Skrupellose Autopannenbetrüger im Landkreis unterwegs

18.07.16 - Ein schreckliches Szenario: Am frühen Morgen erhält man einen Anruf: Der Vater wurde bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt und in ein Krankenhaus gebracht. Es stehe nicht gut um ihn sagen die Ärzte. Natürlich möchte man in so einer Situation schnell zum betroffenen Familienmitglied. Man setzt sich in sein Auto, fährt los. Während der Fahrt streikt plötzlich das Auto – der Tank ist leer. Jeder, der sich das vorstellt, empfindet Mitleid mit dem Verletzten sowie den Angehörigen, die am Straßenrand stehen und nicht weiter wissen. Zur Hilfe eilen würden hier einige.

Dass sich skrupellose Betrüger genau solche Geschichten ausdenken, um arglose Autofahrer zu bestehlen, kommt den wenigsten Menschen im ersten Moment in den Sinn. Doch genau so geschah es offenbar Anfang der Woche auf einer Landstraße bei Hilders-Eckweisbach. Ein junger Mann steht an der Straße, er wirkt verzweifelt. Mit einer Landkarte in der Hand versucht er, die vorbeifahrenden Autofahrer zum Anhalten zu bewegen. Eine junge Frau fährt auf den Seitenstreifen und fragt, wie sie helfen kann. In schlechtem Deutsch erklärt der freundlich wirkende Mann, sein Vater sei auf der Autobahn Richtung München verunglückt, er sei in ein Krankenhaus eingeliefert worden.

Aber nicht nach dem Weg möchte der Bittsteller fragen. Er zückt ein paar Geldscheine anderer Währung und erklärt, sein Geld sei „hier nichts wert“. Sein Benzin sei aber ausgegangen, er benötige Bargeld. Die Frau solle doch im angrenzenden Feldweg parken und zum Fahrzeug des Mannes kommen, im Wagen säße sein Cousin der viel besser Deutsch sprechen würde, dort könne man sich richtig unterhalten. Die junge Frau lehnt ab. Der südländisch- aussehende Mann redet weiter auf sie ein, jetzt sagt er, er hätte Erbschmuck im Auto, dies wolle er ihr als Pfand gegen Bargeld geben. Sie müsse nur aussteigen und mitkommen. Obwohl auf der Straße an diesem Morgen reger Verkehr herrscht, ist die Situation der Frau nicht ganz geheuer. Sie lässt den Mann stehen und fährt davon. Ein weiteres, ähnliches Vorkommnis ist der Redaktion von OSTHESSEN|NEWS aus dem Landkreis Fulda bekannt.

„Das war die richtige Entscheidung“, sagt Polizeisprecher Christian Stahl auf Nachfrage von OSTHESSEN|NEWS. „Natürlich weiß man nicht genau, ob es sich in diesem Fall um Betrüger handelt, der Schilderung nachzufolgen kann man aber davon ausgehen.“ Gibt man im Internet den Suchbegriff „Autopannenbetrug“ ein, erhält man eine Vielzahl von ähnlichen Mitteilungen. Gerade an Autobahnraststätten stehen demnach immer wieder junge Männer, die vorgeben, eine Panne zu haben. Von anderen Autofahrern verlangen sie Geld, da sie selbst keines dabei hätten, beklaut worden seien, oder, wie im Fall von Eckweisbach, nur ausländische Währung mit sich führen würden. Als Pfand wird auch hier meist Schmuck angeboten. „Wahrscheinlich ist es, dass sich der vermeidlich wertvolle Goldring bei genauer Prüfung als billiges Plagiat herausstellt“, meint Stahl.

„Gerät man in eine solche Situation und hat dabei ein ungutes Gefühl, sollte man immer sofort die Polizei benachrichtigen. Zum einen ist man damit rechtlich abgesichert, falls es sich tatsächlich um eine Notsituation handelt.“ Zum anderen, so Stahl weiter, könne die Polizei den Betroffenen am besten helfen. „Geben Sie vor allem nie Bargeld an Fremde, auch wenn diese behaupten, es später zurückzuzahlen.“

Dieser Vorfall sei nicht nur ärgerlich, weil man fast bestohlen worden sei, sagt die junge Frau im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS. „Ich bin maßlos enttäuscht und wütend. Wie kann man nur so gemein sein und an das Mitgefühl ahnungsloser Leute appellieren, nur um diese zu betrügen?“ Sie hätte dem Mann Glauben geschenkt, erzählt sie weiter und hoffe, in Zukunft nicht nochmal in eine solche Situation zu geraten. Die Frage, warum sie allerdings in einem Feldweg parken und aussteigen sollte, hinterlässt bei ihr einen zusätzlichen bitteren Beigeschmack - und bleibt unbeantwortet. (mr) +++