Ann Putnam

Kaum wieder zu erkennen: Brigitte Grothum steht als blinde Rebecca Nurse auf der Bühne ...

Elisabeth Lanz spielt an der Seite von Christian Nickel die Rolle der Elizabeth Proctor ...

Auch Profitänzerin Motsi Mabuse steht in Hexenjagd auf der Bühne - Erstmals als Schauspielerin ...


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