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- Fotos: Martin Engel

FULDA „Tatort Fulda“ als Nostalgie-Trip

Das war Spitze! - Quatsch-Hörspiel-Lesung mit „Kommissar Engelmann“

23.03.17 - Das wäre bei heutigen TV-Produktionen undenkbar. Aber das Filmbuch „Der Kommissar“ zur gleichnamigen Fernsehreihe mit Erik Ode, die von 1969 bis 1976 ausgestrahlt wurde, listet auf, wie viele alkoholische Getränke Kommissar Keller in den 97 Folgen zu sich nahm: 33 Bier, 22 Whisky, 10 Kognak, 43 Rotwein, 2 Weißwein, einen Sekt sowie 14 Schnäpse. In eben jene nostalgische Ära der deutschen TV-Kriminalunterhaltung führte am Mittwochabend der Autor, Schauspieler und Musiker Sascha Gutzeit beim Krimi-Lese-Festival „Tatort Fulda“.

Gutzeits Alter Ego ist Heinz Engelmann, ein Kommissar der alten Schule mit Knautschmantel und Hütchen, der die Verfolgungsjagden in seinem rosaroten Panda mit maximal 50 Stundenkilometern startet und das Publikum in eine Zeit mitnimmt, als ein Meer von Pril-Blumen an den Küchenkacheln klebte und es noch Telefone mit Wählscheiben gab. Eines dieser grünen Monster schmückte am Mittwoch Gutzeits Vorlesetisch in den krimimäßig dekorierten Räumlichkeiten der Fuldaer Werbeagentur „Fritsch und Freunde“ im Kohlhäuser Feld, daneben standen ein gut gefüllter Kognakschwenker sowie ein altes Radio, das sich freilich bei genauerem Hinsehen als MP3-Player entpuppte.

Mit diesem spielte Gutzeit immer wieder Geräusche wie Motorenbrummen oder Türschlagen, einzelne Dialogsätze, Zwischenmusik im Edgar-Wallace-Sound oder alte Reklame-Slogans ein und machte so die Lesung letztlich zu einem gespielten Hörbuch. Zusätzlich zupfte er auf der Gitarre gekonnt selbst komponierte, auf die Handlung abgestimmte Rock’n’Roll-Nummern und sang mit geschmeidiger Stimme.

Es soll ein Kompliment sein, wenn man Gutzeit, Jahrgang 1972, eine gewisse Durchgeknalltheit attestiert. Seine Fälle zumindest sind reichlich überdreht. Zum Beispiel die Kurzgeschichte „Das Küchenfenster zum Hof“, in der Kommissar Engelmann den Mord an seiner Nachbarin Frau Scholle aufzuklären hat, die im Badewannenwasser verbrannt ist. Bereits in dieser ersten von zwei Geschichten am Mittwochabend zeigt sich Gutzeits Hang zu witzigen Wortkreationen. Da führt er Staatsanwältin Daniela Wirdsbald in die Geschichte ein ebenso wie Pathologin Dr. Anna Lyse, Polizeimeisterin Liesel Weppen oder Schorsch Busch, der mit seiner dreirädrigen „Ape“ – das sind diese winzigen italienischen Kleintransporter – gleich mehrere Waschmaschinen ausliefert. Der Show-down dieser Geschichte spielt im beschaulichen Bad Simsen.

In der Pause präsentierte sich Sascha Gutzeit als äußerst sympathischer Gesprächspartner, mit dem man herrlich über die Drei-???-Hörspiele fachsimpeln kann und der einem gerne mal eine Zigarette „leiht“ (Kommissar Engelmann raucht übrigens die Marke „Overstolz“, Gutzeit selbst zum Glück eine andere). Der 45-Jährige hat bereits zweimal bei den Hörspielen der drei Detektive mitgewirkt und verantwortet eine Parodie-Serie mit dem Titel „Die drei @@@“. Im Gespräch verrät er, dass Schauspieler Thomas Fritsch, der 15 Jahre lang der Drei-???-Erzähler war, bald aus der Serie aussteigt und durch dessen Kollegen Axel Milberg abgelöst wird.

Nach der Pause ging es genauso lustig weiter wie vorher. „Ich lese jetzt einen ganz neuen Fall, der für Kommissar Heinz Engelmann eigentlich schon so eine Art Science-Fiction ist, denn er spielt im Jahr 1980.“ Das Freudenmädchen Rosi wird tot aufgefunden. Wie es der Zufall so will, ist gerade die Münchner Rockband „Spider Murphy Gang“ in der Gegend, und so entspannt sich eine groteske Geschichte um die Entstehung des Hits „Skandal im Sperrbezirk“. Das Finale des Plots wird per MP3-Player präsentiert von „DO-MES-TOS – dem Sanitärreiniger für WC und Bad“, und Kommissar Engelmann überführt den Mörder mit der alles entscheidenden Frage: „Und?“

Nach zwei Stunden gab es fürs Publikum, das bildlich gesprochen mehrfach vor Lachen am Boden lag, kein Halten mehr. Es johlte vor Vergnügen und forderte eine Zugabe ein, die Sascha Gutzeit gerne mit dem Song „Der Mörder ist immer der Täter“ gab, welcher vor sieben Jahren praktisch die Geburtsstunde von Kommissar Engelmann war. Als das Auditorium danach immer noch keine Ruhe gab, sagte Gutzeit: „Okay, dann singe ich so kurz vor Weihnachten noch ein besinnliches Lied, bei dem Ihnen aber wirklich deutlich werden sollte, dass der Abend jetzt zu Ende ist.“ Er griff zur Gitarre und stimmte schwarzhumorig an: „Seit ich ermordet worden bin ...“ (Matthias Witzel) +++


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