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FULDA "Der Grenzgänger"

Gut besuchte Lesung mit Landolf Scherzer in Hochschul- und Landesbibliothek (HLB)

25.11.16 - Wenige Tage nach dem 27. Jahrestag der Grenzöffnung konnte Frau Dr. Elisabeth Ott, Vorsitzende des Vereins der Freunde und Förderer der Hochschul- und Landesbibliothek Fulda e.V., den Thüringer Autor und Journalisten Landolf Scherzer zu einer Lesung begrüßen. In ihrer Begrüßung betonte sie, dass der Autor aus diesem aktuellen Anlass und der geographischen Nähe zu der ehemaligen Grenze nicht – wie sonst üblich - aus seinem neuesten Werk lese, sondern aus der bereits 2005 erschienenen Langzeitreportage „Der Grenzgänger“ (Aufbau Verlag Berlin).

Darin erzählt Scherzer von einer Wanderung auf dem Kolonnenweg entlang der ehemaligen Grenze zwischen Ost und West. In 15 Etappen zwischen Gräfenthal und Vacha auf der ostdeutschen und von Tetta bis Oberbreitzbach auf der westdeutschen Seite hat Scherzer 15 Jahre nach der Einheit Menschen nach ihren Erinnerungen, Erfahrungen, ihrer Freude und ihren Hoffnungen, aber auch Enttäuschungen gefragt. Diese Schilderungen einzelner Schicksale lassen über die Region hinausgehend grundsätzliche Probleme des ganzen Landes nach der Wiedervereinigung erkennen. Scherzer führt zu der eigentlichen Lesung mit einem Ausschnitt aus einer früheren Reportage hin, in der seine kritische, aber auch humorvolle Haltung gegenüber den kritikwürdigen Arbeitsbedingungen der ehemaligen DDR deutlich wird.

Für seine eigentliche Lesung aus dem „Grenzgänger“ wählt der Autor aus den Anfangskapiteln eine Episode in Gräfenthal mit einer evangelischen Pfarrerin aus und für den Schluss die Begegnung mit einem katholischen Pfarrer in Butlar und dessen Erfahrungen vor und nach der Grenzöffnung – ein speziell für die Bischofsstadt Fulda gewählter inhaltlicher Rahmen. Die engagierte und akzentuierte Vortragsweise des Autors macht es dem Publikum leicht, ihm auf weitere Etappen auf dem Kolonnenweg zu folgen, z.B. nach Judenbach und Sonneberg, wo ein „eigenwilliger Verkehrsregulierer“ nach zunächst undurchschaubaren Kriterien ortsunkundigen Autofahrern Orientierungshilfen gibt oder vorenthält. Auch an diesem Beispiel zeigt der Autor, wie der heutige Alltag noch immer geprägt ist von Erfahrungen vor der Grenzöffnung.

Am Point Alpha schließlich – 40 Kilometer vor Vacha - trifft sich Scherzer mit Günter Wallraff für die gemeinsame Fortsetzung der restlichen Wanderstrecke. Hier weckt ein Zitat von Wolf Biermann („Ich möchte am liebsten weg sein / und bleibe am liebsten hier.“) auf einer Tafel zwischen all den militärischen Relikten für beide ganz besondere Erinnerungen an die Zeit vor 1989.

Scherzer rundet seine Lesung mit einem Auszug aus einem neueren Werk ab (Stürzt die Götter vom Olymp. Das andere Griechenland, Aufbau-Verlag, Berlin 2014) und stellt sich anschließend den Fragen aus dem Publikum. Der Bitte um ein abschließendes Fazit aus seinen zahlreichen Begegnungen entlang der thüringischen Grenze kommt Scherzer bewusst nicht nach. Er sieht sich als beobachtender, beschreibender, aber nicht wertender Autor, der sich jeder einseitigen Einteilung in „typisch Ost – typisch West“ verweigert.

U. Gellermann charakterisiert Scherzer in einer Rezension zu der Langzeitreportage „Immer geradeaus. Zu Fuß durch den Osten Europas“ (Aufbau Verlag, Berlin 2010) folgendermaßen: „… er geht, von Gespräch zu Gespräch, von Begegnung zu Begegnung. Und während er so mit den Leuten, die er trifft, Gedanken austauscht, bewegt er sich und seine Leser.“ Diese Erfahrung konnte auch das Publikum im vollbesetzten Lesesaal der HLB machen. (Margit Engelbertz) +++ 


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