Pressesprecher Hans-Walter Böcher geht - Weil er zu kritisch ist?

25.01.17 - Hans-Walter Böcher, Pressesprecher des Handball-Landesligisten TV Alsfeld, ist zurückgetreten. Es gab Differenzen mit den Spielern. Hat Böcher diese zu sehr kritisiert?

Ein Pressesprecher, der kein Blatt vor den Mund nimmt? Das gibt es in der heutigen Zeit eigentlich nicht mehr. Die allermeisten Vertreter der Sportvereine für die Öffentlichkeitsarbeit beschönigen, beschwichtigen, suchen oft Ausflüchte für schwache Leistungen. Nur nicht zu kritisch mit den eigenen Spielern sein, lautet oftmals die Devise. Für Hans-Walter Böcher ist das nichts. Der 68-Jährige ist Pressesprecher des Handball-Landesligisten TV Alsfeld.

Besser gesagt: Er war Pressesprecher der Alsfelder. Denn am Montag trat Böcher von seinem Amt zurück, das er erst zu Beginn dieser Saison übernommen hatte. Weil er zu kritisch mit den eigenen Spielern umgegangen war? Fakt ist: Hans-Walter Böcher sparte in seinen Berichten über die Spiele des Landesligisten nicht mit Kritik, legte die Finger in die Wunden. „Ich schreibe so, wie ich das denke und lasse mich nicht verbiegen“, sagte Böcher, der jahrelang für die Oberhessische Presse und die Gießener Allgemeine Zeitung Sportberichte schrieb, am Dienstag im Gespräch mit ON|Sport.

Den eigenen Spielern waren Böchers Sätze über die Alsfelder Leistungen wohl zu herb. Seit längerem gab es im Hintergrund daher Konflikte innerhalb der Abteilung. Das Fass zum Überlaufen brachte die Begegnung am Wochenende gegen den Eschweger TSV, als die Alsfelder einen Vorsprung von neun Treffern verspielten. Mit deutlichen Worten prangerte Böcher die Leistung der Spieler von Janos Zinn im zweiten Durchgang an. Er fand aber auch lobende Worte für die Vorstellung im ersten Abschnitt, in dem die Alsfelder sich den scheinbar sicheren Vorsprung erspielten.

Böcher: „Ich habe niemanden persönlich attackiert“

„Auch gegen Wehlheiden habe ich die Mannschaft über den grünen Klee gelobt“, betont Böcher und will von einer zu kritischen Beurteilung der Alsfelder Spieler nichts wissen. „Warum soll ich denn etwas schönreden?“, entgegnete der 68-Jährige und hält fest: „Ich habe nie jemanden persönlich angegriffen, sondern bin sachlich geblieben.“

Bei den meisten Spielern des TVA kamen seine Artikel jedenfalls nicht gut an. Auf der Facebook-Seite des Landesligisten wurde rege über den Bericht des Eschwege-Spiels diskutiert. „Ich finde diesen Artikel gar nicht "nett". Aber wir kriechen weiter unseren Gegnern in den A....!! Es ist wie so oft, die Ex-Spieler und Ex-Trainer bekommen eine sehr gute Presse, die eigene Mannschaft - egal wie - nicht. Traurig aber wahr!!!“, echauffierte sich beispielweise Torwart Sebastian Krause.

Selbst ehemalige Spieler schalteten sich in die Debatte ein. Mike Decher, letzte Runde noch im Alsfelder und jetzt im Großenlüderer Tor, schrieb: „Ich möchte anmerken, dass die Berichte aus Alsfeld bei anderen Vereinen als das Highlight des Wochenendes gesehen werden - und das meine ich nicht im Guten. Es geht auch nicht darum, wie Alsfeld gespielt hat, sondern wie die Alsfelder wieder einmal vom eigenen Pressewart runtergemacht werden.“

Spieler zeigt Verständnis

Es gibt aber auch Spieler, die mit der Berichterstattung von Hans-Walter Böcher einverstanden waren. „Natürlich sind die Texte oftmals knackig formuliert, aber es steckt auch Wahrheit dahinter. In erster Linie müssen wir uns für unsere Leistungen an die eigene Nase fassen“, sagte etwa ein Spieler, der seinen Namen nicht in den Medien lesen möchte.

Ähnliche Worte gibt auch Hans-Walter Böcher von sich. „Wenn ich vor der Saison das Ziel ausgebe, oben mitzuspielen und dann nur auf Platz neun liege, muss ich damit umgehen können“, mahnte der 68-Jährige an. Denn die Alsfelder liegen weit hinter den eigenen Erwartungen zurück. Nun kommt zu der sportlichen Schieflage noch die Debatte um Hans-Walter Böcher. In Alsfeld brennt der Baum. (Tobias Herrling) +++