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REGION "Industrie kauft Politik"

Deutsche Tabakprävention lässt zu wünschen übrig - Ein Paradies für Raucher?

10.08.17 - Karl-Heinz Leibold aus Kalbach, Landessprecher des Ärztlichen Arbeitskreises Rauchen und Gesundheit e.V. in Hessen: „Die Tabakindustrie hat unsere Politiker gekauft.“ Innerhalb des Arbeitskreises versucht er alles, um die Politik dazu zu bringen, etwas gegen den immensen Tabakkonsum in Deutschland zu unternehmen. Kleine Teilerfolge konnten bereits erzielt werden, beispielsweise das Verbot von Tabakwerbung in Film und Fernsehen. Doch vergleicht man die ergriffenen Maßnahmen in Deutschland mit dem europäischen Raum, schneidet die Bundesrepublik sehr schlecht ab. In einem offenen Brief richtet sich Leibold an die heimischen Bundestagsabgeordneten Birgit Kömpel und Michael Brand und unterstellt ihnen, einen Eidbruch vollzogen zu haben.

Im Deutschen Ärzteblatt vom Juni 2017 wurde über die europäische Konferenz „Tabak oder Gesundheit“ berichtet. Anbei wurde die neue Tabakkontroll-Skala Stand 2016 veröffentlicht. Diese beinhaltet die Rangliste der europäischen Staaten im Hinblick auf Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums. Erschreckenderweise nehmen unter den 35 aufgelisteten Ländern Deutschland mit Österreich die beiden letzten Plätze ein. In Bezug auf den damit verbundenen Boom der Tabakindustrie schreibt das Deutsche Ärzteblatt: „Deutschland: Der größte Zigarettenproduzent und Zigarettenexporteur Europas.“

Karl-Heinz Leibold, Landessprecher Hessen des Ärztlichen Arbeitskreises Rauchen ...Foto: Christian P. Stadtfeld

Leibolds Anschuldigung lautet: „Die Bundesregierung als auch der Bundestag sind schuldig am Bruch der Verfassung, in der das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gewährleistet ist.“ Demzufolge solle es sich um einen Eidbruch handeln. Die Finanzinteressen der Tabakindustrie würden von der großen Koalition höher bewertet werden, als das Recht auf Leben und Gesundheit der Bürger. Der Artikel 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Quelle: Wikipedia) besage, jeder habe das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. „Wie soll man Kandidaten von Fraktionen wählen, die das finanzielle Wohlergehen der Tabakindustrie höher bewertet, als die Gesundheit und das Leben der Menschen in Deutschland?“

Ein Vergleich des ersten Rankings aus dem Jahr 2005 offenbart die beachtlichen Fortschritte, die es in vielen Ländern beim Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren des Aktiv- und Passivrauchens gegeben hat. Ein Beispiel dafür sei die Forderung der Bundesärztekammer und anderen Vertretern der Ärzteschaft nach einem Rauchverbot in Privatwagen, sofern Kinder mitfahren. Diese Forderung erlangte in mittlerweile sieben Staaten – darunter Irland und Italien – Gesetzeskraft. Das Deutsche Ärzteblatt erläuterte weitere ergriffene Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums am Beispiel des Vorreiters Großbritannien. Die britische Gesundheitspolitik habe durchgesetzt, dass die Zigarettenpackungen neutral gestaltet seien. Außerdem würden die Briten auf die Tabakentwöhnung mithilfe der E-Zigarette setzen und die großflächigen Zigaretten-Plakatierungen seien verboten. In Deutschland drohe das vom Bundeskabinett bereits verabschiedete Plakatwerbeverbot am Widerstand der Wirtschaftspolitik in der Großen Koalition zu scheitern.

MdB Michael Brand Foto: Erich Gutberlet

Deutschland bildet eindeutig das Schlusslicht und dient als abschreckendes Beispiel für die Tabakprävention. „Wann wird endlich gehandelt?“, fragt sich Leibold. Wieso unternimmt das Gesundheitsamt nichts? Auf Nachfrage von O|N kann das Gesundheitsamt in Fulda auf die Schnelle keine Fragen beantworten. Es benötige eine längere Bearbeitungszeit. Der offene Brief richtete sich auch an die Bundestagsabgeordnete der SPD, Birgit Kömpel, und an den CDU-Bundestagsabgeordneten Michael Brand. Die Union, genauer Michael Brand äußerte sich zu den Anschuldigungen wie folgt: "Vielen Dank für die Hinweise zum Thema Tabak. Ich selbst habe diesbezüglich ein reines Gewissen."

Birgit Kömpel, SPD-MdB Foto: O|N Archiv

Kömpel äußerte sich im Gespräch mit O|N klar gegen das Rauchen und den aktuellen Tabakboom. Die stetige Erhöhung der Tabaksteuer sei Prävention genug. "Trotzdem müssen wir uns in Deutschland mehr auf die gesundheitlichen Folgen des Rauchens konzentrieren." Das Ziel der SPD sei es, großflächige Plakatierungen zu verbieten. Jedoch würde die Union dieses Vorhaben verhindern. "Die Tabakwerbung ist fahrlässig. Rauchen ist definitiv nicht cool." Kömpel sieht es als sehr positiv an, dass trotzdem immer weniger junge Menschen rauchen. "Die Gesellschaft ist viel weiter als die Gesetzgebung. Rauchen ist nun mal verpönt." (Nina Bastian) +++


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