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Im Gespräch: MdB Bettina Müller, Uwe Brömmer, Stephanie Kaprol und Dieter Bien. - Foto: Privat

REGION Abgeordnete besucht Alten- und Pflegezentren

SPD-MdB Bettina Müller: "Ich will sehen, wie sich unsere Gesetze auswirken"

18.08.17 - „Ich will nicht nur in Berlin Gesetze machen, sondern auch vor Ort sehen, wie sie sich auswirken.“ Bettina Müller, Gesundheitspolitikerin der SPD-Bundestagsfraktion und heimische Bundestagsabgeordnete, hatte beim Besuch in den Alten- und Pflegezentren des Main-Kinzig-Kreises mit dem Pflegestärkungsgesetz II und der generalistischen Ausbildung von Fachkräften in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege gleich mehrere Bezugsfelder, die sie mit Betroffenen vor Ort erörtern konnte. Gesprächspartner der Alten- und Pflegezentren (APZ) im Wohnstift in Hanau waren Geschäftsführer Dieter Bien, Einrichtungsleiter Uwe Brömmer und Pflegedienstleiterin Stephanie Kaprol.

Von einem Paradigmenwechsel sprach Geschäftsführer Dieter Bien im Zusammenhang mit dem Pflegestärkungsgesetz II. „Ambulant vor stationär“, heiße es nunmehr in der Versorgung hilfe- und pflegebedürftiger Menschen. „Das haben wir als stationäre Einrichtung akzeptiert“, so Dieter Bien. Bekanntlich wurde auch ein neues Begutachtungsverfahren eingeführt, wobei die bisherigen drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade ersetzt wurden. Bei den meisten Bewohnern stimmt nach der Überleitung der Pflegegrad mit den Beeinträchtigungen, der Selbstständigkeit bzw. den Fähigkeiten der Betroffenen überein, so der Eindruck in den Einrichtungen der APZ.

Dies können die Verantwortlichen der APZ allerdings nicht für die Eingliederung von neuen Bewohnern in Pflegegrade feststellen. „Es ist ein Trend erkennbar, dass die Einstufung der Bewohner durch den Medizinischen Dienst (MDK) meist zu niedrig erfolgt und nicht mit der tatsächlichen Situation der Pflegebedürftigen übereinstimmt“, so Bien. Sich um die „richtige“ Eingliederung zu kümmern, ist zwar zunächst Aufgabe der Betroffenen bzw. ihrer Angehörigen. Die stationären Einrichtungen leiden aber insofern unter diesem Trend, als sie zur optimalen Versorgung des Bewohners Leistungen erbringen müssen, die nicht vergütet werden, im Übrigen die Zahl der Pflegekräfte auch von der Eingliederung in die Pflegegrade abhängt, also niedriger wird.

Die Forderung des Geschäftsführers lautet deshalb: "Der MDK muss von den Kostenträgern, den Kassen, abgekoppelt und als unabhängige Institution eingerichtet werden." Die SPD-Bundestagsabgeordnete und Gesundheitsexpertin empfahl den Betroffenen bzw. ihren Angehörigen verstärkt Widerspruch einzulegen, wenn sie mit dem durch den MDK festgestellten Pflegegrad ihres Verwandten nicht einverstanden sind. „Bei 40 Prozent aller Widersprüche wird Abhilfe geschaffen“, so Müller zur Widerspruchs-Statistik.
 
Zustimmung erhielt die SPD-Bundestagsabgeordnete für das Votum zur generalistischen Ausbildung von Fachkräften in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege. Ab 2020 werde die Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger und zum Altenpfleger in der jetzigen Form abgeschafft und durch die generalistische Pflegeausbildung ersetzt. Eingerichtet werden soll auch ein Fonds zur Finanzierung der Ausbildung. Müller betonte, dass die Reform in der Pflegeausbildung dringend notwendig war, da die Tätigkeitsfelder in der Pflege sich immer mehr vermischten, in den Krankenhäusern der Anteil der älteren Patienten steige, während gleichzeitig in den Altenpflegeeinrichtungen zunehmend krankenpflegerische Tätigkeiten erforderlich seien. Müller gab der Hoffnung Ausdruck, dass durch die Reform der Pflegeberuf als Ganzes aufgewertet und für Schulabgänger attraktiver werde.

Die Bundestagsabgeordnete: „Das ist unbedingt nötig, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken." Bei der dreijährigen Ausbildung in allen Pflegarten ist sich Müller sicher, dass dies gelingt, da die Pfleger später im Krankenhaus oder im Altenheim arbeiten können. "Im Übrigen steigt damit hoffentlich auch der Druck auf die Altenpflege, bessere Gehälter zu zahlen", so Müller. „Unterschiede von 1.000 Euro, wie bisher, darf es in Zukunft nicht mehr geben.“ Für Geschäftsführer Dieter Bien hängt eine gelungene Umsetzung ab 2020 entscheidend davon ab, wie die Prüfungsordnung aussieht.

Beim Rundgang durch die Senioreneinrichtung mit Dieter Bien, Uwe Brömmer und Stephanie Kaprol interessierte sich die SPD-Bundestagsabgeordnete insbesondere für die Palliativ Oase, deren Finanzierung durch die Kassen immer noch nicht gesichert ist, obwohl sie eine Versorgungslücke zwischen der Hospizversorgung und der ambulanten Palliativversorgung schließt. Für Einrichtungsleiter Uwe Brömmer deshalb unverständlich, weil hier schwerstkranke und schwerstpflegebedürftige Menschen in der letzten Lebensphase nicht der Belastung von Ortswechseln (z. B.: Krankenhauseinweisungen) ausgesetzt sind und laut der Pflegedienstleiterin Stephanie Kaprol für die fachliche Versorgung in der Palliativ Oase eine fachlich qualifiziertere Personalausstattung benötigt wird, was mehr Geld kostet.

Weiterhin müsse eine Vielzahl an behandlungspflegerischen Leistungen (Versorgung von Port, Tracheostoma, PEG Sonden, Schmerzmanagement) erbracht werden, die auf den normalen Wohnbereichen nicht erbracht werden könnten. Im Übrigen sei die technische Ausstattung mit Sauerstoff und Absauggeräten sowie Pflegehilfsmitteln nötig und fachliche Assistenz bei Invasiven Eingriffen zu gewährleisten. Das Modell in Hanau findet inzwischen übrigens nationale Anerkennung. Zwei Universitäten befassen sich in Studien mit der Palliativ Oase, und selbst das Bundesgesundheitsministerium hat die Oase für eine Eingliederung unter die zehn besten Einrichtungen in Deutschland evaluiert.

Im Wohnbereich (WB) 6 konnte sich Bettina Müller von der Richtigkeit der Anwendung des Werdenfelser Weges überzeugen. Der bisher für die Pflege und Betreuung von Demenz-Erkrankten beschützte Bereich wurde in einen offenen umgewandelt. Der WB 6 gilt auch als Vorzeigebereich für eine gelungene Sanierung und der Anordnung der Sozialräume, wie sie nunmehr in weiteren Bereichen des Wohnstifts vorgesehen ist. +++


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