Archiv

- Alle Fotos: Martin Angelstein

14.08.05 - Fulda

WJT 5 - “Bronx Brothers on stage for Jesus” - Franziskanermönche rappten

In diesen Tagen reibt sich in Fulda niemand die Augen, wenn an jeder Ecke – nicht nur im Domviertel - gebetet gesungen oder getanzt wird. Rund 12.000 Gäste sind zur Vorbereitung des Kölner Weltjugendtags in die Domstadt gekommen und verbreiten auch im strömenden Regen eine Art klerikales Woodstockfeeling. Die Bronx Brothers – eine zehnköpfige Band von Franziskanermönchen aus New York tragen ihren Teil zu dieser Stimmung bei. Wie aus einer anderen Welt erscheinen sie in ihren grauen Kutten, alle mit kahlem Haupt und langen Bart. Ihren ersten "offiziellen" Auftritt hatten sie am Samstagabend im Fuldaer Kulturzentrum Kreuz (siehe gestern EXTRA-Bericht) und am heutigen Nachmittag auf dem Domplatz. Tausende waren verzückt, ließen sich von der Musik mitreißen. Dazu gibt es auf der linken Seite eine ausführliche BILDERSERIE.

Die Haartracht ist keine Vorschrift ihres Ordens: „Bei uns muss immer alles schnell gehen, für lange Toilette haben wir keine Zeit“, erklärt Bruder Paulus Maria. Die drei Knoten am Strick um die Taille verpflichten die Mönche zu Keuschheit, Besitzlosigkeit und Arbeit für die Armen. In New York heißt das vor allem, Obdachlosen Unterkunft im Kloster in der Bronx zu bieten und die vielen gespendeten Lebensmittel in Suppenküchen an Bedürftige auszugeben.

Am Samstagmorgen spielten die eingeflogenen Brüder auf dem großen Vorplatz des Doms ausgelassen Frisbee. Großes Gelächter unter den Zuschauern, als Bruder Juan Diego mit dem mächtigen roten Bart bei einem Fehlsprung lang hinschlägt und rücklings liegen bleibt. Grinsend hält er sich die weiße Frisbeescheibe als Heiligenschein hinter den Kopf.

Gestern Abend im Kulturzentrum Kreuz in Fulda , das wie jeden Samstag von schwarz gewandeten Gothic-Anhängern beherrscht wird: ungläubiges Staunen unter den üblichen Diskobesuchern, als die Brüder aus New York in ihren Kutten unter einem großen Jesus-Transparent auf der Bühne loslegen und „Lord, open the eyes of my heart“ skandieren. Die Beats klingen durchaus professionell, die beiden Sängerinnen legen sich heftig ins Zeug. Unter den Stammgästen des Kreuz´ ist leichtes bis schweres Befremden zu spüren, aber das ficht die Brüder und ihre katholische Fangemeinde nicht an.

Musik machen die Mönche aus New Yorks Elendsviertel schon jahrelang, den zugkräftigen Bandnamen tragen sie erst seit dem Bonifatiusfest im letzten Jahr in Fulda. Die New Yorker Mönche gehören zur Gemeinschaft der „Franziskaner der Erneuerung“, einer Reformbewegung des Ordens, der seine von Franz von Assisi stammenden Ideale wesentlich strenger auslegt als ihre deutschen Mitbrüder.

Bruder Paulus-Maria, der mit seiner Band letzte Woche in seiner Geburtsstadt Pirna in Sachsen auf Tournee war, nennt die Mönche auf dem Fuldaer Frauenberg und in Münster „gutbürgerlich“. „Da konnte man sich das Essen von einer Speisekarte aussuchen“, erinnert sich der 37-Jährige mild entsetzt an seine früheren Aufenthalte dort. Er ist in einer katholischen Familie in der DDR aufgewachsen, erzählt er, „aber mit 13 oder 14 Jahren glaubt man etwas anderes als die Eltern“. Kurz vor der Wende ist er dem Orden in Bautzen beigetreten und sagt, er habe das niemals bereut.

Auf seinem Weg durch verschiedene Klöster im Westen ereilte ihn ein Kulturschock. „Die waren alle so überangepasst“. Seine Berufung nach New York traf ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel. „Ich habe 1995 den Film „Barfuß in der Bronx“ über die Arbeit meiner jetzigen Mitbrüder gesehen und sofort gewusst, dass ich dahin gehöre.“ Das Leben im Kloster mit viel Arbeit und vier Stunden Gebet täglich sei voller Opfer - aber eben auch beziehungsreich.

Den Erfolg seiner Band, in der er Gitarre spielt, findet Bruder Paulus-Maria „fast schon peinlich“. Aber die Jugendlichen, die ihnen zujubelten, seien so spürbar hungrig nach Authentizität: „In den alten Kirchentraditionen ist so vieles trocken und halbtot, das riecht zu sehr nach Gruft.“ Was dringend gebraucht werde, sei mehr Mut und Leichtigkeit, meint der Mönche und schmeißt die Frisbeescheibe in die Luft. (Carla Ihle-Becker) +++
















Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön