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Rudolf Krause (links) und Markus Majowski zeigen die Machtverhältnisse von Banken und Antragsstellern neu -

BAD HERSFELD Premiere „Der Kredit“

Die Macht des Geldes? Geld oder Mensch? Geld oder Glück?

12.08.16 - Eine angedeutete Bankfiliale im öffentlichen Raum, umrahmt von dem Grün der Spielwiese und den ehrwürdigen Mauern der Stiftsruine, dient als Kulisse für Jordi Galcerans Komödie „Der Kredit“, die am Donnerstag eine vom Publikum umjubelte Premiere bei den Bad Hersfelder Festspielen feierte. Markus Majowski ist der Filialleiter Bodo Berghoff. Der hartnäckige Kunde Anton Herberg, der bei der Bank einen Kredit beantragen will, wird von Rudolf Krause verkörpert. Doch er kann keine Sicherheiten bieten, kein Eigenkapital, keinen Bürgen, nur sein Wort. Also sagt der Filialleiter „Nein!“ Das ist die glasklare Ausgangslage für die gleichermaßen intelligente wie bissige Konversationskomödie, deren herrlich spitzzüngige Übersetzung von Stefanie Gerhold stammt und die für die karge, aber raffiniert gestaltete Freilichtbühne von Martin Woelffer in Szene gesetzt wurde.

Fotos: Erich Gutberlet

Markus Majowski gibt den Filialleiter

Anton Herberg lässt sich nicht abwimmeln: Bekommt er seinen Kredit nicht, dann sieht er sich gezwungen, die hübsche Frau des Filialleiters zu verführen. „Beim Verhandeln muss man seine Karten geschickt ausspielen. Und ich setze auf den Trumpf, den die Natur mir gegeben hat. Druck ausüben ist legitim. Drohen nicht“. Damit ist das Spiel um Geld und Glück eröffnet und bringt das berufliche und private System des Filialleiters völlig ins Wanken. Im Handumdrehen stellt Autor Jordi Galceran die Weichen für ein erfrischend komisches Psychoduell und stellt die Frage, ob man Geld gegen das eigene Glück aufrechnen kann.

Was offensichtlich ganz klar und sicher ist, auf der einen Seite der erfolglose Antragsteller, ihm gegenüber der souveräne Finanzmann, vermischt sich in atemberaubender Geschwindigkeit, die Machtverhältnisse verschieben sich, Sicherheiten bröckeln, Ungewissheit wuchert auf geradezu beängstigende Art – Herberg gelingt es, Zweifel in die Fassade der sicheren Selbstgerechtigkeit des stur geradeaus blickenden Finanzbürokraten zu säen. Die Idee, seine Frau Laura anzurufen, um sie vor Anton Herberg zu warnen, geht nach hinten los: Wütend darüber, dass sie ihm nicht mehr wert ist als ein Kredit über dreitausend Euro, schmeißt sie ihn kurzerhand aus dem Haus.

Die Vorhersage von Herberg wird wahr. Der Filialleiter wird aus seinem Spießbürgerdasein katapultiert. Er fleht seinen gescheiterten Bruder an, ihn in seiner Sozialwohnung in Bebra aufzunehmen. Doch der Musiker steht kurz vor einem Umzug. Bodo Berghoff bekommt Paranoia, als Herberg ihn mit dem Campingkocher konfrontiert, auf dem sein Bruder sein karges Mittagessen erhitzt. Woher weiß Herberg davon? Kennt er seinen Bruder? Der Filialleiter wird immer nervöser.

Markus Majowski, der die Rolle des Bankers schon 80mal an der Seite von Ilja Richter als Kreditnehmer in Berlin und Hamburg mit großen Erfolg gespielt hat, liefert sich bei den Bad Hersfelder Festspielen mit Rudolf Krause als Gegenüber ein Duell auf Augenhöhe. Die scharf geschliffenen Rededuelle und aberwitzigen Kollisionen am Rande der Farce werden vom begeisterten Publikum mit Lachen und Zwischenapplaus honoriert. Auf der anderen Seite leiden alle mit, wenn der Filialleiter um die Liebe seiner Frau kämpft und sich gegenüber dem Bittsteller zum Vollidioten macht, der ihn mit seiner Redegewandtheit und Lebensweisheit in den Fängen hat.

Matthias Trippner übernimmt durch seine bloße Anwesenheit die Rolle des Bruders, der in der Sozialwohnung in Bebra auf seinem Schlagzeug lärmt, aber tatsächlich in einem Pavillon platziert mit seiner ausgefeilten Komposition Ausrufezeichen hinter die Dialoge setzt und die Gemütslage der beiden hinreißenden Protagonisten passend vertont hat. Als hübsche Sekretärin tritt Rieke Warzog in Erscheinung. Ein kritischer Zwischenruf aus dem Publikum zum Neoliberalismus – Joern Hinkel, der künstlerische Leiter der Festspiele meldete sich zu Wort – wurde vom Banker auf der Bühne mit Stammtischgeschwätz abgetan.

Dieses hintersinnige Unterhaltungstheater auf höchstem Niveau voller überraschender Wendungen, die hier nicht verraten werden, hat nur ein Manko: Das Spielen im Freien, abhängig von den Wetterkapriolen dieses Sommers. Trotzdem sollten die Kunstliebhaber diese sehenswerte, vom Premierenpublikum mit stehenden Ovationen gefeierte Komödie nicht verpassen. Bis zum 28. August haben alle Interessierten Gelegenheiten dazu – das Wetter kann ja nur besser werden. Karten im Vorverkauf ab 20 Euro sind beim Ticket-Service am Markt 1 in Bad Hersfeld, unter Telefon 06621/640200 und an der Abendkasse erhältlich. Weitere Informationen unter www.bad-hersfelder-festspiele.de (Gudrun Schmidl) +++


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