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In Oberelsbach wurde am Ostermontag die Ausstellung über das Leben und Werk des Rhöner Künstlers Valentin Rathgeber eröffnet. Weihbischof Helmut Bauer, Schirmherr der Ausstellung und des Festjahres, zeigte sich bei einem Rundgang sichtlich erstaunt, über das, was hier Erasmus, Berthold und Stefan Gaß zusammengetragen haben. Als eine Besonderheit und einen Blickfang bezeichnete er die lebensgroße Nachbildung Valentin Rathgebers. - Foto: Friedrich
Ein Blick in die Ausstellung, die ab sofort täglich, außer Dienstag, im „Haus der Langen Rhön“ in Oberelsbach zu sehen sein wird. Sie arbeitet das Leben und die Werke Valentin Rathgebers auf.
11.04.07 - Oberelsbach
Weihbischof BAUER, Erasmus und Berthold GASS bei "RATHGEBER"
Den Rhöner Komponisten Valentin Rathgeber reichte der Würzburger Weihbischof Helmut Bauer bei der Ausstellungseröffnung am Ostermontag aus Anlaß des 325. Geburtstages des Komponisten die Hand und ließ sich von Fotografen ablichten. In mehrmonatiger Arbeit hatte ein Rhöner Holzschnitzer den Kopf Rathgebers nach historischem Vorbild geschnitzt und Stefan Gaß von der Rathgebergesellschaft fertigte in Eigenleistung den Körper dazu. „Er schaut wie echt aus,“ lobte der Weihbischof die Arbeit und nannte ihn eine Bereicherung für die Ausstellung. Die Figur zeigt den Rhöner Komponisten im Gewand eines Benediktiners.
Es sei wichtig das Erbe der Vorfahren zu bewahren und, wie bei Valentin Rathgeber, wieder aus der Versenkung zu holen, sagte der Würzburger Bischof. An die jungen Komponisten appellierte er, neue, der Zeit angepasste Werke zu schaffen. Rhön-Grabfeld-Landrat Thomas Habermann wiederum stellte die Wurzeln des Komponisten heraus, der in der Rhön geboren ist und schon vor 300 Jahren auf Oberelsbach aufmerksam mache. Das geschehe nun wieder. Die Ausstellung ist täglich, außer Dienstag, von 10-17 Uhr im „Haus der Langen Rhön“ bis zum 3. Juni zu sehen.
Zuvor hatte der Präsident der Valentin Rathgebergesellschaft, Erasmus Gaß, die Gäste begrüßt darunter neben Weihbischof Helmut Bauer, Landrat Thomas Habermann, Bezirksrätin Karin Renner und Bezirksrat Adolf Büttner sowie Erhard Nowak aus Bad Neustadt, der sich schon in den Jahren um 1960 mit den Werken Valentin Rathgebers befaßt und diese aufgeführt hatte. „Es ist vollbracht,“ sagte Erasmus Gaß und erinnerte an die lange und schwierige Zeit, die man hinter sich gebracht habe, um nach den Werken des Rhöner Komponisten zu forschen. Bis in die Schweiz und nach Polen hinein habe man den Weg zurückverfolgt und sei fündig geworden. Rund 40.000 Euro hat die Ausstellung gekostet, die nur mit Hilfe vieler Sponsoren geschultert werden konnte. Dank galt der Kulturstiftung des Bezirks Unterfranken, dem Landkreis Rhön-Grabfeld, der Sparkassenstiftung und dem Kulturfond Bayern, sowie der Diözese Würzburg.
Bei den Reisen sei man meist freundlich unterstützt worden und habe so Werke Rathgebers ausfindig gemacht, aber auch über 200 Bilder zusammen getragen. Kurz streifte der Präsident der Valentin Rathgebergesellschaft das Ehrenamt, das gerade in der Familie Gaß eine große Rolle spielte, wenn es um die Aufarbeitung der Werke Valentin Rathgebers ging. Wichtig sei es bei allem Bemühen gewesen, Rathgeber wieder ins Bewusstsein zu bringen. „Das ist durchaus gelungen,“ sagte der Würzburger Weihbischof Helmut Bauer, der an den großen Einsatz der Familie Gaß erinnerte. Dafür sagte er im Namen der Diözese Würzburg ein herzliches ‚Vergelts Gott. Es sei wichtig, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Bereits am Morgen hatte Bauer in der Pfarrkirche St. Kilian einen Pontifikalgottesdienst gefeiert und hier das Gesamtkunstwerk –Musik von Rathgeber und den kunstvoll gestalteten Kirchenraum- heraus gestellt.
Werke von Rathgeber seien besonders dazu angetan, der Seele der Menschen Flügel zu verleihen. Auch die Kunstwerke in der Kirche hätten die Seele angesprochen. Es sei gut, Valentin Rathgeber und seine Werke nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Die Würzburger, so der Weihbischof, könnten sich schon jetzt auf die Ausstellung im Juni freuen, wenn diese dann im Kreuzgang des Domes zu sehen sein wird. Würzburg sei schließlich auch eine prägende Stadt für Rathgeber gewesen. Oberelsbachs Bürgermeisterin Birgit Erb dankte der Familie Gaß im Namen der Gemeinde, erinnerte aber auch an Gottfried Rehm und Erhard Nowak, die bereits um 1960 sich mit den Werken Rathgebers befaßt hatten. Man könne in Oberelsbach stolz auf den großen Sohn der Gemeinde sein. Dem vielfältigen Engagement der Familie Gaß sei es gelungen, eine weltweit einzigartige Zusammenstellung der Werke Rathgebers auf über 11.000 Seiten zusammen zu tragen.. Der Tag der Ausstellungseröffnung stelle einen geschichtlichen Markstein in der Gemeinde dar.
Landrat Thomas Habermann stellte das „ganz tolle, ehrenamtliche Wirken“ von Erasmus, Berthold und Stefan Gaß heraus. Den Gottesdienst nannte er einen bewegende Beginn des Rathgeberjahres. Stolz sei man im Landkreis natürlich darauf, daß Valentin Rathgeber ein Rhöner war, der hier seine Wurzeln hatte. „Sie haben Valentin Rathgeber und seine Werke wieder zu neuem Leben erweckt. Einen großen Sohn Unterfrankens nannte Bezirksrat Adolf Büttner den Komponisten Valentin Rathgeber. Er überbrachte die Grüße von Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel. Die Kulturstiftung des Bezirks habe hier gerne eine finanzielle Unterstützung gegeben. Schließlich gab es noch einen Scheck der Sparkasse Bad Neustadt, der von Direktorin Angelika Zotter, überreicht wurde. Die 4.000 Euro seien hier gut angelegt, um ein großes Werk zu unterstützen. Anerkennung und Stolz präge diese Ausstellung um Valentin Rathgeber.
Erasmus und Berthold Gaß erinnerten
an manch besondere Begebenheit Rathgebers
Es war ein zunächst mit vielen Zahlen gespickter Festvortrag, der aber dann durch einige Schmankerl aufgelockert wurde. Der Präsident der Valentin Rathgebergesellschaft, Erasmus Gaß, gab interessante Einblick in die Biographie von Johann Valentin Rathgeber (1682–1750). Dazu gehörte auch ein Streifzug in den Stammbaum der Rathgeber-Familie. Wer wusste schon etwas von einer „Welfenprinzessin“ oder von Streitigkeiten bei der Pfarreibesetzung in Oberelsbach? All das hatten die Gaßbrüder bei ihren Recherchen herausgefunden.
Valentin Rathgeber senior, der Vater des Komponisten wurde 1643 als Sohn von Matthes Radgeber und Barbara Gessner in Brend geboren. Er heiratete 1661 die Jungfer Anna Scheuplein in Brend, über die ansonsten nichts bekannt ist. Matthes Rathgeber, der Großvater des Komponisten, heiratete 1636 Barbara Gessner in Brendt, die 1663 verstarb. Als zweite Ehefrau heiratete Matthes Rathgeber 1663 die Jungfer Barbara Fuchs in Brendt, die 1678 verschied und ihren Ehemann um 2 ½ Jahre überlebte. Der Komponist Valentin Rathgeber konnte somit seine Brender Großeltern nie kennenlernen. Valentin Rathgeber und seiner Frau Anna werden insgesamt sieben Kinder geboren: Anna Margaretha (1663) und Heinrich (1669) in Brend, der aber kurz nach der Geburt verschied und Anna Barbara (1673), Susanna (1676), Anna Ursula (1680) sowie Hanns Valentin und eine namenloses, bereits bei der Geburt verschiedenes Kind (1685) in Oberelsbach.
Bei der Pfarreibesetzung im Jahre 1687 kam es in Oberelsbach zu Streitigkeiten, an denen auch der Schulmeister, wohl Rathgeber senior, teilnahm. Alle Beteiligten wurden von der hochstiftlichen Verwaltung hart bestraft. Im Jahr 1688 wurde eine Klage gegen Schulmeister Rathgeber senior wegen mangelnden Diensteifers geführt und derselbe durch Johann Kaspar Helm ersetzt. Die Gemeinde Oberelsbach forderte aber schon bald den alten Schulmeister Rathgeber wieder. Im Jahr 1688 erwarb die Familie das Haus mit der Hausnummer 102 in der Kirchgasse in Oberelsbach, das 1895 abbrannte. Am Ort des Rathgeberhauses steht jetzt das Gebäude in der Marktstrasse 8. Rathgeber versah im Zeitraum 1697–1699 auch den Schuldienst in Unterelsbach, wird aber „wegen adulterium simplex“ (Ehebruch) entlassen. Anhand von entsprechenden Einblendungen über eine Power-Point-Präsentation erhielten die Gäste auch Einblicke in Eintragungen der Kirchenbücher.
Der Komponist Rathgeber war vermutlich auch Mitglied des Studentenmuseums des Würzburger Juliusspitals, da er für ein Hochschulstudium ein akademisches Gymnasium besuchen musste. Hierfür sprechen zum einen eine Liste von berühmten Absolventen des Studentenmusaeums und zum anderen ein Hinweis im Protokollbuch des Juliusspitals. Zur Zeit Rathgebers waren noch weitere Oberelsbacher am Juliusspital: der Spitalpfarrer Dr. Johann Kiesner und der Spitalstudent Valentin Strohmenger, ein Neffe des Spitalpfarrers.
Interessant dann die Informationen von Erasmus Gaß über Rathgeber und die Glaubensprofession der Welfenprinzessin. Hierzu hatte er herausgefunden, daß ein anonymer Brief über die Glaubensprofession, der Welfenprinzessin Elisabeth Christine von Braunschweig und Lüneburg, aus dem Jahr 1707 vom Komponisten selbst stammen könnte. Er könnte das gesellschaftliche Großereignis dieser Konversion benutzt haben, um nach seiner Entlassung aus dem Juliusspital eine neue Beschäftigung zu suchen. Die Welfenprinzessin ist die Mutter der späteren Kaiserin von Österreich Maria Theresia. Auf alle Fälle ist dieser Bericht an den verhältnismäßig unbedeutenden Schulmeister Rathgeber von Oberelsbach adressiert.
Aufgearbeitet hat der Präsident der Valentin Rathgebergesellschaft auch den Aufgabenbereich Rathgebers im Kloster Banz. Bei der Weihe der neuen Klosterkirche im Jahr 1719 war Valentin Rathgeber als Prediger und Chorregent zwar eingesetzt. Vermutlich war Rathgeber nur für die weltliche Instrumentalmusik beim Festmahl zuständig, während die Kirchenmusik von anderen getragen wurde. Hier meinte Erasmus Gaß, das aus den Unterlagen immer wieder hervorgeht, daß in den Klöstern wohl auch bei den Mahlzeiten oft musiziert wurde. Als Rathgeber im Jahr 1729 den Konvent von Banz verließ geschah dies keineswegs ohne Erlaubnis seines Abtes, auch wenn bei der Wahl des Abtes Gregor sein Aufenthaltsort den Verantwortlichen angeblich nicht bekannt sei.
Ein Fund in St. Gallen belegt nun eindeutig, dass Rathgeber einen Freibrief seines Abtes vorgezeigt hat, so dass nicht der Eindruck entstünde, dass er ein Klosterflüchtling sei. Andere Renegaten aus den Klöstern wurden umgehend in ihr Heimatkloster zurückgebracht. Da die Klöster gute Verbindungen untereinander besaßen, ist ein neunjähriger Aufenthalt Rathgebers in anderen Klöstern seines Ordens ohne Erlaubnis seines Abtes nicht vorstellbar. Nach den gesammelten Informationen der Gaß-Brüder waren der Komponist rund neun Jahre lang unterwegs, wobei er aber immer andere Benediktinerklöster aufsuchte. Hier gehörte es dazu, daß er dem jeweiligen Abt oftmals eine Messe schrieb und dafür auch entlohnt wurde. Insgesamt ein Vortrag, der zeigte, wie weltoffen Valentin Rathgeber war, aber auch, wie schwierig es war, seine Werke zusammen zu tragen. (hf)+++