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- Fotos: Carina Jirsch

FULDA Die Bahnhofsmission ist umgezogen

Hier treffen Schicksale aufeinander und Reisende finden Hilfe

Die ökumenische Bahnhofsmission ...... ist immer auf der Suche nach Ehrenamtlichen, um das wichtige Angebot weiter aufrecht zu erhalten. Interessierte können sich unter Telefon 0661 73327 melden.

31.08.16 - Es herrscht geschäftiges Treiben in den Räumen am Fuldaer Bahnhof, in denen bis vor kurzer Zeit noch die Autovermietung Sixt zuhause war. Die orangefarbenen Werbetafeln der Firma sind inzwischen verschwunden. Stattdessen hängen weiße Lamellenvorhänge an der großen Fensterfront. Der ein oder andere Besucher hat sie schon zugezogen, aus Angst, jemand könnte ihn von draußen sehen. Denn die meisten der Menschen, die hierherkommen, sind nicht stolz darauf. Sie sind in irgendeiner Form durch das System der Stadt gefallen. "Durch Schicksalsschläge, Alkohol, Drogen oder einfach, weil sie ihren Job verloren haben", sagt Monika Niestroj. Die 55-Jährige ist Leiterin der ökumenischen Bahnhofsmission.

Seit einigen Wochen ist das etwa 30-köpfige Team aus Ehrenamtlichen nun nicht mehr an Gleis 1 zu finden. Die Räume, in die die Bahnhofsmission gezogen ist, sind neuer, größer und auch heller als die alten. Ihre ehemalige Wirkungsstätte direkt an den Gleisen des Fuldaer Bahnhofs vermissen die Mitarbeiter trotzdem manchmal. Die Räume hier unten an der Rückseite des Gebäudes haben aber dennoch ihre Vorteile: Gut 20 Menschen haben an den mit Blumen geschmückten Tischen im Gastraum gleichzeitig Platz. Durch ein Fenster, das in die Küche der Bahnhofsmission führt, haben sie Kontakt zu den Mitarbeitern, die für sie Kaffee oder Tee kochen und Brote schmieren. Wahlweise mit Schmalz oder Marmelade. An heißen Tagen gibt es außerdem Eistee.

Wilfried Wolfsdorf und Peter Axt

Monika Nistroj

Gute Stimmung: Das Team der Bahnhofsmission ist wie eine Familie - auch für manche ...

"Der kommt besonders gut an", sagt Niestroj. Sie muss es wissen: Der Kontakt zu den Menschen, die hier manchmal mehrmals am Tag erscheinen, ist ihr wichtig. Sie weiß, dass die Räume für manche der Besucher wie ein zweites Wohnzimmer sind. "Einige von ihnen kommen morgens um 8, trinken ihr Käffchen, halten einen Plausch mit uns und kommen dann am Mittag nochmal, um ein Brot zu essen." 60 bis 80 Menschen sind es ungefähr am Tag, vor allem, wenn es draußen regnet, kommen sie gern. In der Bahnhofsmission ist es trocken und warm, "und wir schmeißen niemanden raus, egal wie voll es ist."

Aber es sind nicht nur Menschen mit Hunger oder Gesprächsbedarf, um die sich Monika Niestroj und ihre 29 ehrenamtlichen Mitarbeiter kümmern. Auch wenn diese wohl vor allem emotional den größten Teil ausmachen. Stattdessen sind es auch Reisende, die hier Hilfe und Rat suchen, viele von ihnen unter 14 Jahren. Kinder, die von den Mitarbeitern der Bahnhofsmissionen in vielen Städten Deutschlands beim Umsteigen begleitet und dann an einen Zugbegleiter in der entsprechenden Bahn übergeben werden. "Kids on Tour" nennt sich das bundesweite Projekt. Darüberhinaus helfen die Ehrenamtlichen auch Menschen mit Handicap beim Umsteigen, begleiten sie mit dem "bahnhofsmissionseigenen" Rollstuhl von Zug zu Zug und bieten Müttern mit Babys einen Platz zum Ausruhen oder Wickeln.

Für die Besucher gibt es Brote - wahlweise mit Schmalz oder mit Marmelade ...

Doch die Geschichten, die Niestrojs Mitarbeiter mit nachhause nehmen, sind meistens nicht die von schönen Reisen oder tollen Urlaubsorten. Vielmehr sind es solche über Schicksale von Menschen, die es sich vermutlich anders gewünscht hätten. "Ja, wir bekommen hier schon viel ab. Man muss lernen, Abstand zu nehmen, das alles nicht so nah an sich ranzulassen." Das sei ein Lernprozess. Vom einen auf den anderen Tag hätte das wohl noch niemand geschafft. Das ist ein Grund, warum jeder Ehrenamtliche vor seiner Tätigkeit zwei Grundkurse absolvieren muss. "Und danach werden über das ganze Jahr weitere Fortbildungen angeboten", erklären Wilfried Wolfsdorf und Peter Axt. Beide sind Ehrenamtliche in der Bahnhofsmission. Warum sie diese Arbeit machen? "Ganz einfach, um uns zu engagieren", so Wolfsdorf, "die Politik tut zu wenig. Das, was wir machen, ist niederschwellige Arbeit, und sie trägt einen Teil zu dem humanistischen Weltbild bei, was ich habe."

Dass die Arbeit manchmal schwierig ist, gehört dazu. Dennoch ist die Stimmung im Team unschlagbar. Vielleicht ein Grund, aus dem Peter Axt vor ungefähr einem Jahr dazu gestoßen ist. Seine Frau ist verstorben, er von Alsfeld nach Fulda gezogen, hier kannte er niemanden. Das hat sich durch seine Arbeit geändert. "Was sich außerdem ändert, ist, dass man das, was man zuhause hat, mehr schätzt", sagt Niestroj. Und noch dazu komme das, was man gibt, irgendwann zu einem zurück, da ist sie sich sicher. "Die Leute, die hierherkommen, sind dankbar. Auch wenn sie es nicht immer zeigen." (Suria Reiche) +++


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