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Das Rauchen einer Wasserpfeife verbinden viele mit Entspannung. - Symbolbild: Pixabay

REGION Im Qualm von Apfel-Kirsche und Melone

In Osthessen sprießen die Shisha-Bars aus dem Boden - Kritik von Ärzten

11.04.17 - Der Wasserpfeifen-Boom in der Region ist ungebrochen: Wo auch immer man landet, überall in Osthessen sprießen neue Shisha-Bars aus dem Boden. Vor allem bei Jugendlichen ist der Trend angesagt. "Lass mal Shisha rauchen", heißt es bei ihnen an den Wochenenden nicht selten. Im Qualm von "Wassermelone-Minze"- oder "Apfel-Kirsche"-Aroma sitzen sie dann in den Bars, in denen leise R'n'B-Musik aus den Boxen zu vernehmen ist. Eine Statistik darüber, wie viele Shisha-Bars es inzwischen in der Region gibt, liegt zwar nicht vor. Dem Gefühl nach sind sie aber nicht an zwei Händen abzuzählen. Ärzte kritisieren den Trend.

Im Jahr 2002 eröffnete im osthessischen Fulda die erste Wasserpfeifen-Bar in der Königstraße. Durch große Fensterscheiben kann man seitdem vor allem am Wochenende Jugendliche dabei beobachten, wie sie an den Schläuchen der Pfeifen ziehen, bis es blubbert, um den Qualm dann genüsslich auszupusten. Er riecht meist nach fruchtigen Aromen, doch auch "Schokolade" oder "After Eight" haben bereits Einzug gehalten. Je verrückter die Geschmäcker, desto besser.

Im Vorbeilaufen schnappt man den süßlichen Geruch auf, den viele aus dem Türkei- oder Ägypten-Urlaub kennen. Von dort schwappte der Trend einst rüber nach Deutschland - und verbreitete sich hier zunehmend. In kaum einer Kneipe treffen so viele unterschiedliche Kulturen und Menschen aufeinander wie in einer Wasserpfeifen-Bar. Jugendliche mit Kappen auf dem Kopf sitzen neben Anzugträgern und jungen stark geschminkten Frauen mit Leggins und High Heels. 

Prof. Dr. Markart, Direktor der Klinik für Pneumologie am Klinikum Fulda. ...

Sie alle genießen das entspannte und multikulturelle Lebensgefühl in den Bars, das Gefühl, wenn der wassergekühlte Rauch inhaliert wird. Doch dieser - so sagen Ärzte - ist gar nicht so harmlos, wie es scheint. "Der Trend ist aus meiner Sicht eine gefährliche Entwicklung. Gemeinhin wird angenommen und oft auch suggeriert, dass das Rauchen von Wasserpfeife harmloser sei als das Rauchen von Zigaretten. Das ist aber keinesfalls belegt", sagt Professor Dr. Philipp Markart, Direktor der Lungen-Klinik am Fuldaer Klinikum, "Im Gegenteil, man geht aktuell davon aus, dass das Rauchen von Wasserpfeifen ähnlich schädlich ist wie das Rauchen von Zigaretten und mit einer vergleichbaren Gesundheits- und Suchtgefahr vergesellschaftet ist."

Wasser in Wasserpfeifen filtert Schadstoffe nicht heraus

Der Tabakrauch enthalte eine Vielzahl toxischer, reizender und krebserregender Stoffe - und das gelte eben nicht nur für den Tabakrauch von Zigaretten, sondern auch für Wasserpfeifen. Das Wasser der Wasserpfeifen führe mitnichten zu einem effektiven Herausfiltern all dieser schädigenden Stoffe. Auch der Rauch von tabakfreien Wasserpfeifen enthalte nach heutigem Stand der Forschung zahlreiche potentiell gesundheitsschädigende Substanzen. Ein weiterer möglicher Gefahrenpunkt sei das Mundstück, das beim Rauchen einer Wasserpfeife auf den Schlauch gesetzt wird, damit dieser nicht nach jedem Besucher gesäubert werden muss. "Bei der Verwendung von nur einem Mundstück durch mehrere Raucher besteht die Gefahr, dass ansteckende Infektionskrankheiten von einem Raucher an den anderen weitergegeben werden."

Symbolbild: Pixabay

Sein Mundstück mit anderen Menschen zu teilen, bleibt jedem selbst überlassen. In Fuldas ältester Shisha-Bar "Medusa" wird laut Angaben des Besitzers großen Wert auf Hygiene und auch auf exklusiven Tabak gelegt. "Deswegen sind wir die Anlaufstelle vieler Leute, die das zu schätzen wissen. Die Menschen kommen zu uns und rauchen gern Wasserpfeife, weil sie in einer gemütlichen Runde das Zusammensein genießen und in einer schönen Atmosphäre den Alltag hinter sich lassen können." Als die "Medusa"-Bar vor 15 Jahren eröffnete, gab es keine vergleichbare Shisha- oder Cocktailbar in Fulda. "Wir wollten ein bisschen Großstadt-Flair hierher holen."

"Jeder trägt selbst die Verantwortung"

Die Gefahren, die von einer Wasserpfeife ausgehen, sind den Betreibern bewusst: "Die kennt jeder, und jeder trägt selbst die Verantwortung." Die Gefahren des Tabakrauchs beschreibt Markart als vielfältig: "Sie umfassen unter anderem Erkrankungen der Lunge und der Atemwege." Außerdem nennt Markart Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Risiko. "Dazu kommen mögliche Schädigungen des ungeborenen Kindes bei Schwangeren."

Im schlimmsten Falle könne es zu Erkrankungsbildern kommen, die mit einer hohen Einschränkung der Lebensqualität und mit hoher Sterblichkeit assoziiert seien. "Ein eindeutig wissenschaftlich belegter Zusammenhang besteht beispielsweise zwischen dem Tabakrauchen und der koronaren Herzerkrankung mit all ihren möglichen Folgen - zum Beispiel Herzinfarkt, Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen und der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), einer Erkrankung, von der in Deutschland circa zehn Prozent der Bevölkerung betroffen sind.

Viele Jugendliche stufen den Konsum nicht als Rauchen ein

Darüber hinaus könnten sich Krebserkrankungen entwickeln, insbesondere Lungenkrebs. "Lungenkrebs ist eine der häufigsten Krebserkrankungen, an der jährlich allein in Deutschland knapp 50.000 Menschen erkranken." Ob das Wasserpfeiferauchen gefährlicher sei als das Zigarettenrauchen, könne Markart jedoch nicht pauschal sagen: "Der Vergleich ist schwierig, unter anderem deshalb, weil die Tabakmengen, die Temperatur und das inhalierte Rauchvolumen zwischen Zigarette und Wasserpfeife unterschiedlich sind. Ebenso muss man natürlich berücksichtigen, wie viele Zigaretten oder Wasserpfeifen konsumiert werden." 

 "Kritisch in diesem Zusammenhang zu sehen ist sicherlich die Tatsache, dass viele Jugendliche und junge Erwachsene den Konsum von Wasserpfeifen nicht als Rauchen einstufen und sich über die möglichen Gefahren nicht bewusst sind. Entsprechende Aufklärungskampagnen sind notwendig." (sur) +++


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