Familie Engel: Urgestein und Säule des Karnevals - BILDERSERIE

19.02.17 - Wer an die Anfänge des närrischen Treibens in Kerspenhausen (Ortsteil von Niederaula, Landkreis Hersfeld-Rotenburg) denkt, verbindet das mit Heinrich und Jutta Engel aus Erfurt, die den Karneval in ihrer neuen Heimat in den frühen 1970er Jahren mit lustigen Liedern und Witzen kräftig aufmischten. Damals organisierte der TSV die Faschingsabende in Sieberts Saal, die in Kerspenhausen so gut ankamen, dass sich 1975 die Vereine zusammenschlossen und 1977 gemeinsam die erste große Karnevalsveranstaltung auf die Beine stellten.

„Marmor, Stein und Eisen bricht – aber unser Karneval nicht“, lautet vierzig Jahre später das ausgegebene Motto. Am Samstag stürmten die Kerspenhäuser Karnevalsakteure die bunt geschmückte Arena im Bürgerzentrum und mittendrin und vorneweg Familie Engel, die in der dritten Generation nach wie vor zu den Säulen und den Urgesteinen des Kerspenhäuser Karnevals gehört.

Matthias, Peter und Florian Engel sind die singende „Engel-Family“

„Mein Vater war die Triebfeder“, erinnert sich Matthias Engel, seit 2000 Sitzungspräsident und Moderator der närrischen Veranstaltung. Inzwischen steht ihm Kronprinzessin Meike Herwig zur Seite. Das Programm wird traditionell durch die Tanzgarde der Vereinsgemeinschaft eröffnet, doch zum 40. Geburtstag gibt es vorab ein Geburtstagsständchen – von Marilyn Monroe höchstpersönlich vorgetragen. Dann geht es Schlag auf Schlag. Mit Büttenreden, Liedbeiträgen, Tanz- und Showeinlagen, der Staccato-Band (Achim Claus und Gerhard Hess) und DJ Frank wird die Stimmung angeheizt. Zur weiteren Erheiterung sorgt Matthias Engel, der gute Witze erzählt. Wie seinerzeit sein Vater.

„Die ohne Namen!“ Nachwuchskicker vom JFV Niederaula präsentieren Highlights der vergangenen vierzig Jahre. Eine tolle Idee, an Beiträge wie „Die jungen Tenöre“, die 2005 das Männerballett der Skigymnastikgruppe aufgeführt hat, oder den Ausflug der Landfrauen 1996 in die Sesamstraße zu erinnern. Insgesamt elf Kurzbeiträge haben die Mädchen und Jungen, die ab diesem Abend einen Namen (K 15) haben, auf Lager. Der „Viva Colonia Hitmix“, den 2007 die Engel-Family zum Besten gab, ist natürlich auch dabei. Auch in diesem Jahr treffen Matthias, Peter und Florian Engel den musikalischen Geschmack mit Liedern des Frohsinns wie „Du schaffst das schon“, „Tote Enten“ oder „Hulapalu“.

Bei der allerersten Faschingsveranstaltung der Vereinsgemeinschaft Kerspenhausen tanzte unter anderem die Damengymnastikgruppe des TSV, die von Jutta Engel geleitet wurde. Auch dieses Engagement bleibt in der Familie. Die 16-jährige Lucia Engel trainiert die Flashlights, die jüngste Gruppe, die im Kerspenhäuser Karneval auf der Bühne steht. Die zehn- bis zwölfjährigen Mädchen, die mit einem herzerfrischenden Auftritt begeistern, zählen zu den Hoffnungsträgern vieler weiterer Karnevalshöhepunkte. Tanzend mit von der Partie sind natürlich die Landfrauen. Als Minions aus Kerspenhausen ist ihre Bewegung eindeutig eingeschränkt, aber sie sind ein toller Hingucker in ihrer genialen Verkleidung, die „Handmade by Kerspenhäuser Landfrauen“ ist.

Den Kerspenhäuser Närrinnen und Narren fehlt es nicht an tollen Wortbeiträgen. Obwohl… Andreas Becker sagt kein Wort. „Sprachlos, aber glücklich“ hat er seinen Beitrag getitelt, der mit Pantomime, etwas Zauberei und singenden Topflappen begeistert. Da hatte Michael Grenzebach wesentlich mehr zu erzählen. Sein „Tupperabend für Männer“ gerät zum Fiasko, denn dort werden nicht 238 Tupperschüsseln präsentiert, sondern Dübel, Schaltafeln, eine Hilti und eine Schubkarre. Beim „Dübelabend“ darf ausprobiert werden. Der Durchbruch vom Bad ins Wohnzimmer, der Bauschutt auf der Treppe, der im Wohnzimmer verstreute Profizement und die benutzte Mörtel-Mischmaschine kommen bei der später heimkehrenden Frau des Hauses überhaupt nicht gut an.

Nach fünfjähriger Abstinenz haben sich Bitburgers Bernd (Nico Rausch) und Krombachers Karl (Dirk Hoffmann) endlich wieder aufgerafft, um über ihre tägliche Pilgerreisen in die Amboss-Bar zu berichten. Abstinent sind die beiden allerdings nicht, obwohl sie 100 Tage nüchtern waren, über die Jahre gesehen. „Marlies, ein Bit – ein Krom“, lautete mehrfach die Bestellung. Mit Klatsch- und Tratschgeschichten aus ihrem Dorf
erheitern sie sich nicht nur selbst, sondern auch die Kerspenhäuser im Saal.

Sehnlichst erwartet wurde die Ranzengarde, die in diesem Jahr „Marvin auf Brautschau“ präsentiert. Auch bei diesem Beitrag haben sich die Kerspenhäuser was einfallen lassen. Ein Lob an die Näherinnen Ingrid Reschke und Ute Thamer, die es schaffen, gestandene Männer in Amor und sein Gefolge zu verwandeln. Michael Grenzebach verkörpert das Objekt der Begierde, zum Schluss im roten Negligee. Da bleibt kein Auge trocken. „Best Movies by Inspiration and Friends“ zaubert zum krönenden Abschluss die Showtanzgruppe Inspiration auf die Bühne. Flashdance, Dirty Dancing, Fame, Grease, Fifty Shades of Grey wird tänzerisch mit Leidenschaft und Können präsentiert.

Auch wenn der Narhalla-Marsch zunächst wie Topfschlagen klingt und die Musik für die Zugabe mal abrupt endet, die Kerspenhäuser nehmen es gelassen. „Scheiß drauf“ stimmen sie bei solch kleinen Pannen fröhlich an und weiter geht’s. Bemerkenswert, was die Vereinsgemeinschaft, beflügelt von Engeln, Jahr für Jahr auf die Beine stellt. Ob vor, auf oder hinter der Bühne zum Beispiel als Aufbauhelfer und Kulissenbauer. Nicht zu vergessen die charmanten Sektboys, die die Verleihung der Orden prickelnd begleiten. In diesem Jahr hat die Feuerwehr das Kommando über die Karnevalsveranstaltung übernommen, die gemeinsam mit dem Dorfkrug Kerspenhausen auch für die Bewirtung sorgt. Heute um 14 Uhr sind die kleinen Närrinnen und Narren ab 14 Uhr zum Kinderkarneval mit dem Zauberkönig und viel Animation bei freiem Eintritt ins Bürgerzentrum eingeladen. Um 19.11 Uhr wird das gestrige Programm noch einmal wiederholt. DJ Frank sorgt für die Musik. (Gudrun Schmidl) +++