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Der Angeklagte.. - Fotos: Julius Böhm

FULDA "Furchtbares Erlebnis"

Prozess wegen Raub und sexueller Nötigung gegen 26-Jährigen ohne Wohnsitz

21.07.16 - Diese Nacht Ende Januar wird die junge Frau aus Fulda nicht mehr vergessen. "Es war ein furchtbares Erlebnis", sagt sie heute weinend vor dem Landgericht Fulda. Angeklagt ist ein 26-jähriger algerischer Staatsbürger, der sich seit 2012 illegal in Deutschland aufhält, wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit Raub sowie wegen Bedrohung. Ihm wird zur Last gelegt, in der Nacht vom 23. auf den 24. Januar dieses Jahres der jungen Frau in die öffentliche Toilette des Museumshofs in Fulda gefolgt zu sein, um ihr die Handtasche zu rauben. Im Vorraum der Toilette soll er die Frau zu Boden gerissen und gewürgt haben, wobei er sie zusätzlich an der Brust und im Intimbereich betascht haben soll.

Staatsanwalt Greyer und Nebenklagevertreterin Julia Heieis

Der Angeklagte und sein Verteidiger Hans-J. Hauschild

Die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Fulda unter Vorsitz von Richter Josef Richter ...

Die 29-Jährige leistete verzweifelte Gegenwehr und hatte Todesangst, wie sie heute vor Gericht schilderte. Schließlich versuchte der Mann mit der Handtasche der Frau zu flüchten. Beim Verlassen der Toilette wurde er von einem Wachmann bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten. Dabei soll er den Zeugen mit dem Tode bedroht haben. 

Warum kam der Angeklagte nach Deutschland?

Vor dem Landgericht ging es am heutigen Verhandlungstag zunächst um den Lebenslauf des Angeklagten. Geboren und aufgewachsen in Algerien, wo er seinen Hauptschulabschluss gemacht und eine Ausbildung als Automechaniker absolviert hatte, war er ohne seine Familie 2008 über die Türkei und Griechenland nach Deutschland eingereist, wo er zwar einen Asylantrag gestellt hatte, der jedoch nicht bewilligt wurde. Stattdessen wurde er in seine Heimat abgeschoben, wo es ihn aber nur zwei Jahre hielt, obwohl er bei seiner Familie kostenlos wohnte und in der Firma seines Bruders Arbeit hatte. Erneut verließ er seine Heimat Richtung BRD und lebte hier ohne Unterkunft, Arbeit und Papiere auf der Straße. Die Frage warum, beantwortete der 26-Jährige vor Gericht so: "Ich hatte halt den Traum, in Deutschland ein schönes Leben führen zu können. Aber ich bin hier ein anderer Mensch geworden!" Damit war gemeint, dass er in seiner desolaten Situation angefangen hatte, vermehrt Alkohol zu trinken und Drogen - offenbar vor allem Crack - zu konsumieren.

"So durch den Tag gefallen"

Einem solchen Rauschzustand schreibt er anscheinend auch die ihm heute zur Last gelegte Tat zu. Am Morgen des 24. Januar war er von Stuttgart per Bahn eigentlich ziellos Richtung Norden aufgebrochen und zufällig in Fulda gelandet, nachdem er ohne Fahrkarte aus dem Zug  geworfen worden war. Am Bahnhof habe er "arabische Leute" getroffen, mit denen er Rotwein getrunken und Crack geraucht habe. "Er ist dann so durch den Tag gefallen", fasste sein Verteidiger zusammen. Ganz zufällig stieß er in der folgenden Nacht auf eine private Geburtstagsfeier, die in einem Lagerraum in der Fuldaer Innenstadt gefeiert wurde. Security-Mann Tortsten E. stand in dieser Nacht vor der Tür und machte dem Algerier auf Englisch klar, dass es sich um eine Privatfeier handele, zu der er keinen Zugang haben könnte. "Ich habe mich mit Händen und Füßen mit ihm unterhalten, aber er hat definitiv verstanden, um was es ging", sagte er heute vor Gericht als Zeuge aus. 

Komisches Gefühl"

Als die 29-Jährige zur Toilette über die Straße zum Museumshof ging, hatte Torsten E. ihr Begleitschutz angeboten, wie allen weiblichen Gästen der Feier vorher. Doch die junge Frau habe das abgelehnt. "Aus irgendeinem Grund hatte ich aber ein komisches Gefühl und bin ihr nachgegangen." Dieser Intuition dürfte die junge Frau zu verdanken haben, dass der heute Angeklagte unmittelbar, nachdem er sein Opfer überfallen, gewürgt und beraubt hatte, geschnappt wurde. Er lief Torsten E. quasi direkt in die Arme, als dieser vor der Toilette nach dem Rechten sehen wollte. Dieser hielt ihn fest und bat einen weiteren Zeugen, sofort die Polizei zu rufen. Bis diese eintraf, hatte der 26-Jährige immer wieder versucht zu entkommen und den Wachmann beschimpft und bedroht. Strittig blieb heute, ob er dabei "Ich komme morgen wieder und stech dich (ab)", gerufen hat. Der Angeklagte beteuerte heute vor Gericht, er habe zwar versucht, an die Handtasche der jungen Frau zu kommen, diese aber keinesfalls sexuell belästigt: "Das wäre mir niemals in den Sinn gekommen!" Zwar habe er sowohl den Wachmann als später auch die Polizisten englisch mit "Fuck  you" beschimpft, aber die deutschen Worte "Ich stech Dich ab", kenne er nicht.

"Ich hatte Todesangst"

Bei der Anhörung des Opfers beugte der Angeklagte tief den Kopf. Die junge Frau versuchte ihr schreckliches Erlebnis zunächst tapfer zu schildern, brach dabei aber bald in Tränen aus. Der unvermittelte Überfall auf der Toilette, wo sie plötzlich von hinten umklammert und so heftig zu Boden gestoßen worden war, dass sie ein Hämatom am Kopf und eine Gehirnerschütterung erlitt, lässt sie auch nach einem halben Jahr nicht los. Immer wieder habe der Mann sie mit beiden Händen am Hals gewürgt und nur losgelassen, weil sie sich heftig gewehrt habe. Zusätzlich habe er ihr an die Brust und in den Schritt gefasst.  "Ich wusste nicht, wie lange ich das durchhalte". Schließlich sei er mit der Tasche zum Ausgang geflüchtet, wo er glücklicherweise von Torsten E. empfangen wurde. 

Opfer will keine Entschuldigung annehmen

Das vom Verteidiger an die junge Frau herangetragene Ansinnen, der Angeklagte wolle sich bei ihr vor Gericht entschuldigen, lehnte die 29-Jährige erst zögernd, dann bestimmt ab. Wie glaubwürdig die Version des 26-Jährigen ist, sollen die nächsten fünf Verhandlungstage und insgesamt 18 Zeugen erweisen. +++ Carla Ihle-Becker


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