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Bischof Heinz Josef Algermissen - Foto: Martin Angelstein

FULDA Die Bedeutung der Wolke in der Bibel

Predigt von Bischof Heinz Josef Algermissen zum 2. Fastensonntag,

12.03.17 - Biblischer Bezugstext: Mt 17,1-9

"Zwei besonders bedeutsame Ereignisse im Leben Jesu werden im Kirchenjahr mit einem eigenen Fest gefeiert, nämlich die Taufe des Herrn am Sonntag nach dem Fest Epiphanie, und seine Verklärung am 6. August. Sie ist erstmals um das Jahr 450 in Palästina zum Inhalt eines eigenen Festes geworden. Bei beiden Ereignissen im Leben Jesu handelt es sich um Erfahrungen der unmittelbaren Gegenwart Gottes in Jesus Christus. Die Verklärung Jesu kulminiert in der Aufforderung, auf den Sohn zu hören, weil er das wegweisende Wort Gottes ist. Das ist die eigentliche Aussageabsicht dieses Evangeliums des zweiten Fastensonntags.

Es ist zunächst aufschlussreich, dass sich das Ereignis der Verklärung auf einem Berg zuträgt. Berge sind in der biblischen Botschaft immer Orte besonderer Nähe Gottes. Auf einen „hohen Berg“ nimmt Jesus also die drei mit, die den Kern der Zwölfergemeinschaft bilden: Petrus, Jakobus und Johannes. Was dann dort geschieht, ist in der Tiefe der Aussage zunächst verhüllt. Erst im Licht des Ostermorgens wird die Verklärung des Herrn offenbar. Daher ist es verständlich, dass wir in der Hl. Schrift häufig Gleichnisse, Allegorien und Parabeln finden. Mit Hilfe anschaulicher Bilder soll eine verschleierte Wirklichkeit mitgeteilt werden.

Auf ein solches Bild treffen wir im Evangelium von der Verklärung des Herrn an diesem 2. Fastensonntag: Es ist die „leuchtende Wolke“, die ihren Schatten auf die Szene wirft und aus der heraus eine Stimme ruft: „Das ist mein geliebter Sohn…; auf ihn sollt ihr hören“ (Mt 17,5). In der Sprache der Bibel ist die Wolke zu verstehen als das Medium Gottes, der sich offenbart und sich dann doch wieder entzieht. Wegen ihrer dauernden Wandlungsprozesse und ihrer Bewegungsfreiheit ist sie ein sprechendes Symbol der Gegenwart Gottes.

Über 20 Mal treffen wir sie in diesem Sinne: Aus der Wolke, die das Volk Israel nach der Flucht aus Ägypten am Schilfmeer vor den Verfolgern rettete, sprach die Fürsorge Gottes für sein erwähltes Volk. Die Wolke erfüllte das Bundeszelt und später den Tempel und sprach vom Dasein Gottes für Israel. Im Neuen Testament wird Jesus bei seiner Himmelfahrt von einer Wolke aufgenommen, womit sein Eingehen in die Gemeinschaft mit dem Vater angedeutet wird. Und es wird berichtet, wie er „mit Macht und Herrlichkeit auf den Wolken des Himmels“ (Mt 24,30) kommen wird, um alles zu vollenden.

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!
Wolken beeinflussen uns, haben etwas Bedrückendes, wenn die Sonne sich tagelang hinter ihnen verbirgt, wenn sich alles verdunkelt und Depression aufkommt. Analog fragen viele Menschen heute aus einer Gottesverdunklung heraus: Wo bist du, Gott? Wo hast du dich verborgen? Kümmerst du dich nicht mehr um uns und unsere blutende Welt? Was ist mit dir? Und manch einer hat dann in innerer Revolte die Faust geballt gegen den Himmel, an dem keine Sonne mehr zu sehen war.

Auch um Jesus war die Wolke, die Schatten warf und den Vater verbarg: Im Garten Gethsemane in Todesangst; am Kreuz in herausgeschriener Gottverlassenheit: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46). Sogar in der Umgebung Jesu breitete sich der Unglaube in den Herzen der Menschen aus wie eine schwere Wolke, wenn diese Menschen „sehen und doch nicht sehen, hören und doch nicht hören“ wollen (vgl. Mk 8,18).

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!
Keine Wolke, sei sie auch alles überlagernd, bleibt für immer am Himmel. Keine Unbegreiflichkeit Gottes, sei sie noch so furchtbar, löscht seine Existenz aus. Wie es ein Jude an die Mauer des Warschauer Ghettos geschrieben hat: „Ich glaube an die Sonne, auch wenn sie nicht scheint. Ich glaube an die Liebe, auch wenn ich sie nicht spüre. Ich glaube an Gott, auch wenn er sich mir entzieht.“

Und dann ist es soweit, plötzlich und unerwartet bricht die Sonne durch, die Wolke gibt ihre Stummheit auf, sie redet. Die erschrockenen Jünger vernehmen aus der Wolke die Stimme des Vaters, der seinen Sohn offenbart. Die schattenwerfende Wolke über der Szene der Verklärung ist im Grunde eine tröstliche Botschaft: Was immer uns den Blick auf Gott verdüstert oder verstellt im persönlichen Leben wie im Ablauf des Weltgeschehens, sie ist dennoch frohe Kunde von dem, der da ist unter allen Umständen, der uns durch die dunklen Täler der Tränen zum Licht führen will, zum Licht, das keinen Abend kennt.

So ist, liebe Schwestern und Brüder im Glauben, dieser heutige Sonntag schon geprägt von österlicher Gewissheit. Er will uns wie den Jüngern sozusagen eine Vorschau auf das Licht des Ostermorgens geben. An Ostern begreifen die Jünger in deutender Rückschau endlich, dass Jesu Leiden und Tod eingeborgen sind in die Liebe des Vaters, die dafür sorgen wird, dass sich auch in unserem Leben am Ende alle Nebel lichten werden und wir Anteil bekommen an der Verklärung seines Sohnes, am ewigen Osterfest. Diese wunderbare Perspektive muss uns doch froh machen!" Amen.+++


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