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FULDA "Ganz schön durchsetzungsstark!"

Frauenbeauftragte Hildegard HAST kämpft seit 26 Jahren gegen Sexismus

01.07.16 - "Wenn ich am Bahnhof in Fulda das Taxi mit der sich anbietenden nackten Frau drauf sehe, stört mich das jedes Mal von neuem! Ich frage mich dann, was wohl in Männerköpfen vorgeht, die mit einer solchen Werbung z.B. zu einer Sitzung fahren, in der die Frage von `Mehr Frauen in die Aufsichtsräte` auf der Tagesordnung steht. Welche Frauenbilder haben sie dann dabei im Kopf...", sagt Hildegard Hast mit Leidenschaft. Ihr professioneller Kampf gegen Sexismus in der Werbung - und natürlich auch sonst überall - währt nun schon ganze 26 Jahre. Fuldas erste und bislang einzige Frauenbeauftragte wird an diesem Freitag in den Ruhestand verabschiedet - und sie freut sich darauf: "Das fühlt sich sowas von gut an." Dass sie mit dem, was sie im Verhältnis der Geschlechter zueinander ändern möchte, zum Teil auch auf völliges Unverständnis stößt, ist sie mittlerweile gewöhnt. "Eine Taxifahrerin, die ich auf die empörende Werbung angesprochen habe, versicherte mir, der Fahrer sei aber ein ganz Netter, der meine das nicht böse. Und die Frau sehe doch gut aus..." Schlagende Argumente. Doch Hildegard Hast, 1950 im Sauerland geboren sagt von sich selbst, sie habe den harten Schädel der Westfalen. Den hat es auch gebraucht, um sich in der männerdominierten Verwaltung einen Platz zu erobern und ihre Arbeit ungehindert machen zu können.

Der Job als Frauenbeauftragte, der ihr heute wie auf den Leib geschneidert wirkt, war ihr durchaus nicht in die Wiege gelegt. Nach dem Abitur hat sie in Bonn Jura studiert und ein ganz großes Berufsideal im Auge: "Nach einem Praktikum bei der Kripo wollte ich zum Bundeskriminalamt und für die Prophylaxe von Kriminalität arbeiten.  Doch es kam anders. "Praktisches langjähriges Engagement in der Ehrenamtlichen Straffälligenhilfe und die Erfahrungen in der Referendarzeit am Gericht machten mir klar, dass ich Konflikte ganz praktisch an der Basis lösen will." Hildegard Hast lernte die Atemtherapie Rebirthing kennen und wusste auf einmal, dass sie auf dem Feld der Körperarbeit und Gestalttherapie ihr Metier gefunden hatte ("S o  muss sich das anfühlen!"). Nach der Ausbildung und dem Studium der Sozialarbeit eröffnete sie ihre eigene Praxis in Fulda und begann gleichzeitig, für den Sozialdienst katholischer Frauen zu arbeiten.

Ganz schön durchsetzungsstark: Hildegard Hast

Das Frauenbüro in Fulda - gegen vielerlei Widerstände durchgesetzt - war trotz der konservativen Hochburg im Stadtschloss ein Vorreiter: bereits zwei Jahre bevor die Aufgabe zur "Verwirklichung der Gleichberechtigung" 1992 gesetzlich verankert wurde, hatte Hildegard Hast einen eigenen Etat und eine Vollzeitstelle für eine Mitarbeiterin zur Verfügung. Mit dem damaligen Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Hamberger habe es zwar viele aber gleichzeitig auch immer sehr konstruktive Auseinandersetzungen gegeben, "wir wollten beide immer das Beste für die Sache, das haben wir uns gegenseitig abgenommen. Eine sehr intensive Zeit, in der dann an Weiberfastnacht die strittigen Jahresthemen humoristisch aufbereitet wurden, als "Xanthippe" und „Jupiter"... (z.B. Xanthippe übernimmt beim Thema Teilbarkeit von Stellen die Frühschicht im OB-Büro, konnte Dr. Hamberger dann morgens in der Zeitung lesen...)

"Männliche Herablassung piekst am meisten"

Über männliche Herablassung hat sich die 65-Jährige oft genug ärgern müssen. "Das hat am meisten gepiekst, wenn sich die Männerrunde gegenseitig angestupst und mich lächerlich gemacht hat", sagt sie im Rückblick. In ihrem wichtigen Anliegen nicht ernst genommen zu werden, sei sehr verletzend, ganz besonders, wenn es von Geschlechtsgenossinnen kommt. "Da hilft es auch nicht viel, wenn mir klar ist, dass hier massive Abwehrmechanismen am Werk sind, hinter denen sich Unsicherheit verbirgt." Stolz ist sie auf die mittlerweile etablierte und gut angenommene Fuldaer Frauenwoche, die seit 26 Jahren um den 8. März herum stattfindet und jedes Mal ein Jahr intensive Vorbereitungszeit kostet. Während dieser Zeit erfolgt auch viel Vernetzung der Beteiligten untereinander und neue Projekte enstehen quasi als Nebenprodukt. Alles ist möglich, es gibt dabei nur eine von mir vorgegebene Regel: Alle dürfen mitmachen", sagte sie im Rückblick auf politische Differenzen, Rivalitäten und tiefe Gräben in der Anfangszeit. "Da hieß es: wenn die mitmachen, dann bleiben wir weg.." Doch Hast ist eine gewiefte Strategin und außerdem überzeugt, dass Frauen eher an der Sache orientiert sind, weniger ums eigene Renommee besorgt als Männer.

Überall präsent, wo es um Gleichstellung geht ...

Ein weiterer Dauererfolg der Frauenbüros sind die erreichten überregionalen Strukturen auf Landes- und Bundesebene. Die Kommission der Frauenbeauftragten im Deutschen Städtetag(DST) ist dabei ihr Lieblingsgremium. Zweimal im Jahr treffen sich die Vertreterinnen der Frauenbüros aus der ganzen Bundesrepublik, schauen gemeinsam über den Tellerrand und beraten, wie sich ihre Anliegen in die Strukturen reintragen ließen, "wie wir wirkungsvoll mitmischen können". Ein wichtiger Erfolg war z.B. die Einrichtung eines „Ausschusses für Frauen und Gleichstellungsangelegenheiten beim DST“. Die Erfahrungen aus der Praxis mit täglichen Ungerechtigkeiten müssen irgendwann in eine gegensteuernde Gesetzgebung des Bundes einfließen. Als gute Netzwerkerin liegt der 65-Jährigen diese Kärrnerarbeit und sie hat nachhaltigen Erfolg.

Am ersten Morgen ihres Ruhestand wird sie ein "Blancbook" aufschlagen, also eine Kladde mit noch unbeschriebenen Seiten. "Ich bin sehr gespannt darauf herauszufinden, wer ich ohne die Arbeit bin, mir selbst auf die Schliche kommen.." Dabei schaue sie ganz gelassen auf alles, was da komme. Eine Frau, die mit sich im Reinen ist. (Carla Ihle-Becker ) +++


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