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Bilder von der Aktion auf dem Universitätsplatz - Fotos (5): Revina Kube

FULDA Was haben Handys mit Bürgerkrieg zu tun?

Konsumverhalten hinterfragen: Vier Studierende verwandeln Uniplatz in Friedhof

25.10.16 - Ein ganz normaler Samstag in Fulda: Durch die Straßen strömen zahlreiche Passanten. Manche von ihnen haben Erledigungen zu machen, andere eine Verabredung. Die Zeit ist bei den meisten wie immer knapp. Trotzdem bleiben viele von ihnen auf dem Universitätsplatz unvermittelt stehen, den Blick auf drei große Gräber gerichtet. Darauf liegen Handys, blutverschmiert. Was hat es damit auf sich? Info-Tafeln geben die Erklärung: Die drei Gräber symbolisieren die Menschen, die in der Demokratischen Republik Kongo in Minen ausgebeutet werden. Einen Hungerlohn für ihre lebensbedrohliche Arbeit bekommen. Und das alles, damit Menschen in reicheren Ländern sich jedes Jahr ein neues Handy kaufen können.

Lukas Kotzybik, Revina Kube, Judith Wollmer und Sinja Finselberger Fotos (2): Suria Reiche

Hinter der Aktion stecken vier Studierende: Lukas Kotzybik, Revina Kube, Judith Wollmer und Sinja Finselberger. Sie wollen nicht mehr einfach dabei zusehen, wie der Besitz der Reichen von der Arbeit der Armen abhängig gemacht wird. "Nur weil wir in Deutschland geboren worden sind, haben wir das Glück, bestimmte Privilegien zu nutzen, die ein Mensch in einem anderen Land nicht hat. Deswegen wollen wir Verantwortung übernehmen. Uns der Ungerechtigkeit auf der Welt entgegenstellen." 

Geboren ist die Idee der vier während einer Studienarbeit: Im Seminar "Politische Jugendlichen- und Erwachsenenbildung" sollten sie ein fiktives Projekt konzipieren. "Irgendwann haben wir uns gedacht, dass wir das in die Realität umsetzen könnten. Uns zwar nicht nur für eine bestimmte Zielgruppe, sondern als Aktionskunst auf dem Uniplatz", sagt Lukas und Revina ergänzt: "Darüber erreichen wir einfach viel mehr Leute. Das Thema betrifft ja immerhin die gesamte Gesellschaft."

Was sie damit meint, ist, dass nahezu jeder Deutsche ein Handy besitzt. "Laut Studie liegen allein in Deutschland sogar 83 Millionen davon unbenutzt herum." Und für jedes von ihnen mussten Menschen leiden. In Minen, in denen Coltan abgebaut wird, schufften sie viele Stunden am Tag unter lebensbedrohlichen Bedingungen: "Einige Minen sind erdrutschgefährdet. Sicherheitsstandards existieren aus Kostengründen kaum." Aus Coltan wird Tantal gewonnen, das zur Herstellung der in nahezu jedem elektronischen Gerät verwendeten Tantal-Elektrolytkondensatoren benötigt wird.

Für Lukas, Revina, Judith und Sinja steht das Handy jedoch nur stellvertretend für die unfairen Arbeitsbedingungen, die es auf der Welt gibt. "Es hätte letztendlich auch um Kleidung gehen können, auch dafür werden Menschen ausgebeutet." Ein Handy jedoch ist ein Gegenstand, den ein durchschnittlicher Mensch am Tag mehrere Mal in die Hand nimmt. Deswegen hat es für die vier eine besonders starke Symbolik. "Dass vor den Gräbern, die wir auf dem Uniplatz aufgestellt haben, tatsächlich so viele Menschen stehen bleiben, hätten wir vorher nicht gedacht. Das ist toll. Selbst wenn nur zwei Prozent von ihnen die Thematik weitertragen." Und vielleicht macht sich ja der ein oder andere Gedanken darüber, wie er selbst etwas ändern kann: "Es gibt zum Beispiel 'Fairphones', für die Mineralien aus zertifizierten Minen benutzt werden. Außerdem ist an ihnen jedes Teil einfach austauschbar, so dass man sich nicht gleich ein neues kaufen muss, wenn der Akku oder so kaputt geht." Auch Tauschbörsen oder sich ein gebrauchtes Handy zu kaufen, könne ein Schritt in die richtige Richtung sein.

Als Ergänzung zu der Aktionskunst vom vergangenen Samstag laden die vier am Mittwoch um 18.15 Uhr zu einem Informationsabend im Café Chaos an der Hochschule mit dem Titel "Was hat mein Mobiltelefon mit dem Krieg im Kongo zu tun?". Die vier Studierenden werden Einblicke darin geben, wie die Passanten auf die künstlerische Aktion reagiert haben. Dabei soll aufgezeigt werden, dass besonders künstlerische Aktionen zum Nachdenken und Hinterfragen anregen und neue Horizonte öffnen können. Die Frage, ob das Wissen um Konfliktmineralien Menschen wirklich davon abhält, neue Smartphones zu konsumieren, wird ebenfalls wesentlicher Bestandteil des Abends sein. Als Referenten wird Julien Bobineau Einblicke in die historische Entstehungsgeschichte der Bürgerkriege im Kongo und deren Zusammenhang mit Elektrounternehmen geben. Zudem wird der Dokumentarfilm "Blood in the Mobile" von Frank Piasecki Poulsen gezeigt werden, in dem die Nutzung von sogenannten Konfliktmineralien bei der Herstellung von Mobiltelefonen thematisiert wird. (Suria Reiche) +++


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