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REGION Die MITTWOCHS-KOLUMNE

WIELOCH schreibt an (24)… unsere Polizei mit 22 Millionen Überstunden

Zur Person:In „Wieloch schreibt an“ richtet sich Jochen Wieloch (40) immer mittwochs in einem persönlichen Brief nicht nur an regionale Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Sport oder Kultur, sondern auch an Menschen des Alltags, die in den Tagen zuvor besonders aufgefallen sind und für positive oder negative Schlagzeilen gesorgt haben. Bei der Kolumne handelt es sich um eine Mischung aus Kommentar und Portraitierung, in der Jochen Wieloch mal sachlich, mal emotional lobt, kritisiert und bei Bedarf auch ordentlich Dampf ablässt. Der Petersberger kennt sich in den Medien Print, TV und Internet bestens aus und ist unter anderem als Spezialist für Unterhaltungs-elektronik gefragter Autor für zahlreiche Verlage, Magazine und Fachzeitschriften. Neben dem ZDF, 3sat und dem Bayerischen Rundfunk arbeitete der Germanist unter anderem auch für die Motor Presse in Stuttgart und auto-tv in München.

08.02.17 - Liebe Polizei,
für mich sind Sie noch Freund und Helfer, Schutzmänner und -frauen, Ordnungshüter, Respektspersonen. Ich erinnere mich an meine TKKG-Bücher. Am Ende nahmen Sie immer Falschmünzer, Feuerteufel, Hunde-Diebe und die Makler-Mafia fest. Im Großstadtrevier im Ersten jagen Sie seit mehr als 30 Jahren „große Haie“ und „kleine Fische“. Hier wird gefahndet. Ermittelt. Observiert. Klassische Polizeiarbeit eben. Für viele von Ihnen ist das wahrscheinlich längst vergangene Polizei-Romantik.

Ihre Kriminellen von heute kennen keine Spielregeln mehr. Die Hemmschwelle ist niedriger als die Schneedecke Ende Mai auf der Wasserkuppe. Es gibt keine. Frankfurt und Dortmund am vergangenen Wochenende: Ihre Widersacher sind völlig enthemmte Chaoten, Hooligans, Idioten, Randalierer, die alles kurz und klein schlagen. Pflastersteine und Leuchtraketen fliegen Ihnen entgegen. Blanker Hass und rohe Gewalt. Und Sie halten Ihre Köpfe hin, lassen sich bespucken, beschimpfen, verprügeln. Wenn es sein muss zu jeder Tages- und Nachtzeit. An Silvester aus Angst vor sexuellen Übergriffen. An Halloween, weil die Horror-Clowns durchdrehen. Was für ein Knochenjob. Respekt? „Bulle“ ist für Sie wahrscheinlich schon fast eine Liebkosung.

Liebe Gesetzeshüter, 22 Millionen Überstunden haben Sie im vergangenen Jahr angesammelt. Knapp zwei Millionen davon gingen auf das Konto der Bundespolizei. An unseren Grenzen ist die Hölle los. Die Flüchtlingskrise bringt Ihre Stundenzettel zum Glühen. Dazu kommt die Terror-Gefahr. Sie patrouillieren an Bahnhöfen und auf Flughäfen. Vereinsamte Koffer lösen Großeinsätze aus. Das Schlimme trotz Ihrer Dauereinsätze: Unser persönliches Sicherheitsempfinden wird nicht größer. Sie können sich schließlich nicht zerreißen. Und mit der zunehmenden Internetkriminalität wartet bereits die nächste Herkulesaufgabe auf Sie.

Ihre Gewerkschaft hat es ausgerechnet: Die Zahl Ihrer Überstunden entspricht der Arbeitskraft von 9.000 Polizeibeamten in den Ländern und 900 im Bund. Mit zu wenig Personal stehen Sie nicht alleine da. Pfleger, Ärzte, Paketboten können ebenfalls ein Liedchen davon singen. Aber Sie haben noch ein zweites Problem: Die Bewerberzahlen bei der Polizei sind massiv rückläufig. Es gibt attraktivere Jobs. Und die hieraus resultierenden Forderungen sind bekannt und nicht Polizei-spezifisch: bessere Bezahlung, bessere Ausstattung, bessere Arbeitsbedingungen, geregeltere Arbeitszeiten. Das wollen fast alle Angestellten.

Meine Horrorvorstellung sind übermüdete, unterbezahlte und lustlose Polizisten, die mich nur mit Taschenlampe und veraltetem Funkgerät beschützen. Meinen Freunden wünsche ich das Beste. Liebe Polizei, Sie sind mein Freund und Helfer.

Mit herzlichen Grüßen



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