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GERSFELD Kreis kündigt Mietvertrag

Bewohner der Flüchtlingsunterkunft müssen gehen - wohin, weiß keiner

14.02.17 - Mit traurigen Gesichtern laden am Montagmorgen 30 Hausbewohner der Flüchtlingsunterkunft Gersfeld ihr Hab und Gut in einen Bus ein. Wohin die Reise geht? Weiß keiner. Fest steht nur, die Menschen müssen ihr Zuhause, das Aparthotel Horizont, verlassen. Wie der Landkreis Fulda auf Nachfrage von OSTHESSEN|NEWS erklärt, wurde der Unterbringungsvertrag mit dem Betreiber der Unterkunft mit sofortiger Wirkung gekündigt. Die Bewohner werden am Montag und Dienstag auf andere Einrichtungen im Landkreis verteilt. Derzeit leben dort 108 Menschen - davon 34 Kinder.

Fotos: Julissa Bär

Grund für die Kündigung seien gravierende Vorfälle und massive Vertragsverletzungen des Betreibers. Eine Fortsetzung des Mietvertrags sei aus Sicht des Landkreises nicht länger zumutbar, heißt es. Hygieneprobleme, Probleme mit Ungeziefer und ungenaue Abrechnungen wirft der Landkreis dem Vermieter vor. Zudem habe er Vertragspartner keinerlei Anzeichen für eine Verbesserung der gegenwärtigen Situation erkennen lassen. Der Landkreis sei für die ordnungsgemäße Unterbringung der ihm zugewiesenen Menschen verantwortlich. Da der Betreiber seiner Verantwortung offensichtlich nicht gerecht werde, sei er zum Handeln gezwungen gewesen. 

Bei etwa der Hälfte der Bewohner, die sich gegenwärtig in der Einrichtung befinden, handele es sich um bereits anerkannte Flüchtlinge. Personen mit diesem Status seien nicht mehr dazu verpflichtet, in einer Flüchtlingsunterkunft zu wohnen, sondern haben auch die Möglichkeit, sich auf dem freien Wohnungsmarkt zu orientieren.

Der Landkreis Fulda prüft gegenwärtig, inwiefern die in Gersfeld bewährte ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit auch an anderen Standorten fortgesetzt werden kann. Hierzu soll es Gespräche mit den ehrenamtlich Engagierten geben, wie Landrat Woide am Montag ankündigte.

Die Bewohner und Ehrenamtliche des Freundeskreis ASYL Gersfeld machten auf sich aufmerksam ...

Dr. Friedrich Martiny

Die Unterkunft Aparthotel Horizont

Unverständnis beim Hausbesitzer

"Wir haben durch Boten am Donnerstag die fristlose Kündigung bekommen", erklärt Rainer Lamm, Betreiber des Aparthotel Horizont: "Das war nicht angekündigt, wir waren sehr überrascht. Wir verstehen hier die Verantwortlichen nicht. Es geht um viele Familien und Kinder." Ein Großteil der Menschen habe eine Anstellung in Gersfeld gefunden und es geschafft, sich zu integrieren. "Jetzt sind die Schicksale ungewiss." Die Hausbetreiber selbst hätten von dem Abholtermin am Montag nichts gewusst. "Über diese Vorgehensweise sind wir sehr überrascht. Zumal die Menschen nicht einmal wissen, wohin sie gebracht werden." 

Den Hausbewohnern gehe es sehr schlecht. Die Leute seien zu Lamm gekommen und hätten gefragt, ob sie böse waren. Den Grund warum sie nun gehen müssen, hätten sie nicht verstanden. "Die meisten wollen hier nicht weg. Die ganzen Familien fühlen sich sehr wohl." 

Jürgen Stock, Fachbereichsleiter beim Amt für Arbeit und Soziales, und Landrat ...

Randalierender Somalier ein Grund?

Lamm vermutet, dass ein Somalier, den er vor die Tür setzten musste, Grund für die Kündigung war. "Ende Juni gab es Gespräche mit dem Landkreis. Man hat uns einen jungen Mann empfohlen." Der Asylbewerber habe ein Zimmer in Gersfeld benötigt, welches ihm von Lamm im Aparthotel zur Verfügung gestellt wurde. "Von Seiten des Landkreises wurde jedoch nicht gesagt, dass er schon aus etlichen Einrichtungen rausgeflogen war und etliche Verfahren bei der Staatsanwaltschaft anhängig sind."

Mit Hilfe der Ehrenamtlichen verstauten die Bewohner ihr Hab und Gut

Der Somalier sei immer wieder auffällig gewesen, habe mit Feuerlöschern um sich geworfen, randaliert und zwei Großeinsätze der Feuewehr ausgelöst. "Er ist sogar mit einem Messer auf Hausbewohner losgegangen. So einen können wir hier im Haus, wo viele Familien mit Kindern untergebracht sind, nicht gebrauchen", sagt Lamm. Der Mann sei von der Polizei abgeholt worden und in die geschlossene Psychatrie eingewiesen worden. Nachdem er eine weitere Therapie verweigert habe, wollte der Hausbesitzer den Asylbewerber nicht mehr aufnehmen: "Wir haben nein gesagt und wochenlang vom Landkreis nichts gehört." 

Der Landrat erklärt dazu:"Man kann nicht eigenständig sagen, den einen, den mir der Landkreis Fulda schickt, nehme ich, den anderen nicht." Der Vermieter, hatte also eigentlich gar keine Entscheidungsgewalt in diesem Fall.

Kurzfristige Verlegung ist "unmenschlich"

Auch der Freundeskreis ASYL Gersfeld, der seit über drei Jahren die Bewohner begleitet und unterstützt hat, war am Montag vertreten. Mit einem großen Schild auf dem stand "Herr Landrat Woide: Menschen sind kein Frachtgut, das man KURZFRISTIG verschiebt!!!" protestierten die Ehrenamtlichen gegen dieses Verfahren. "Wir halten diese kurzfristige Verlegung für unzumutbar und unmenschlich", kritisiert Dr. Friedrich Martiny vom Freundeskreis. Die Kinder hätten nicht einmal die Möglichkeit gehabt, sich von ihren Kindergarten- und Schulfreunden zu verabschieden. "Die Bewohner waren vollkommen betroffen." Am Freitag seien viele Tränen geflossen. "Die Menschen werden aus ihrem sozialen Umfeld gerissen. Der Landkreis hält vollkommen dicht und sagt nicht, wo sie hinkommen. Jetzt müssen sie schauen, dass sie damit klar kommen", beklagt Martiny. (jb) +++


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