Hassknecht auf Tour: In 12 Schritten zum Choleriker

15.04.14 - Wortgewaltig, parteiübergreifend und laut – wenn der 1,63 m große Mann sich erst einmal eine Meinung gebildet hat, kennt er weder Freund noch Feind. Davon konnten sich gestern die Besucher des Kabarettprogramms „Das Hassknecht Prinzip – in zwölf Schritten zum Choleriker" in der nahezu voll besetzten Stadthalle überzeugen. Auf der Bühne Hans-Joachim Heist alias Gernot Hassknecht, der als festes Ensemblemitglied der „heute-show" mittlerweile Kultstatuts erreicht hat.

Politikverdrossenheit in voller Lautstärke

Für seine ständig wachsende Fangemeinde ist Gernot Hassknecht das Sprachrohr, wenn es darum geht, Frust und Ärger auf Missstände in unserem Land lautstark auf den Punkt zu bringen. Vor allem Politiker lassen seinen Blutdruck in die Höhe schnellen. „Flinten-Uschi", die mit kugelsicherer Frisur Familie, Arbeit und Krieg unter einen Hut bekommt und eine familienfreundliche Teilzeit-Armee fördern will, gehört dazu. „Krieg ist nicht familienfreundlich", brüllt Hassknecht, der sich ebenso lautstark über die Besetzung des Postens als Verkehrsminister mit den größten Losern im Kabinett aufregen kann wie über die Qualifikation als Landwirtschaftsminister: „Es reicht, wenn man schon mal was gegessen hat".

Hemmungslose Schimpfkanonaden

„Wie viel Unheil hätte vermieden werden können durch ein rechtzeitiges Beschweren!" Hassknecht schreibt Beschwerdebriefe. Herrlich, wie er seinem Bankberater die Meinung geigt nach dem Motto: Ich war jung und brauchte das Geld nicht, deshalb habe ich Ende der 90er in einen geschlossenen Immobilienfond und in Aktien investiert. Mit feiner Ironie hat er dem Mann erklärt, warum er ein Arschloch ist. Respekt! Seine hemmungslosen Schimpfkanonaden richten sich auch gegen das asoziale Nachmittagsprogramm bei RTL und SAT1, das Überstrapazieren sozialer Netzwerke, gegen Ämter und Behörden und die Frauenquote. Hassknecht, den mit seiner Frau Renate eine konstruktive Hassliebe verbindet, rät trotzdem: „Heiraten Sie! Wo kann man sich besser aufregen als im Schoße der Familie?"

Einspieler und Autoaggressionsübung

In seinem zweistündigen Programm verriet er, warum er eine gesunde Abneigung gegen Sport hat und servierte dem Publikum ein optisches Festmenü. „80 % von dem, was ich esse, muss früher einmal ein Gesicht gehabt haben". Es sind jedoch hauptsächlich die Einspieler von seinen cholerischen Ausbrüchen in der „heute-show", die für begeisterte Zustimmung sorgen. Da ist Hassknecht in Hochform! Auf der Bühne ist er deutlich leiser, aber seine Botschaft kommt trotzdem an: „Sich aufregen kann man nicht den Amateuren überlassen!" Dafür hat er sich eine Autoaggressionsübung ausgedacht, die er auch mit seinem Bad Hersfelder Publikum einübte. Ob die ausreicht, aus den Anwesenden Berufscholeriker zu machen, ist fraglich. Zwar hat Hassknecht in zwölf Schritten eindrucksvoll bewiesen, wie es funktioniert, aber der Meister hätte mit den Anfängern deutlich mehr üben müssen. Das können sie aber auch selbst machen, jeden Morgen 10-15 Minuten. Dann funktioniert es, verspricht Hassknecht.

Milan als Hassknecht

Einer hat es schon drauf. Milan Rohrbach aus Niederaula, der jüngste Fan im Publikum, hat mit einer genialen Hassknecht-Imitation bei der Karnevals-Prunksitzung in seiner Heimatgemeinde vor rund 450 Besuchern mit dem Hassknecht-Klassiker „Wer regiert den Fußball?" und einer Zugabe die Bühne gerockt. Milan konnte mit seinen Eltern und seinen Brüdern schon vor der Veranstaltung Hans-Joachim Heist bei einem Meet & Greet treffen, das osthessen-news-Redakteur Hans-Hubertus Braune arrangiert hatte. Der „heute-show"-Star bekam nicht nur eine lautstarke Kostprobe des pfiffigen Siebenjährigen zu hören, sondern auch ein Autogramm von dem kleinen Schreihals, der schon für seinen nächsten Bühnenauftritt übt. Autogramme gab es nach der begeistert beklatschten Veranstaltung vom Meister für seine Fans. Auch Milan stellte sich in der langen Schlange an, denn beim aufregenden Treffen mit Hans-Joachim Heist hatte er die versprochenen Autogramme für seine Oma und Freunde vergessen. (Gudrun Schmidl) +++