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REGION Die MITTWOCHS-KOLUMNE

WIELOCH schreibt an (47) …den bespuckten und geschlagenen Zugbegleiter

Zur PersonIn „Wieloch schreibt an“ richtet sich Jochen Wieloch (41) immer mittwochs in einem persönlichen Brief nicht nur an regionale Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Sport oder Kultur, sondern auch an Menschen des Alltags, die in den Tagen zuvor besonders aufgefallen sind und für positive oder negative Schlagzeilen gesorgt haben. Bei der Kolumne handelt es sich um eine Mischung aus Kommentar und Portraitierung, in der Jochen Wieloch mal sachlich, mal emotional lobt, kritisiert und bei Bedarf auch ordentlich Dampf ablässt. Der Petersberger kennt sich in den Medien Print, TV und Internet bestens aus und ist unter anderem als Spezialist für Unterhaltungs-elektronik gefragter Autor für zahlreiche Verlage, Magazine und Fachzeitschriften. Neben dem ZDF, 3sat und dem Bayerischen Rundfunk arbeitete der Germanist unter anderem auch für die Motor Presse in Stuttgart und auto-tv in München.

19.07.17 - Lieber Zugbegleiter,

Glücksmomente im Beruf sind so wichtig und schön. Ärzte, Architekten, Konditoren und Schreiner dürfen sie genießen. Ich glaube, als Zugführer sind diese mehr als rar. Hiobsbotschaften gehören zu Ihrem Arbeitsalltag dazu. Verspätungen, Zugausfälle, verpasste Anschlusszüge, defekte Klimaanlagen, kaputte Heizungen. Sie sind der Blitzableiter für genervte Fahrgäste. Sie kriegen alles ab. Die Manager der Deutschen Bahn sitzen irgendwo hoch oben im Glas-Tower am Potsdamer Platz in Berlin. Sie hingegen sind die Krisen-Manager in der ersten Reihe, müssen jede Panne ausbaden. Und dabei immer noch freundlich bleiben. Man nennt Sie auch Kontrolleur. Wie schwierig muss es sein, bei pöbelnden Kunden immer die Kontrolle über sich selbst zu behalten.

Verbale Entgleisungen der Mitreisenden sind längst keine Seltenheit mehr. Sie haben gelernt, Ihre Ohren auf Durchzug zu stellen. Über die Ausreden von erwischten Schwarzfahrern können Sie wahrscheinlich Bücher schreiben. Und immer mehr Fahrgäste sind schwarze Schafe. Die motzen und stänkern nicht nur. Die schlagen, treten und spucken so wie vergangene Woche bei Ihnen. Was sind das für miese Typen, die erst ohne Ticket fahren und dann auch noch gewalttätig werden, wenn das Spiel verloren ist. Ich finde es gut, dass Ihr Arbeitgeber reagiert hat. Nette Worte, Deeskalationstraining und Diplomatie helfen irgendwann nicht mehr weiter. Pfefferspray ist die einzig adäquate Lösung.

Lieber attackierter Schaffner, Sie sind leider nicht das einzige Opfer. Mehr als 2.300 Fälle körperlicher Gewalt gegen Mitarbeiter hat die Deutsche Bahn im vergangenen Jahr registriert. Die Dunkelziffer ist noch viel höher. Häufig fliegen nicht nur die Fäuste. Ihre Kollegen müssen sich auch gegen Messer, heiße Kaffeebecher und glühende Zigaretten zur Wehr setzen. 93 Prozent der Zugbegleiter geben an, täglich beschimpft zu werden. Angst fährt ständig mit. Und Hilfe ist meistens weit und breit nicht in Sicht. Im Nahverkehr kümmert sich oft ein Zugbegleiter um einen Zug ganz alleine. Was für ein übles Gefühl, wenn es dunkel wird und nicht jeder Fahrgast mit Ticket, aber dafür mit Alkoholfahne reist.
Liebe Zugbegleiter, immer wieder hört man, dass Sie sich freuen, wenn Ihnen ein Schwarzfahrer in die Falle tappt. Selbst wenn Sie tatsächlich eine Fangprämie kassieren sollten: Ich bin mir sicher, ehrliche und unauffällige Mitreisende sind Ihnen am liebsten. Ein Dankeschön hören Sie wahrscheinlich nie. Deshalb wird es mal Zeit: „Thank you for travelling with Deutsche Bahn!“

Mit herzlichen Grüßen

 


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