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REGION Die Mittwochs-Kolumne

WIELOCH schreibt an (31)… das letzte Sommerlad-Kapitel

ZUR PERSONIn „Wieloch schreibt an“ richtet sich Jochen Wieloch (40) immer mittwochs in einem persönlichen Brief nicht nur an regionale Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Sport oder Kultur, sondern auch an Menschen des Alltags, die in den Tagen zuvor besonders aufgefallen sind und für positive oder negative Schlagzeilen gesorgt haben. Bei der Kolumne handelt es sich um eine Mischung aus Kommentar und Portraitierung, in der Jochen Wieloch mal sachlich, mal emotional lobt, kritisiert und bei Bedarf auch ordentlich Dampf ablässt. Der Petersberger kennt sich in den Medien Print, TV und Internet bestens aus und ist unter anderem als Spezialist für Unterhaltungs-elektronik gefragter Autor für zahlreiche Verlage, Magazine und Fachzeitschriften. Neben dem ZDF, 3sat und dem Bayerischen Rundfunk arbeitete der Germanist unter anderem auch für die Motor Presse in Stuttgart und auto-tv in München.

29.03.17 - Liebes Sommerlad,

einmal in die Hände klatschen reicht aus, um zu erkennen, dass jetzt endgültig alles vorbei ist. Deine verwaisten Räume hallen. Du bist leer, geplündert von den Schnäppchen-Jägern. Nur noch wenige Ladenhüter sind Zeugen besserer Tage. Der Teppich-Berg erinnert an Sitzstreik. An schwergewichtige Castor-Gegner, die sich an die Bahngleise ketten. Auch Flokati, Berber und Perser wollen hier nicht weg. Doch spätestens am Freitag werden sie hinausgetragen. So wie die letzten Matratzen, Schränkchen, Schreibtische. Denn das Spiel ist aus, nach 31 Jahren schließen deine Türen für immer.

Leere Immobilien sind nur für Fremde leer. Für Insider sind sie voll, voller Erinnerungen. Privatleute kennen das, die sich von ihrem Haus oder ihrer Wohnung verabschieden. Dezente Bleistiftstriche neben dem Türrahmen in 80, 95, 110 und 125 Zentimetern Höhe. Kinder werden groß. Unter der modischen Tapete in Silbergrau kommen die vergilbten Reste von Benjamin Blümchen zum Vorschein. Lange ist’s her. Kratzer in der Arbeitsplatte. Eine gerissene Bodenfliese. Ein wackeliger Türgriff. Überall lauern kleine Geschichten und Anekdoten. Liebe Sommerlad-Mitarbeiter, auch Sie sind in den vergangenen Tagen immer wieder schmerzhaft mit Ihrer Vergangenheit konfrontiert worden. Sie mussten die Überbleibsel aus mehr als drei Jahrzehnten wegwerfen. Das klappt mit altem Plunder. Aber für Emotionen und Erinnerungen ist kein Container groß genug.

Mit Sommerlad endet für Sie ein zentrales Kapitel. Einige von Ihnen schlagen bereits im April ein neues bei einem anderen Arbeitgeber auf. Für die Kolleginnen und Kollegen mit 60 war’s vielleicht – im Hinblick auf ihr Berufsleben – das letzte. Sie werden nicht mehr gebraucht. Und fühlen sich jetzt entsorgt wie die übrig gebliebenen Aktionsartikel vom Wühltisch. Was für ein mieses Gefühl.

Liebes Sommerlad, an deinem Noch-Standort wird das Leben bald weitergehen. Wahrscheinlich zieht ein neuer Möbelhändler ein. Frische Farbe an die Wände, die Fenster auf Hochglanz poliert, und alles auf Anfang. So wie im Frühjahr 1986, als aus Wohn Link das heutige Sommerlad wurde. Für Sie, liebe Mitarbeiter, naht der traurige Abschied. Ihr Aus ist für andere wiederum die Hoffnung auf einen beruflichen Neuanfang. Ich weiß, das sind blöde Floskeln. Und warum ein Möbelhaus schließt, damit ein anderes öffnet, verstehen Sie wahrscheinlich genauso wenig wie ich. Das Leben ist nicht immer gerecht und schon gar nicht plausibel. Wo gestern noch alles grau war, blühen heute schon die Krokusse.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr Jochen Wieloch


Mit herzlichen Grüßen



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