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"Holzwurm" Kurt repariert den Schrank der "Kundin" - Fotos: Suria Reiche

FULDA Im Repaircafe die Welt besser machen

Nachhaltigkeit leben: Ein Abend in der Erneuer:Bar

Öffnungszeiten der Erneuer:BarDienstags von 16 bis 22 Uhr mit den Themen Textil, Holz und Elektronik/Mechanik Mittwochs von 14 bis 18 Uhr im Bereich IT und Computer.

02.02.17 - "Der hat aber auch schon mal bessere Zeiten gesehen", sagt Kurt Jacob und rüttelt an der Rolltür des kleinen Schranks, der vor ihm auf der Werkbank liegt. Aber dass die sich wieder richtig hoch- und runterschieben lässt, kann man hinbekommen, daran hat der Rentner keine Zweifel. "Vielleicht tut es ja schon ein bisschen Kerzenwachs." Ein Tipp, den man wohl von keinem Handwerker bekommen würde, der Geld mit seinen Leistungen verdienen will. An einer Entlohnung ist hier in den Räumen der "Erneuer:Bar" in der Fuldaer Langebrückenstraße jedoch keiner interessiert. Im Mittelpunkt stehen andere Dinge: Nachhaltigkeit, Umweltbewusstsein und Zusammensein.

Vor einigen Jahren hat Christian Schmitt mal einen Artikel gelesen, in dem es um ein solches Repaircafé ging. "Parallel dazu habe ich selbst immer bei Bekannten technische Geräte repariert und fand die Idee einfach toll, dass man sich so gegenseitig helfen kann", sagt der Jugendbildungsreferent des Jugendwerks der AWO Nordhessen. Also stellte er einen Projektantrag bei der "Aktion Mensch". Auch Fulda sollte einRepaircafé haben. Der Antrag wurde bewilligt, und am 1. Mai 2016 begannen die Vorbereitungen in den Räumen in derLangebrückenstraße 14. Knapp vier Monate später konnte sie dann eröffnen: die "Erneuer:Bar". 

Helen, die Korrdinatorin des Projekts "Erneuer:Bar"

Ulli

Spenden werden hier in der Erneuer:Bar nicht erwartet, aber wenn etwas Geld in die Dose ...

 
Am Dienstagnachmittag herrscht bereits buntes Treiben in der Werkstatt des Repaircafés: Kurt Jacob hantiert mit Werkzeug und Leim an dem Schrank, den vergangene Woche eine Kundin vorbeigebracht hat. "Ich hab' ihn im Büro meines Vaters gefunden und mitgenommen. Jetzt ziehe ich gerade um und habe gemerkt, dass der Schrank wohl kaum noch einen weiteren Umzug überleben würde. Also hab' ich ihn hierher gebracht", erzählt die 25-jährige Besitzerin des Möbelstücks. Nun hofft sie, dass der Holzwurm - so wird Kurt Jacob hier in der Erneuer:Bar genannt - ihn wieder reparieren kann. Er ist einer von acht Repairern, die hier jeden Dienstag und Mittwoch am Werk sind. Sie helfen den Leuten, die kommen, beim Nähen, Werkeln, bei IT-Fragen und beim Reparieren von Elektro-Artikeln. Letztere sind übrigens das, was bisher am meisten nachgefragt wird. "Die Leute können mit allem kommen, was einen Stecker hat", sagt Projekt-Koordinatorin Helen.
 

Seitdem sie im Oktober angefangen hat, im Repaircafé des Jugendwerks der AWO zu arbeiten, war bei jedem Termin jemand da. "Es gab keinen Tag, an dem wir hier auf Besucher warten mussten." Ein Indiz dafür, dass der Nachhaltigkeitsgedanke, den Christian Schmitt damals beim Lesen des Spiegel-Artikels hatte, ankommt. "Ich finde die Idee toll", sagt auch die Schrank-Besitzerin, "das Möbelstück ist ja bis auf Kleinigkeiten noch gut, dann kann ich es doch nicht wegschmeißen." Als Kurt das hört, lacht er und sagt: "Meinen Ehepartner schmeiß' ich ja auch nicht gleich weg, nur weil mir eine Kleinigkeit nicht passt." Recht hat er, findet auch der 66-jährige Ulli, der im Café-Bereich gerade bei einer Tasse Tee die Volt-Zahl eines alten Akkus prüft. "Es ist schade, dass viele Leute immer alles neu kaufen und das alte wegschmeißen." Umso erfreuter war Ulli, als er vor einiger Zeit auf eine Anzeige der Erneuer:Bar stieß. Hier traf er auf Gleichgesinnte. Menschen, die sich gegenseitig helfen und alten Dingen noch eine Chance geben.

 
Nur manchmal, da kapitulieren sogar die Repairer. Zum Beispiel dann, wenn die Ersatzteile teurer wären, als wenn man sich ein ganz neues Gerät kaufen würde. "Das muss ja dann nicht sein", sagt Ulli. Aber das beschriebene Szenario kommt selten vor. Meist gehen die Besucher der Erneuer:Bar mit einem Gegenstand nachhause, der auf einmal wieder funktioniert - und noch dazu mit einer großen Portion neuem Wissen. "Am besten ist es, wenn die Besucher den Gegenstand gemeinsam mit den Fachleuten reparieren", erklärt Helen die Idee, "denn dann können sie es beim nächsten Mal vielleicht sogar selbst in die Hand nehmen." Und so die Welt ein Stück weit besser machen. (Suria Reiche) +++

Fotos (3): Erneuer:Bar


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