Brustkrebs mit 25, alleinerziehend & Kreisjobcenter streicht die Unterstützung

30.12.16 - Wenn Christina Witzel in die Zukunft blickt, hat sie Angst. Um ihre Gesundheit, ihre Tochter Emma-Su und ihre gemeinsame Existenz. Die 26-jährige, alleinerziehende Mutter erkrankte 2015 an Brustkrebs und überstand Operation, Chemotherapie und Bestrahlung. Als selbstständige Tagesmutter konnte Christina Witzel vor ihrer Erkrankung ein erfülltes Leben führen - seit der Krebsdiagnose muss sie schauen, wie sie ihre kleine Familie über Wasser hält. Vom Kreisjobcenter bekommt sie nur 9,44 Euro Unterstützung.

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Christina Witzel schaut nachdenklich in die Zukunft Fotos: Julius Böhm

Der Grund dafür: Als Selbsständige hat die Tagesmutter für ihre Zukunft vorgesorgt und eine Versicherung abgeschlossen, die ihr unter die Arme greift, sollte sie aus Krankheitsgründen für längere Zeit ausfallen. "Wer hätte schon gedacht, dass ich mit 25 Jahren die Diagnose Krebs bekomme?", so die 26-Jährige. Doch nicht nur Krebs wird diagnostiziert. Christina Witzel trägt den Gendefekt BRCA1, auch Brustkrebsgen genannt, in sich. Eigentlich soll das Gen Tumore verhindert. Bei ihr ist es defekt. "Ich bin zwar mit meiner Erkrankung auf einem guten Weg, aber es kann ständig einer neuer Krebs ausbrechen."

Ganze 9,44 Euro bekommst sie an Sozialleistungen - so sieht es das Sozialgesetzbuch ...

Töchterchen Emma-Su (6) hat sie während der Therapie unterstützt

Die kleine Familie schaut trotz allem voll Zuversicht in die Zukunft

Die Zusatzversicherung greift ihr mit 20 Euro am Tag unter die Arme. Zusammen mit Kindergeld und Unterhalt kann die kleine Familie die Wohnungsmiete und das Nötigste stemmen. "Aber ohne meine Ersparnisse und die Unterstützung meiner Familie wüsste ich nicht, wie wir über die Runden kommen sollen." Denn durch die Zusatzversicherung hat Christina Witzel keinen Anspruch mehr auf weitere Sozialleistungen. Nur eben auf die 9,44 Euro.

"Die Anrechnung von Versicherungsleistungen, unabhängig ob öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Art (Krankengeld/Tagegeld) sieht der Gesetzgeber nach dem Sozialgesetzbuch II vor", erklärte Dorit Heydenreich, Pressesprecherin des Kreisjobcenters. Demnach seien dem Kreisjobcenter die Hände gebunden. Man befinde sich im Dialog. "Inzwischen wurde mir auch eine krankenversicherung zugesichert. Letztlich geht es mir ja gut, ich habe eine Wohnung und komme zurecht, aber die Art und Weise, wie man mit kranken Menschen umgeht, ist eine Katastrophe", sagte Christina Witzel.

Mit der Krebsdiagnose begann sie Anfang 2016 ihren Blog "Mein Leben mit Brustkrebs" auf Facebook. Es geht um den Umgang mit der Diagnose Krebs, dem zuversichtlichen Blick in die Zukunft und den Alltagsproblemen, die auf einen Patienten warten. Auch das Behörden-Wirrwarr wird heftig diskutiert. (Julius Böhm)

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