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GELNHAUSEN Familienzusammenführung

Jüdische Familie erneuert Grabstein von Urahne zum 205. Todestag

18.05.17 - "Wer auch nur ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt": Diese einprägsamen Worte aus dem Talmud sind seit dem Oscar prämierten Spielfilm "Schindlers Liste" vielfach zitiert worden. Nun wurden sie in Gelnhausen gesprochen, auf dem jüdischen Friedhof an der Bleiche. Zum ersten Mal seit 1938, seitdem nach Hitlers Machtergreifung keine Juden mehr in Gelnhausen lebten, wurde hier ein jüdischer Gottesdienst gefeiert. Mit der Aufstellung eines neuen Grabsteins kehrte ein Stück lebendigen Judentums in die Barbarossastadt zurück. Verbunden mit bewegenden Momenten für alle, die daran teilnehmen konnten.

Seit vielen Jahren schon betreibt Simha Fordshem aus Toronto Ahnenforschung und stieß dabei auf einen Urahnen in Gelnhausen, den Rabbiner Harav Lismann. Als Simha Fordshem anreiste, um dessen Grab zu besuchen, fand er zwar einen Grabstein von Rabbi Lismanns Frau und dessen Sohn vor, aber dann klaffte eine Lücke. Der Grabstein des Familienoberhauptes war nicht erhalten. „Der Grabstein aus Sandstein ist vermutlich irgendwann einfach witterungsbedingt verfallen. Wir gehen nicht von Vandalismus oder Grabschändung aus“, sagte Christine Raedler, Leiterin des Zentrums für Regionalgeschichte des Main-Kinzig-Kreises. Denn Rabbi Lismann lebte bereits vor über 200 Jahren mit seiner Familie als priesterliches Oberhaupt der jüdischen Gemeinde in Gelnhausen.

Fordshem fühlte sich aus seiner religiösen Haltung heraus verpflichtet, die Grabsteinreihe seiner Vorfahren wieder zu komplettieren. Gemeinsam mit Christine Readler, die sich seit Jahrzehnten intensiv mit dem Judentum auseinandersetzt und federführend das Stolperstein-Projekt in Gelnhausen begleitete, und Claudia Hemmer von der Friedhofsverwaltung der Stadt Gelnhausen konnte der Wunsch der jüdischen Familie innerhalb von etwa zwei Jahren nun realisiert werden.


Nach Rücksprache mit der jüdischen Gemeinde in Frankfurt und deren Erlaubnis, Veränderungen an der Grabstätte in Gelnhausen vorzunehmen, beauftragten Simha und seine Frau Yaffa Fordshem einen Steinmetz aus der Region, der den Grabstein mit hebräischer Inschrift fertigte und auch aufstellte.

Zu der feierlichen Zeremonie, in der der Grabstein nun auf dem jüdischen Friedhof in Gelnhausen enthüllt wurde, waren Nachkommen von Rabbi Lismann aus Kanada, der Schweiz und England angereist, die sich teilweise zum ersten Mal überhaupt persönlich trafen. Auch jüdische Männer aus Offenbach wohnten der Feier bei, da die spezielle Zeremonie die Anwesenheit einer bestimmten Anzahl männlicher Juden erforderte. Jenseits der Friedhofsmauer verfolgten männliche Kohanim, die den priesterlichen Familien entstammen, den Gottesdienst von Ferne mit; für sie gelten bestimmte Reinheitsgebote und so sollen sie gemäß der jüdischen Lehre keine Friedhöfe betreten oder Tote berühren. Begleitet wurde das Treffen außerdem von Dr. Hartmut Heinemann vom Hessischen Hauptstaatsarchiv.

Die Nachfahren von Harav Lismann dankten bei der Zeremonie, die exakt am 205. Todestag des Rabbiners stattfand, vor allem Christine Raedler und Claudia Hemmer für die Unterstützung. In Vertretung des Bürgermeisters wohnte Professor Dr. David Lupton, Ortsvorsteher Gelnhausen-Mitte, der Feier bei. Der gebürtige Engländer erfüllte spontan die Funktion des Übersetzers vom Englischen ins Deutsche. Gebete wurden in hebräischer Sprache gesprochen. Vor dem Verlassen der Grabstätte legten die Verwandten von Rabbi Lismann nach alter Sitte noch kleine Steine auf den neuen Grabstein.

Anschließend stärkten sich die jüdischen Gäste in der ehemaligen Synagoge und sprachen Gebete. Christine Raedler und Dr. Lupton fungierten als Übersetzer, brachten aber auch ihre eigene Ergriffenheit zum Ausdruck. „Es war eine Ehre für unsere Stadt, dieses Ansinnen der Familie und die Zeremonie, die gelebtes Judentum zurück nach Gelnhausen brachte, zu unterstützen“, sagte Dr. David Lupton, der von seiner Frau Gail begleitet wurde. Er lobte den unermüdlichen Einsatz von Christine Raedler bei der gelungenen Familienzusammenführung. Für diese wichtige Unterstützung bedankte sich auch Simha Fordshem, dessen Familie sich glücklich und dankbar für die Möglichkeit des Treffens in Gelnhausen und das Aufstellen des neuen Grabsteins zeigte.+++


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