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REGION Die MITTWOCHS-KOLUMNE

WIELOCH schreibt (44) ... an die Milseburg und ihre sanierungsbedürftige Hütte

Zur Person:In „Wieloch schreibt an“ richtet sich Jochen Wieloch (40) immer mittwochs in einem persönlichen Brief nicht nur an regionale Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Sport oder Kultur, sondern auch an Menschen des Alltags, die in den Tagen zuvor besonders aufgefallen sind und für positive oder negative Schlagzeilen gesorgt haben. Bei der Kolumne handelt es sich um eine Mischung aus Kommentar und Portraitierung, in der Jochen Wieloch mal sachlich, mal emotional lobt, kritisiert und bei Bedarf auch ordentlich Dampf ablässt. Der Petersberger kennt sich in den Medien Print, TV und Internet bestens aus und ist unter anderem als Spezialist für Unterhaltungs-elektronik gefragter Autor für zahlreiche Verlage, Magazine und Fachzeitschriften. Neben dem ZDF, 3sat und dem Bayerischen Rundfunk arbeitete der Germanist unter anderem auch für die Motor Presse in Stuttgart und auto-tv in München.

28.06.17 - Liebe Milseburg,

ohne bewirtete Hütte bist du tot. Zwar immer noch einzigartig und charismatisch. Aber wie ein Porsche ohne Motor. Es fehlt der entscheidende Impuls. Atemberaubende Fernsicht und traumhafte Sonnenuntergänge kann dir niemand nehmen. Doch die Hütte ist deine Seele. Hier oben habe ich in den 90ern halbe Nächte verbracht. Fackeln und Taschenlampen erleuchteten den Abstieg. Jahre später erkannte meine damalige Noch-nicht-Ehefrau im strömenden Regen bei einer deftigen Brotzeit, wie liebens- und lebenswert das Leben hunderte Kilometer von Hamburg entfernt selbst ohne Strom und fließendes Wasser sein kann. Auch diese furchtbar sauren Fruchtgummis, die noch stundenlang in den Zähnen kleben, genehmige ich mir abgezählt im Papiertütchen nur hier in mehr als 800 Metern Höhe. Bitter ist das, was dir in Zukunft drohen könnte.

Gesetzliche Auflagen verhindern, dass deine Hütte in der jetzigen Form weiter betrieben werden darf. Eine Sanierung würde Unsummen verschlingen. Als einzige Alternative erscheint momentan der Umbau in eine unbewirtschaftete Schutzhütte. Welch grausame Vorstellung! Ein einfaches Bauernwürstchen schmeckt nirgends in der Rhön besser als nach dem Aufstieg auf deinen markanten Basaltfelsen. Urig ist’s bei Kerzenlicht und Gesang. Naturbelassen und wie gestern ohne modernen Schnickschnack. Deine Hütte sieht aus wie vor Jahrzehnten. Nichts hat sich verändert. Ich liebe das. Kein Massentourismus wie auf der Wasserkuppe oder dem Kreuzberg. Keine betonierten Wege. Kein Rummelplatz mit Fahrgeschäften wie im Schatten des Radoms. Und keine befestigte Straße, die jeden spontan zum Gipfelkreuz bringt.

Liebe Milseburg, wer dich besucht tut dies bewusst. Er braucht keine Toilette mit hellem Marmor und automatischem Seifenspender. Er sucht das Einfache, das immer öfter ausstirbt. Einen Ort zum Entschleunigen. Das geht perfekt auf dem Felsplateau. Aber dein geselliges Hüttchen mit Speis und Trank verlängert diesen kleinen Abstecher vom Alltag um Stunden.

Schönster Berg der Rhön, offenbar hat deine Hütte nur eine Zukunft, wenn sie modernisiert wird. Es wurden schon Gelder für sinnlosere Projekte verschleudert. Wartet nicht in Brüssel ein spezieller Förderfond? Ich hätte auch kein Problem mit der LHMH – der Lutz-Helmig-Milseburghütte. In Sargenzell stand die Alte Kirche einst vor dem Abriss. Der jährliche Früchteteppich hat das denkmalgeschützte Kleinod gerettet. Es gibt also noch Hoffnung.

Liebe Milseburg, die Völklinger Hütte ist Weltkulturerbe. Das wünsche ich auch deiner Hütte.

Mit herzlichen Grüßen



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