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HANAU 5 Jahre Abzug der US-Armee:

Konversion ist "Segen für die Stadtentwicklung"

02.12.13 - Am 22. November 2008 holten Soldaten der US-Armee in einem feierlichen Akt ihre letzte Flagge auf der Pioneer-Kaserne in Hanau-Wolfgang ein. Damit war der Abzug des US-Militärs offiziell beendet. Ab sofort war Hanau - einst größte US-Garnison Europas mit rund 30.000 Soldaten, Angestellten und Familienmitgliedern - kein Stützpunkt der Amerikaner mehr. Nach 53 Jahren Präsenz, waren die Befreier zu Nachbarn und Gefährten geworden, die das Stadtbild maßgeblich und selbstverständlich mit geprägt hatten. Ihr Abzug hinterließ eine gähnende Leere - sowohl im übertragenen, als auch im wörtlichen Sinne.

Gut ein Dutzend Kasernengelände mit insgesamt 340 Hektar Fläche fielen plötzlich in die Planungshoheit der Stadt Hanau zurück. Eigentümerin der ehemaligen Militärflächen wurde die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). "Eine wahre Mammutaufgabe, die es im Rahmen einer wohl überlegten Stadtentwicklungsstrategie zu bewältigen gilt", befand damals Oberbürgermeister Claus Kaminsky nach einer ersten ausführlichen Sichtung der weitläufigen Gelände in den Stadtteilen Lamboy, Wolfgang und Großauheim.

Heute, fünf Jahre später, befindet sich mehr als die Hälfte der Fläche (177 Hektar) bereits in ziviler Nachnutzung. 580 neue Wohneinheiten und mehr als 550 neue Arbeitsplätze sind auf den ehemaligen Kasernengeländen bisher entstanden. Auf der Old Argonner Kaserne werden im kommenden Jahr mindestens 280 neue Wohneinheiten gebaut. Für die Pioneer-Kaserne mit 61 Hektar Gesamtfläche konkretisieren sich die Pläne. Derzeit prüft die Stadt die Möglichkeit die Kaserne selbst zu kaufen und in kleinen Stücken zu vermarkten. Ein Aufstellungsbeschluss für die Bauleitplanung ist für die erste Hälfte 2014 geplant.

"Ein sagenhaftes Tempo!", befindet Oberbürgermeister Kaminsky. "Wer hätte sich damals träumen lassen, dass wir in so kurzer Zeit so viel erreichen!" Das sei vor allem der guten Zusammenarbeit mit der BImA und der harten Arbeit aller Beteiligten am Konversionsprozess zu verdanken, so der OB. "Der Hanauer Konversionsbeauftragte Martin Bieberle und sein Team haben hier eine unglaubliche Leistung vollbracht. Gleiches kann ich aber auch für die Mitarbeiter der Bundesimmobilienanstalt sagen. Sie sind verlässliche und engagierte Partner, die Überstunden und Gesprächsrunden am späten Abend genauso wenig scheuen wie wir."

Die Aufwertung der ehemaligen Kasernengelände durch hochwertige Sanierung und Wohnbebauung, die Verbesserung der Nahversorgung und ein attraktives Schulangebot hätten die Lebensqualität für die Menschen in Wolfgang, Lamboy und den angrenzenden Stadtteilen nachhaltig verbessert und sich insgesamt auch positiv in vielen anderen Bereichen ausgewirkt, so Kaminsky weiter. "Neben dem wettbewerblichen Dialog zur Umgestaltung der Innenstadt war und ist die Entwicklung der ehemaligen Militärflächen eine riesige Chance für die Stadt Hanau aber auch für unsere Region. Durch die neuen Areale, so Kaminsky, seien ungeahnte Möglichkeiten zum Wohnen, Leben und Arbeiten entstanden."

Aus Sicht der Stadtentwicklung sei der Abzug der US-Armee daher ein Segen gewesen.
Im Jahr 2008 wurde "Konversion" - der Fachbegriff für die Umwandlung ehemals militärisch genutzter Flächen für zivile Zwecke - zum neuen Zauberwort in Hanau. OB Kaminsky ernannte das Thema zu Chefsache und Stadtentwicklungschef Martin Bieberle zum Konversionsbeauftragten, der die Verhandlungen mit der BImA und potentiellen Investoren führen sollte. "Wir hatten zu diesem Zeitpunkt noch keine Erfahrungen, auf die wir zurückgreifen konnten. Aber aus der Medienberichterstattung konnten wir entnehmen, dass viele Kommunen in einer ähnlichen Situation sich in einen Interessenskonflikt mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben begeben hatten. Das mündete dann gemeinhin in einem Patt für beide Seiden und einen Stillstand in der Stadtentwicklung. Das wollten wir für Hanau auf keinen Fall!", erinnert sich Bieberle.

Kaminsky und Bieberle holten sich ein Team von sachverständigen Beratern aus den Bereichen Immobilienwirtschaft, Stadtentwicklung, Wirtschaftsförderung und Verwaltungsrecht an den Tisch und erörterten ihre Optionen. Parallel wurden intensive Gespräche mit der BImA geführt. "Uns wurde schnell klar, dass hier vernünftige Menschen sitzen, die versuchen ihre Aufgabe - den Verkauf von Liegenschaften in Auftrag des Bundes - professionell und zügig zu erfüllen. Auch unser Ziel war die rasche Entwicklung der Gelände - natürlich im Hinblick auf unsere spezifischen Stadtentwicklungsziele. Eine Zusammenarbeit schien absolut angebracht", berichtet der OB.

Bereits im März 2009 unterschreiben Stadt Hanau und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben einen Kooperationsvertrag. Ein gemeinsamer Zeitplan, eine gemeinsame Vermarktungsstrategie und die angestrebten Stadtentwicklungsziele wurden festgelegt sowie der Wille zur Zusammenarbeit abermals bekräftig. In einem Lenkungsausschuss treffen sich seither regelmäßig Oberbürgermeister Kaminsky und BImA-Vorstandsmitglied Axel Kunze sowie leitende Mitarbeiter beider Parteien, um grundlegende Entscheidungen zu treffen und anfallende Probleme gemeinsam und schnell aus dem Weg zu räumen. "Die Stadt Hanau hat hier eine Leuchtturmfunktion für ganz Deutschland übernommen", lobt Kunze. "Keine der Kommunen mit denen wir bis dato zu tun hatten, war so professionell aufgestellt und hatte so klare Vorstellungen davon, was sie will. Das hat die Zusammenarbeit sehr erleichtert und ist auch mit ein Grund dafür, warum der Konversionsprozess in Hanau so gut voran schreitet."

Kunze betont, dass der wettbewerbliche Dialog zur Neugestaltung der Innenstadt in seinen Augen den Standort Hanau deutlich aufwerte und dadurch eine nicht zu unterschätzende Wechselwirkung mit dem Konversionsprozess entstanden sei. "Hanau zeigt Mut zum Wachstum und ist bereit dieses auch aktiv mit zu gestalten. Dieses Verhalten sendet sehr positive Signale in die Welt - auch an mögliche Investoren", sagte Kunze. "Der bundesweite Imagetransfer durch den wettbewerblichen Dialog ist enorm. Gemeinsam mit dem rasanten Konversionsprozess, nimmt Hanau hier eine zweifache Vorbildfunktion in Deutschland ein."

"Neben der guten Zusammenarbeit mit der BImA gibt es natürlich noch eine weiteren elementaren Faktor für den Konversionserfolg und das ist der Investor", erläutert OB Kaminsky. "Stadtentwicklung in diesem Ausmaß ist nur mit Hilfe von privaten Investoren möglich. Diese müssen zum einen für Projekte in Hanau begeistern werden. Zum anderen muss die Investition natürlich rentabel sein. Nur aus lauter Gutmütigkeit investiert niemand sein Geld in Hanau." Die drei beteiligten Parteien erst an einen Tisch und dann unter eine Hut zu bringen, das sei das Erfolgsgeheimnis, so der OB weiter. "Nur wenn alle drei Partner mit dem Ergebnis zufrieden sind, wird ein Kaufvertrag unterschrieben. Wir tun alles dafür, um das zu erreichen! Bisher waren wir damit sehr erfolgreich."

Den ersten Grundstückskäufe tätigte die Stadt Hanau damals jedoch selbst, um dringende Eigenbedarfe zu decken: Noch im Dezember 2008 kaufte sie rund sieben Hektar Fläche und Fahrzeughallen auf der ehemaligen Hutier-Kaserne. Hier entstand das neue Gefahrenabwehrzentrum mit Hauptfeuerwache, Rotem Kreuz, Johanniter Unfalldienst und Deutscher Lebensrettungsgesellschaft. Im Juni 2009 kaufte die Stadt zudem einen Teilbereich der Old Argonner Kaserne von 3,6 Hektar Größe mit der ehemaligen Grundschule der US-Army. Nach ausführlicher Sanierung und Anbau eröffneten hier das neue Förderzentrum, das heute unter Elisabeth-Schmitz-Schule firmiert, sowie die Old Argonner Kindertagesstätte.

Im September 2009 gab es einen Konversionserfolg zu vermelden, der deutschlandweit Furore machte: In Kooperation mit dem Bundesforst, einer Unterabteilung der BImA, wurden die ersten Przewalski-Urwildpferde auf dem ehemaligen Truppenübungsgelände und heutigen Fauna-Flora-Habitat "Campo Pond" in Großauheim angesiedelt. Dort sorgen sie seither als Landschaftspfleger für den Erhalt der Naturlandschaft. Gleichzeitig sind sie aber Teil eines internationalen Zuchtprogramms, das den Fortbestand der fast ausgestorbenen Tiere sichert. Als Sympathieträger mit großer Fangemeinde tragen sie zudem zum positiven Image Hanaus bei.

Ende 2009 - nur ein Jahr nach Abzug der Amerikaner - konnten Stadt und BImA bereits den ersten großen Grundstücksverkauf an zwei lokale Investoren verkünden: Karl Wolf und Albrecht Krebs taten sich in der KW Projektsteuerung GmbH & Co zusammen und kauften das 35 Hektar große Areal der ehemaligen New Argonner Kaserne. Hier entstanden in Absprache mit der Stadt Hanau durch Sanierung und Neubau 390 Wohneinheiten, eine Privatschule mit Turnhalle sowie ein Dienstleistungs- und ein Nahversorgungszentrum. Im März 2010 kaufte die Kronenberger Vermögensverwaltung dann acht Mehrfamilienhäuser der Cardwell Siedlung im Stadtteil Lamboy und bot die 96 sanierten Wohneinheiten zur Miete und zum Kauf an. Noch im September des gleichen Jahres erstand die Bauwert Rhein-Main GmbH aus Baden Baden die ehemalige Yorckhof-Kaserne und schuf dort unter dem neuen Namen Yorckhof Stadtvillen durch Sanierung und Neubau 83 neue Wohneinheiten.

Im Oktober 2010 kaufte die R+S solutions Holding AG zwei Gebäude auf der ehemaligen Hutier-Kaserne im Stadtteil Lamboy, die sie sanierte und in Bürogebäude umwandelte. Drei Monate später erstand Ikea 3,7 Hektar angrenzender Fläche, die das Unternehmen für eine mögliche Erweiterung nutzen will. Im Juni 2011 kaufte die Berus GmbH einen ehemaligen Parkplatz und baute dort elf Reihenhäuser. Im März 2012 unterschrieb das Unternehmen R+S den Kaufvertrag für die restlichen sieben Gebäude auf der historischen Hutier-Kaserne.
Im Juni 2012 erstand Investor Ernst Hain das Gebäude 903 an der Lamboystraße. Er vermietete es an das Behindertenwerk Main-Kinzig, das dort im August 2013 die erste inklusive Sophie-Scholl-Schule eröffnete. Im September 2012 kaufte Autohaus Noe-Stang eine Fahrzeughalle und Gewerbefläche auf der ehemaligen Hutier-Kaserne. Im Frühjahr 2013 konnten Stadt und BImA stolz den Verkauf der 17 Hektar großen Old Argonner Kaserne an die Maiberg Wohnbau GmbH verkünden. Das Unternehmen plant hier ab dem kommenden Jahr rund 280 Wohneinheiten sowie ein kleine Gewerbeansiedlung entstehen zu lassen.

"Wir haben in den letzten Jahren hart gearbeitet, um die Entwicklung der Flächen voranzutreiben und das hat sich ausgezahlt", sind sich Oberbürgermeister Kaminsky und Stadtentwicklungschef Bieberle einig. "Entscheidend ist und war die gute Zusammenarbeit mit der Flächeneigentümerin BImA. Wir haben von Anfang an auf ein gemeinsames Ziel hingearbeitet und dann die entsprechenden Investoren mit ins Boot geholt. Nur durch den konsequenten Dialog und die Kooperation zwischen den drei Parteien konnten wir diese guten Ergebnisse erzielen."

Doch sei man noch nicht am Ziel angekommen. Rund 163 Hektar seien noch nicht konvertiert. "Es steht uns also noch eine Menge Arbeit ins Haus", versichert der OB. "Wir werden auch weiterhin diese einmalige Chance aktiv ergreifen und mit Hilfe der Konversion die Stadtentwicklung vorantreiben in dem wir neue Arbeitsplätze, neuen Wohnraum sowie neue Erholungsräume für die Bürgerinnen und Bürger schaffen", verspricht Oberbürgermeister Kaminsky. +++


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