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- Fotos: Walter Dörr

SCHLÜCHTERN Aufwendige Renovierung

Tradition und Gegenwart - Das märchenhafte Schloss Ramholz

23.07.17 - Nur wenige Kilometer von Schlüchtern entfernt liegt in den Ausläufern des Spessarts verträumt das Dorf Ramholz – seit jeher ein Ortsteil der Gemeinde Vollmerz und deshalb seit der Gebietsreform ein Stadtteil von Schlüchtern. Wegen seiner romantischen Lage in einem von bewaldeten Bergzügen eingeschlossenen Talkessel ist es ein beliebtes Ausflugsziel, insbesondere aus dem Rhein-Main-Ballungsraum. Leider gibt es aber direkt in Ramholz zurzeit keinen gastronomischen Betrieb, aber im Ortsteil Hinkelhof das Gasthaus „Zur guten Quelle“ und die Gaststätte Josch in Vollmerz.

Der Haupthingucker in Ramholz ist das Schloss. Die Inschrift einer Steinplatte an dem historischen Gebäude dokumentiert: „Zu diesem Schloss wurde am 29. November 1893 der Grundstein gelegt. Am 25. September 1895 die Fahne auf den Turm gesteckt. Gott segne nun das Haus, und alle, die gehn ein und aus”.


Hugo Rudolf Freiherr von Stumm (1845-1910) war Bauherr des „neuen” Schlosses, ein Anbau an die alte Renaissance-Huttenburg , und die Münchener Architekten Emanuel und Gabriel von Seidl erstellten die Pläne. Fast 2.000 Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche und nochmal rund 2.500 Quadratmeter Keller- und Nutzräume, (150 Zimmer, 52 Kamine). Im Stil der Neugotik und dem Zeitgeist der „englischen” Renaissance nachempfunden, trägt das imposante Gebäude durch die Kombination mit Fachwerk auch deutsche Züge. Im gesamten unteren Stock, überall wo große Fenster sind, befanden sich früher Repräsentationsräume.


In den Jahren vor und nach dem ersten Weltkrieg ein Mittelpunkt für Empfänge und Festlichkeiten, an denen bedeutende Persönlichkeiten aus Aristrokratie, Diplomatie und Wirtschaft teilnahmen. Der eigentliche Wohnbereich ist im zweiten Stock. In der dritten Etage waren ursprünglich die Gemächer für das über 20köpfige Personal sowie deren Arbeitsträume, wie Bügelzimmer, Wäschekammer oder Stauräume. Dass sich Hugo von Stumm das große Haus baute, ist natürlich eine Leistung gewesen, aber das Besondere ist eigentlich, dass die ursprünglich landwirtschaftlich genutzte Fläche von fast 100 Hektar auf dem Papier in einen Park verwandelt wurde mit den entsprechenden Wasseranlagen, Bächen, Hügelaufschüttungen, Kleingruppierungen und Gebäuden, wie eine Försterei, Gewächshaus, Teehaus, Kegelbahn und Familiengruft.


Rittmeister Hugo Stumm hatte das schöne Fleckchen Erde Ramholz während eines Manövers kennen und lieben gelernt. Inspiriert von Fürst von Pückler-Muskau (1785-1871), hatte Stumm viele Ideen, die er mit dem fachmännischen Rat des bekannten Gartenarchitekten Jens Person Lindahl (1843-1887) in die Tat umsetzte. Die Gestaltung des Schlossumfeldes mit den renaissanceartigen Treppenanlagen und Terrassen geht auf die Münchener Hausarchitekten zurück. In Oberförster Felix Schnetzer (1855-1940) hatte der königlich preußische Rittmeister einen Mitstreiter, der den märchenhaften Landschaftsgarten, der einst bis hinauf zur Burgruine Steckelberg reichte, pflegte. Die großzügigen baulichen Gegebenheiten von Schloss Ramholz sind ein immenser Kostenfaktor. So kam es, dass der Schlosspark, nach wie vor ein einzigartiges Gartenbaudenkmal, durch Teilverkäufe stark verkleiner und das Schloss auch an einen chinesischen Investor veräußert wurde.


Bevor die Familie Stumm die Ländereien übernahm, hatte Ramholz eine wechselvolle Geschichte. Mit dem Niedergang der Herren von Steckelberg zu Beginn des 14. Jahrhunderts wurde deren umfangreicher Besitz an sechs Erben aufgeteilt, darunter auch an die Herren von Hutten. Die Eigentumsverhältnisse in der Huttenschen Linie wechselten in der Folge häufig. Philipp Daniel von Hutten, der schließlich 1642 alle Huttischen Güter besaß, wurde von einer durch Krieg und Pest verursachten wirtschaftlichen Notlage gezwungen, die „adeligen Wohnungen” in Ramholz und Vollmerz an seinen Schwager, Casimir Carl von Landas, zu verpfänden. Als der kinderlose Casimir starb, erbte zunächst der Vater, der kurpfälzische Kirchenratspräsident Carl von Landas, danach Bruder Johann Friedrich von Landas, seines Zeichens kurpfälzischer Geheimrat, Hofmarschall und Faut zu Heidelberg. Nach dessen Tod ging die Pfandschaft 1677 an Tochter Amalie über, die mit Maximilian Freiherr von Degenfeld verheiratet war.


Wegen ihrer Abgelegenheit wurde die Herrschaft Ramholz weitgehend von Vögten und Amtmännern verwaltet. 1852 verkauften die Grafen August Christoph, Gustav Christoph und Adolf von Degenfeld den gesamten Besitz an Fürst Ernst Casimir von Ysenburg-Büdingen. 1885 erwarb ihn Stahl-Baron Hugo von Stumm. Sein Enkel Knut von Kühlmann-Stumm, (Bundestagsabgeordneter, erst FDP dann CDU), war auch erfolgreich in der Land- und Forstwirtschaft und starb 1977 überraschend bei einem Autounfall. Sein Sohn Magnus von Kühlmann versuchte in 2000, mit Teilverkäufen den Besitz zu entschulden.


Durch den Tod von Magnus Viktor Otto Ludwig von Kühlmann am 23. Oktober 2008 erbte Maximilian von Kühlmann, ein Sohn aus erster Ehe, aber auch er konnte Schloss Ramholz nicht zum Guten wenden und verkaufte 2014 an einen chinesischen Investor. Mit großem finanziellem Aufwand bringt der Schloss Ramholz wieder auf Vordermann und peu a peu wird das Innere restauriert. Zurzeit ist der Schlossberg für den Verkehr gesperrt, weil das „private“ Schloss an die öffentliche Wasserversorgung der Stadt Schlüchtern angeschlossen wird. Durch die Ländereiverkäufe kam es, dass die eigene Quelle, mit der das Schloss immer versorgt wurde, nicht mehr auf dem Grund des heutigen Schlossbesitzers liegt. Auch sind die Rohrleitungen marode und hygienisch nicht leicht keimfrei zu halten. So erhält das Schloss einen Hauptanschluss, von dem zukünftig auch die Bereiche des ehemaligen Gutshofes und der Orangerie, in der viele Jahre ein Schlosscafe betrieben wurde, gespeist werden.


Die Gegenwart erreichte den Schlossherrn auch, als bei den stürmischen Gewittern letzte Woche eine über 40 Meter hohe Fichte dem Wind nicht stand hielt. Unweit des Pleasuregrounds fiel sie um, krachte parallel zum Schloss auf die Wiese und kreuzte auch einen Gehweg. Der alte Baumbestand des historischen Landschaftsparks, der 1893 bis 1910 angelegt wurde, erfordert eine besondere Beachtung, da in der Vergangenheit schon bei Stürmen oder durch Schneebruch stattliche Bäume umgefallen sind. (Walter Dörr) +++



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