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Der Fuldaer Hans von Specht hat in den vergangenen Jahrzehnten eine riesige Film- und Theater-Sammlung angelegt.... - Fotos: Carina Jirsch

FULDA Kann die Stadt helfen? - Bilderserie

Film- und Theater-Sammlung des Hans von Specht sucht neues Domizil

27.12.16 - Eine mannshohe, dichte Hecke rund ums Haus lässt an Fort Knox erinnern. Dahinter ist bestimmt ein Schatz verborgen. Wir nähern uns der Klingel, auf der „Hans von Specht. Theater- und Konzertdirektor a. D.“ steht. Selbiger hat uns bereits erwartet, begrüßt uns wie ein Gentleman der alten Schule, bittet herein, stellt die Dame des Hauses, Helga von Specht, vor und öffnet die Pforte zu seiner Schatzkammer. Diese ist aber nicht mit Gold und Juwelen gefüllt, sondern mit zigtausend Zeitungsartikeln, Autogrammen, privaten Korrespondenzen, Filmbildern und Andenken an hundert Jahre Film und Theater vornehmlich aus Deutschland. Natürlich darf auch ein Alfred-Hitchcock-Autogramm und der Grace-Kelly-Ordner nicht fehlen, um nur zwei internationale Beispiele zu nennen, denn da gibt’s noch viel, viel mehr zu entdecken.

Feierten am 22. Dezember ihren 55. Hochzeitstag: Helga und Hans von Specht. ...

Im Gespräch mit ON-Reporter Matthias Witzel.

Kater Carlo aus der Nachbarschaft.

Es ist vermutlich die größte Privatsammlung dieser Art in Deutschland, und an deren Beginn steht eine Liebesgeschichte. Na ja, eigentlich sind es zwei. „Ich bin Jahrgang 1938, und mit elf habe ich angefangen Autogramme zu sammeln“, erinnert sich der gebürtige Fuldaer. Als Hans von Specht seinen ersten Film mit der schwedischen und schwer erotisch angehauchten Schauspielerin Zarah Leander gesehen hatte, war es um ihn geschehen. Mit 14 dann saß er zufällig bei einer Bahnfahrt neben einem Mädchen, die Helga hieß. Man kam ins Gespräch über Filme und Schauspieler, und es stellte sich heraus, dass Helga im Besitz eines Autogramms war – ausgerechnet von Zarah Leander. Da funkte es zwischen den beiden. Heute sind Hans und Helga von Specht 55 Jahre verheiratet und vermitteln im ON-Gespräch immer noch das Bild von zwei etwas in die Jahre gekommenen, frisch verliebten Backfischen.

Der junge Hans von Specht mit seinem Idol Zarah Leander.

Die schwedische Schauspielerin ist gewissermaßen die Keimzelle der Sammlung. ...

Bei einem Fan-Treffen in München lernte der junge Film-Narr sein Idol persönlich kennen. „Ich wollte Zarah galant einen Handkuss geben, schmatze ihr aber nur unbeholfen auf den Handrücken.“ Die Diva erwiderte generös: „Hänschen, das müssen wir üben.“ In der Folge entwickelte sich eine langjährige Fan-Bekanntschaft, und die lebenslustige Leander ließ sich dann und wann vor ihren Auftritten einen Schwenker Cognac von Hans von Specht mit dem Beisatz „Sei nicht zu sparsam, Hänschen“ servieren.

Hans von Spechts beruflicher Werdegang war immer eng mit der Schauspielerei verbunden, „auch wenn ich diesen Beruf leider selbst nie ergriffen habe“. Schon als 15-Jähriger ließ er sich für die Thomas-Mann-Verfilmung „Königliche Hoheit“, die in Fulda gedreht wurde, als Mädchen für alles einspannen. „Ich bekam 25 D-Mark am Tag, das war damals sehr viel Geld.“ Nach einem Volontariat bei der Fuldaer Volkszeitung schrieb er als Kulturberichterstatter viele Theater- und Musikkritiken und erlangte schnell bei den Künstlern den Ruf eines kompetenten, fairen und vertrauenswürdigen Kritikers: „Die Inge Meysel habe ich einmal verrissen. Die wollte dann – wie es so ihre Art war – genau wissen warum. Sie saß hier bei uns im Haus und wir haben darüber geredet.“ Kein Einzelfall: Dutzende Größen des deutschen Films und des Theaters waren bei von Spechts zu Gast (Fotos belegen dies) „und haben meinen Weinkeller leer getrunken“. Dass in diesem Zusammenhang auch der Name Harald Juhnke fällt – nun, ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Mochte Hans von Spechts Weinkeller: Harald Juhnke.

Das Gästebuch der Theater-Kneipe "Bierbrunnen".

Helga und Hans von Specht bei der Arbeit.

Inge Meysel hatte die Idee, das die von Spechts eine Theater-Kneipe eröffnen sollten. ...

Die Meysel war es auch, die Hans von Specht eine neue berufliche Zukunft aufzeigte, als die Fuldaer Volkszeitung 1974 geschlossen werden musste: „Mach doch mal eine richtig schöne Theaterkneipe auf.“ Der Rest ist Fuldaer Kulturgeschichte. Der „Bierbrunnen“ in der Kronhofstraße war über 20 Jahre lang „der“ Treffpunkt der Schauspieler nach ihren Auftritten in Schlosstheater und Orangerie. Unvergessen die großen Schwarzweiß-Fotos in der Deckenvertäfelung und die leckeren Pizza- und Zwibbelsploatz-Stücke, die Helga von Specht in der Küche zubereitete, während ihr Mann zu den Klängen alter UFA-Schlager den Dienst an der Rundtheke übernahm.

Damals schon: "Vegetarische Gerichte".

1987 trat Hans von Specht als Zarah-Leander-Experte in der Quiz-Show "Alles oder nichts" ...

Heiner Lauterbach, noch mit Haaren.

Das Gästebuch von damals liest sich wie das „Who is who?“ der deutschsprachigen Schauspiel-Elite der 1970er, 80er und 90er Jahre: Will Quadflieg, Helmuth Lohner, Charles Regnier, Karl Walter Diess, Paul Dahlke, die junge Jutta Speidel … „Selbst Günter Grass war da“, erinnert sich Helga von Specht. „Der ist nachts noch mit zu uns nach Hause gekommen. Da musste aber die Polizei auf der Straße Wache schieben.“

Helga von Specht

Hans von Specht

Parallel zur Arbeit im „Bierbrunnen“ machte sich von Specht in Fulda auch als Theater- und Konzertveranstalter einen Namen. Einen beruflichen Herzenswunsch konnte er sich freilich nicht erfüllen. „Ich habe mich einmal als Leiter des Schlosstheaters beworben, wurde aber abgelehnt.“ Und das, obwohl er prominente Fürsprecher hatte. So existiert unter anderem ein Brief, in dem der große O. W. Fischer Hans von Specht als den geeignetsten Mann für diesen Posten erklärte. Eine besonders innige Beziehung hatten die von Spechts zu Lil Dagover, die in „Königliche Hoheit“ die Gräfin gespielt hatte und die Patentante von Sohn Mirco von Specht wurde. Viele Andenken an den Film-Star schmücken heute das Wohnzimmer: Film- und Fernsehpreise, Hollywood-Verträge sowie eine Wachsbüste.

"Deutsches Schauspieler-Archiv".

Die Treppe zu "Omas Kartoffelkeller".

Heinz Rühmann

Das Gros der Sammlung findet sich aber nicht dort, sondern in „Omas Kartoffelkeller“, wie von Specht scherzt. Eine schmale Treppe führt hinab, und hunderte von gerahmten Autogramm-Karten hängen dicht an dicht an den Wänden: Heinz Rühmann, Hans Moser, Theo Lingen, Jopie Heesters, Marlene Dietrich, Marika Rökk – es ist, als würde man hinabsteigen in die gute, alte Zeit der Schauspiel-Giganten. Unten im Archivraum lagern zirka 1300 Groß-Aktenordner, in denen ganze Karrieren dokumentiert sind, nicht nur von Stars, sondern auch von wichtigen Nebendarstellern und Emigranten. Komplettiert wird die Sammlung von einem kleinen, urig eingerichteten Heimkino, in dem die von Spechts zusammen mit Kater Carlo aus der Nachbarschaft regelmäßig Videos oder DVDs anschauen. Im „kleinen“ Heimkino stehen übrigens knapp 25.000 Film-Titel zur Auswahl.

Im Archivraum

Seine Freude am Sammeln erklärt von Specht ganz lapidar: „Ich bin immer ein Kind geblieben.“ Heute freilich ist er 78 und macht noch einen sehr fitten Eindruck, dennoch treibt ihn die Frage um, was mit dem Archiv, das eine lückenlose Enzyklopädie des Schauspiels des vergangenen Jahrhunderts darstellt, einmal werden wird. „Ich könnte sie dem Filmmuseum Frankfurt oder Babelsberg anbieten. Aber mir wäre es am liebsten, wenn die Sammlung der Öffentlichkeit in Fulda dauerhaft erhalten bliebe. Ich baue darauf, dass die Stadt deren Wert erkennt und sie einer adäquaten Nutzung in welcher Form auch immer zuführt. Und ich hoffe auf Sponsoren, die ein solches Unternehmen mittragen.“ (Matthias Witzel) +++

Im Heimkino mit Kater Carlo.

Impressionen aus Hans von Spechts riesiger Film- und Theater-Sammlung.

Götz George

Heinrich George

Audrey Hepburn

Klaus Kinski


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