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FULDA "Ganz oben auf dem Affenfelsen“

Bombenstimmung im Schlosstheater: Kabarett mit Sebastian Pufpaff

05.02.17 - Nomen est omen. Und da der Nachname Pufpaff auf hanseatische Schwarzpulverhändler zurückzuführen ist, herrschte am Freitagabend im vollbesetzten Schlosstheater eine Bombenstimmung. Oder anders gesagt: Sebastian Pufpaff sorgte beim Publikum für eine Mords-Gaudi. Und das obwohl sich kein einziger Zuschauer selbst in die Luft gesprengt hatte, wie der Kabarettist am Show-Ende feststellte. (Selbstmordattentäter waren nämlich eines der Themen des Programms.) Stattdessen gab es Lachsalven noch und nöcher.

Der 40-Jährige ist bestens gelaunt, als er geschniegelt vom mit der Axt gezogenen Scheitel bis zu den Sohlen seiner Turnschuhe die Bühne betritt. Er würdigt das Ambiente des Zuschauerraumes und animiert das Publikum zu einem Sonderapplaus "für die tolle Crew im Schlosstheater“. Mit dieser habe er vor der Veranstaltung zusammengesessen und gefragt: "Wie nennt ihr euch hier in Fulda?“ Der eine Bühnenarbeiter habe "Fuldaer“ geantwortet, ein anderer "Fuldarer“. Nach Pufpaffs Vorschlag "Fuldisten“ habe man sich schließlich auf "die Leute aus Fulda“ geeinigt. Dieses Intro spielte sich in den ersten zwei Minuten des zweistündigen Abends ab, und damit hatte Sebastian Pufpaff das Fuldaer Publikum fest am Haken, zumal er sich zu der geschmeichelten "Erkenntnis“ verstieg: "Sie im Saal, die heute ein Kabarett besuchen, sind die Schlauen in der Gesellschaft.“ Der Rest des Abends war ein Selbstläufer.

Wobei Pufpaff von vorne herein eines klarstellte: "Wir machen heute kein klassisches Kabarett, sondern eher so eine Art Stuhlkreis, in dem wir uns ein bisschen aufregen können.“ Er als Kabarettist sei der Schlimmste von allen: "Ich bin der größte Rassist vor dem Herrn, der Trick dabei ist, dass man alles nicht leiden darf.“ Damit sei man klar im Vorteil gegenüber konservativen Rassisten, die sich immer nur eine einzige Gruppe von Minderheiten herausgreife.

Und so wird der Abend zu einem Rundumschlag gegen Romantik-Hotels, gegen das Meerschweinchen mit dem Körper unten dran (welchen US-Präsidenten könnte er wohl damit gemeint haben?) oder gegen die Service-Wüste Deutschland, wo man sich stets eine "Kolerik to go“ abholen könne. Lothar Matthäus nennt er in einem Atemzug mit dem dummen Strudelwurm, und mit dem "Bachelor“ sei das deutsche Fernsehen "ganz oben auf dem Affenfelsen“ angekommen. Trotz aller Aufreger-Themen sei dennoch alles irgendwie gut. "Wenn die Polkappen schmelzen, haben die Leute in Afrika wenigstens etwas zu trinken.“ Pufpaff selbst habe sich fest vorgenommen, etwas gegen die Schere zwischen Arm und Reich zu unternehmen: "Ich miete mir zum Beispiel manchmal am Wochenende die S-Klasse und fahre durch soziale Brennpunkte, damit die Leute mal was zu sehen kriegen.“

Es ist nicht nur der textliche Inhalt, der das Publikum ein ums andere mal zum sich Schlapplachen bringt, sondern auch die Art, wie Pufpaff diesen transportiert. Bei besonders guten Gags reckt er demonstrativ den Facebook-Daumen in die Höhe, und sein Gummigesicht ermöglicht eine aberwitzige Mimik. Zwar kommt auch er nicht ohne "das Alltagsthema Sex“ aus ("Das geht doch mittlerweile bei euch Katholiken in Fulda, oder?“), das zentrale Thema des Abends ist freilich die Fremdenfeindlichkeit hierzulande. Der Höhepunkt des Programms ist eine bitterböse Satire auf Alt-Nazis, die dumpf gegen Ausländer hetzen. Pufpaff redet sich minutenlang so dermaßen in Rage, dass es ganz still im Publikum wird. Was auch dem Entertainer nicht entgeht: "Da weiß man plötzlich nicht mehr, ob man lachen oder grüßen soll, nicht wahr? Das geht auf die Stimmung.“ Kein Problem: Ein Achsel-Furz, und schon ist die gute Laune wieder hergestellt.

Das Ergebnis des therapeutischen Stuhlkreises, der mit dem Titel "Auf Anfang“ überschrieben ist, war die Erkenntnis, dass es der Gesellschaft schlicht und ergreifend an Gelassenheit fehle: "Kommen Sie doch mal runter, und regen Sie sich nicht so auf. Wie schön wäre es doch, wenn wir unsere Gehirne formatieren und auf Null stellen könnten. Wir wären wieder vorurteilsfrei und sähen die Welt so wie sie wirklich ist.“ Donnernder Applaus im Haus. (Matthias Witzel)


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