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v.l.: Wolf-Rüdiger Knoll, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Point Alpha Stiftung und Ricarda Steinbach, Direktorin der Point Alpha Stiftung. - Fotos: Toni Spangenberg

GEISA/RASDORF Sonderausstellung Point Alpha

Systematische Misshandlungen im Jugendwerkhof Torgau - Opfer berichten

09.09.16 - Sie wurden behandelt wie Schwerverbrecher. Psychologische und körperliche Gewalt waren an der Tagesordnung. Die Kinder im geschlossenen Jugendwerkhof Torgau in der DDR können oftmals noch heute kein normales Leben führen. Die Sonderausstellung "Ziel: Umerziehung! - Die Geschichte repressiver Heimerziehung in der DDR" in der Gedenkstätte Point Alpha bei Geisa rückt die Opfer in den Vordergrund und zeigt anhand von Zeitzeugenberichten eindrucksvoll, wie das DDR-Regime Kinder, die nicht ins System passten, gebrochen hat. Noch bis zum 31. Oktober haben Interessierte die Chance, die Schicksale in der Ausstellung nachzuempfinden. "Viele der Gäste waren sehr betroffen. Die Bürger der DDR kannten Torgau. Aber niemand wusste, welche Zustände dort tatsächlich herrschten", erklärt Ricarda Steinbach, Direktorin der Point Alpha Stiftung.

"Torgau war für die Kinder und Jugendlichen Endstation. Wer nicht in die Norm passte und der Diktatur des Proletariats der DDR nicht dienlich war, sollte hier gebrochen werden." Der Anspruch sei die Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit gewesen. Dafür gab es neben Torgau weitere Institutionen, wie Kinder- und Sonderheime. "Torgau war eine Disziplinierungseinrichtung, streng militärisch organisiert. Hierher kamen die Kinder, die aus anderen Einrichtungen geflüchtet sind", klärt Wolf-Rüdiger, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Point-Alpha-Stiftung auf. Die Jugendlichen seien bei ihrer Ankunft in Torgau gezwungen worden, sich auszuziehen und seien dann nackt von Wärtern des anderen Geschlechts untersucht worden. "Das zeigt, wie sehr die Kinder erniedrigt wurden." Der staatliche Allmachtsanspruch sollte physisch und psychisch umgesetzt werden.

Aber warum diese Thematik im Jahr 2016 beleuchten? "Gewalt gegen Kinder, ob körperlich oder seelisch, ist ein Straftatbestand und beispielsweise in Kriegsgebieten immer noch Gang und Gäbe", erklärt Steinbach. Die Gräueltaten in Torgau waren Kindesmissbrauch. "Drakonische Maßnahmen, wie Liebesentzug sollten die Kinder gefügig machen und dabei helfen, sie wieder ins System zu integrieren." Häufig kamen die Kinder aus zerrütteten Verhältnissen. "Der Vater war vielleicht im Gefängnis, die Mutter Alkoholikerin. Natürlich werden solche Kinder womöglich verhaltensauffällig oder aggressiv." Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres konnten Kinder zwangsweise in Torgau bleiben, ehe sie aus der gefängnisartigen Anstalt entlassen wurden.

Das Haus auf der Grenze am Platz der deutschen Einheit

Eine Medienstation mit Videodokumentation, eine Hörstation mit Rubriken wie Zeitzeugenaussagen, Heimalltag und Drill sowie die biografische Auseinandersetzung mit den Opfern bringen den Menschen heute das Unrecht von damals näher. "Es ist wichtig, dass jedem klar wird: diese Menschen waren Opfer und waren zu Unrecht in Torgau 'inhaftiert'." (Toni Spangenberg) +++


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