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Die Rotenburger Mikwe in der Brauhausstraße 2. Hier ist das Jüdische Museum beheimatet. - Fotos: Gudrun Schmidl

ROTENBURG/F. 10 Jahre Jüdisches Museum

Namen ein Gesicht geben- großer Dank an Dr. Heinrich NUHN

12.09.16 - Das Jüdische Museum in der ehemaligen Rotenburger Mikwe ist eine Erinnerungs- und Begegnungsstätte gleichermaßen, die am 11. September 2006 unter Beteiligung von 41 jüdischen Gästen aus aller Welt eingeweiht wurde. Die Restaurierung des Gebäudes erfolgte unter Federführung der Stadt, für die Gestaltung der Dauerausstellung zur lokalen und regionalen jüdischen Geschichte sorgte der Förderkreis „Ehemaliges Jüdisches Ritualbad e.V.“, der die Einrichtung auch betreut.

Das zehnjährige Bestehen des Museums wurde mit einem Festwochenende gewürdigt, zu dem wiederum eine größere Zahl von Nachfahren jüdischer Familien aus Rotenburg und den Nachbarorten aus Südafrika, Israel, USA, Berlin und Düsseldorf anreisten. Angekündigte Gäste aus Irland mussten kurzfristig absagen. Der Magistrat der Stadt Rotenburg und der Förderkreis luden am Sonntag zu einem feierlichen Festakt in den Sitzungsaal des Rathauses ein, der die Möglichkeit bot, „Menschlichkeit zu feiern“. Das waren die Begrüßungsworte von Rotenburgs Bürgermeister Christian Grunwald, der mit Stolz verkündet, dass das Jüdische Museum über die Stadt und die Region hinaus individuelle Menschenschicksale erlebbar macht.

Das Rotenburger Rathaus – hier fand der Festakt statt


Eng verbunden ist das Jüdische Museum in Rotenburg mit Dr. Heinrich Nuhn, der nach einem Rückblick auf die vergangenen zehn Jahre Museumsgeschichte die Vorstellung der anwesenden jüdischen Gäste kenntnisreich übernahm. Der inzwischen pensionierte Lehrer an der ortsansässigen Jakob-Grimm-Schule hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, die Erinnerung an eine Minderheit aufrecht zu erhalten, die Bedeutendes geleistet habe, aber weitgehend aus dem Gedächtnis verschwunden sei.

Der Stolperstein, der für Siegfried Katzenstein verlegt wurde


Hunderten Menschen hat Dr. Heinrich Nuhn damit ein Gesicht und die Lebens- und Leidensgeschichte dahinter wiedergegeben und wurde an diesem besonderen Tag für seine Initiative mit herzlichen Dankesworten gewürdigt. Immer wieder laden der 78-Jährige und seine Frau Inge Menschen aus aller Welt, deren Vorfahren aus der Region stammen und vor der Verfolgung geflüchtet sind, in ihr Zuhause ein. Es überrascht seine Gäste, mit wie viel Akribie er sich dem Schicksal ihrer Angehörigen gewidmet hat. Natürlich führt er seine Gäste auch an deren persönliche Erinnerungsorte und begleitet sie in das Jüdische Museum.

Ittai Malbin (links) reiste aus Israel an. Neben ihm Dr. Heinrich Nuhn. ...

Bürgermeister Christian Grunwald


In diesem ersten Jahrzehnt seines Bestehens hat das Museum bei Besuchern aus der näheren und auch weiteren Umgebung eine große Resonanz gefunden. Darüber hinaus ist das Haus eine zentrale Anlaufstelle für Nachfahren jüdischer Familien aus dem Raum Rotenburg, aber auch aus anderen Nord- und osthessischen Orten geworden. Die Vielzahl der Sprachen, die aus den Einträgen der Besucher im Gästebuch hervorgeht, zeugt von der Bedeutung der Rotenburger Mikwe, die 2008 das Signet als besonders schützenwertes Kulturgut nach der Haager Konvention erhielt.

Pfarrer Reinhard Brand

MdB Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt


Prälatin Marita Natt, die die Festansprache halten sollte, musste krankheitsbedingt absagen und wurde von Pfarrer Reinhard Brand, Referatsleiter Gemeindeentwicklung und Missionarische Dienste, würdig vertreten. Heinz Schlegel sprach das Grußwort als Vertreter des Landkreises Hersfeld-Rotenburg und auch MdB Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt, ließ es sich nicht nehmen, die jüdischen Gäste in englischer Sprache zu begrüßen, deren Anwesenheit nach seinen Worten Brücken baue in eine glückliche Zukunft. Er bedauert, dass es nicht gelungen sei, vor Ort an das jüdische Leben anzuknüpfen. „Es ist ein schwerer Verlust, dass die wunderbaren Traditionen, die zum jüdischen Leben gehörten, verloren gegangen sind. Jüdische Bürgerinnen und Bürger waren Teil dieser Bürgergesellschaft, die das Gemeinwesen geprägt haben“.

Prof. Dr. Dietfrid Krause-Vilmar


Prof. Dr. Dietfried Krause-Vilmar als Vertreter der Universität Kassel und der Hessischen Gedenkstätteninitiative bezeichnet das Jüdische Museum in Rotenburg als „Kleinod der hessischen Museumlandschaft“. Ihm oblag auch die Aufgabe, die Wanderausstellung „Gedenken in Hessen“ der Hessischen Gedenkstätteninitiative zu eröffnen, die aktuell im Rathausfoyer und ab 19. September in der Jakobikirche zu sehen ist.


Schulleiterin Sabine Amlung merkt an, dass ein 10-jähriges Jubiläum von der Zahl her eher bescheiden ist, aber der „Grundgedanke“ es mehr als wert ist, in diesem großen Rahmen gefeiert zu werden. Als Pädagogin schätzt sie das Jüdische Museum als außerschulischen Lernort, der die Schülerinnen und Schüler der Jakob-Grimm-Schule nicht nur intellektuell fordert, sondern ganz besonders emotional anspricht. „Namen ein Gesicht geben“ ist im Jüdischen Museum vorrangig. Auf der Treppe zum Obergeschoss passiert der Besucher eine Portrait-Galerie mit inzwischen 260 Portrait-Fotos. Vor zehn Jahren waren es 158.

Schulleiterin Sabine Amlung im Gespräch


Abschließend sprach Ittai Malbin für die jüdischen Gäste, die vorab die Redebeiträge der Vorredner in englischer Sprache ausgehändigt bekamen oder von einer Dolmetscherin profitieren konnten. Musikalisch einfühlsam umrahmt wurde der Festakt von dem Jugendstreichorchester der Evangelischen Kirchengemeinde Rotenburg unter der Leitung von Elke Suck-Iffland. Zum Abschluss des Festwochenendes, das am Samstag mit einem Konzert des Europäischen Synagogalchores unter der Leitung von Prof. Andor Izsák begann und auch Führungen auf dem Jüdischen Friedhof und im Jüdischen Museum beinhaltete, wurde für den ehemaligen Rotenburger Stadtrat Siegfried Katzenstein am Eingang zu seinem Geburtshaus Im Zwickel 13 ein Stolperstein verlegt. Weitere Informationen unter www.mikwe.de und www.hassia-judaica.de. Von Mai bis Oktober werden am 1. Sonntag im Monat um 15 Uhr und ganzjährig jederzeit nach Anmeldung (Tel. 06633-5555 oder 06623-2482) Führungen durch das Jüdische Museum angeboten. (Gudrun Schmidl) +++


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