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REGION E-Mail aus SALZBURG (4)

Vorsicht, Missverständnis! Österreicher und ihr Dialekt

Patrizia Heun ist Studentin in Salzburg und absolvierte vor einigen Monaten ein Praktikum in der Redaktion von OSTHESSEN|NEWS. Nun, da sie wieder in ihrer neuen Wahlheimat ist, möchte sie den mondaine-Lesern einen Einblick in das Leben in der traditionsreichen Stadt geben.+++

15.03.16 - Deutschland und Österreich. Zwei Länder, eine Sprache und diese feine unterschwellige Rivalität zwischen den Landsmännern und -frauen. Und doch gibt es genug Leute, die diese beiden Länder gerne zu einem machen würden, oder wenigstens Bayern und Österreich. Auf den ersten Blick scheint gerade der letzte Wunsch gar nicht mal so abwegig. Aber könnte man wirklich von einer harmonischen und konfliktfreien Verschmelzung sprechen?

Tatsächlich haben gerade die Bayern doch einige Gemeinsamkeiten mit den lieben Ösis. Dirndl, ein Faible für Volksfeste und dieser unglaublich urig klingende Dialekt. Und genau da liegt wohl auch - neben der Liebe zum FC Bayern - das erste Grundproblem. Es mag zwar im ersten Moment ähnlich klingen, doch gibt es auch für jemanden mit bayrischen Wurzeln, wie mich, einiges, was man im österreichischen Dialekt definitiv falsch (wenn überhaupt) verstehen kann. Die folgenden Momente zeigen meine Anfangsprobleme mit unseren Nachbarn. Und natürlich habe ich viele österreichische Freunde, die mich sprachlich umkrempeln wollen und dabei auch ihr Bestes geben.

Ich hatte mich mit einer Freundin zum Lernen verabredet. Sie war kurz vorher mit ihrem Bruder essen und ich wartete in meiner Wohnung auf sie. Plötzlich wird die Tür aufgerissen und meine ziemlich aufgebrachte Freundin stürmt rein. Das war der darauf folgende Dialog:

- Oh mein Gott. Was ist denn bei dir passiert? Alles ok?
- Nein! Ahh. Mei Bruder ist so ein Idiot! Der hod mi grad so angschüttet.
- Was? Wieso denn das? Warte …hier ist ein Lappen.
- Hä?! Wos soiad i jetzt damit?
- Naja..ähm. Hast du keinen Fleck oder so?
- Oh mann…Patti, er…hat mich deppert angmotzt. Des heißt „anschütten“. Und im übrigen is des ka Lappen, sondern a Fetzen.

Ja so viel dazu. Gerade, wenn wir in einer größeren Gruppe unterwegs sind, haben sich auch schon des Öfteren Fronten zwischen der deutschen und der einheimischen Studentenfraktion gebildet. Diese absolut sinnlosen Diskussionen können sich ewig ziehen, kommen immer wieder auf und drehen sich meistens um ein bestimmtes Wort, das sich bei beiden im Gebrauch unterscheidet. Das sind Wörter wie zum Beispiel „Stuhl“ und „Sessel“.

Während wir Deutschen da differenzieren, ist ein Sessel bei den Österreichern keine große, gepolsterte und gemütliche Sitzgelegenheit, in der man liest oder chillt. Nein. Ein Sessel ist dasselbe wie ein Stuhl. Diese - wie unsere deutsche Fraktion findet – unglaublich sinnlose Bezeichnung wird oft diskutiert. „Mistküwe“ ist auch so ein Wort, das einen zunächst mal stocken lässt. Aber eigentlich ist es doch eine fast niedliche Umschreibung eines Mülleimers.

Ob Uhu, Tempo oder Tesa in Deutschland weiß jeder sofort was gemeint ist. Diese generischen Markennamen, oder Deonyme, sind für uns schon so selbstverständlich, dass sie kaum aus dem Sprachgebrauch wegzudenken sind. In Österreich wird man bei diesen Begriffen meistens erstmal schräg angeschaut. Hier heißt das ganze nämlich Tixo (Das Pendant zum Tesafilm) oder doch eher Schnaizhadan (Taschentuch).

Besonders schwierig ist der salzburger Dialekt einer Freundin: "I miassat nachher no schnei in die Trafik huschen und mir gschwind a boa Tschicks kafa. Aber glei a großes Packerl. Ahhh ge bin i deppat. Host du a Sackerl mit?" Da muss man als Neuankömmling schon genau hinhören bevor man versteht was gemeint ist. Übersetzt bedeutet das Ganze: "Ich müsste nachher noch kurz zu einem Kiosk und mir ein paar Zigaretten kaufen. Aber gleich die großen Packungen. Ach verdammt bin ich blöd. Hast du eine Tüte mit?"

Als langjährige Barkeeperin hat sie auch einige Bargeschichten zu erzählen: „Ge gestern da woa ane … i sogs da. So a dumme Trutschn. Nur weil ihr Freind mit mir gredt hod, kimmt die umi und mog ma eine watschn! Oida, wegen der oiden bin hoibads orschlings übern Sessel gfalln. Echt he.“ Für alle nicht-Österreicher: „Ich sags dir…gestern war da ein Mädchen….so ein blöde eingebildete Ziege. Nur weil ihr Freund mit mir geredet hat, ist die zu mir gekommen und wollte mir eine verpassen! Wegen der Alten wäre ich fast hinterrücks über einen Stuhl gestolpert. Gibt’s ja wohl nicht.“


Missverständnisse an der Arbeit

Auch mein Job in der Gastronomie hat mich am Anfang vor ein paar Schwierigkeiten gestellt. Mal abgesehen vom Smalltalk über Österreichs Fußballmannschaften oder ihr Bier gibt es tatsächlich auch einige andere Begriffe, die man erstmal lernen muss.

Auf einer Firmenfeier mit deutschen und österreichischen Gästen gab es auch schon diverse interessante Gespräche zu belauschen. So rief mich einer der Österreicher an den Tisch und meinte „He Chefin, ge her. Schaug dei Kollgein hod da ois voibridschlt. Host du a Fetzn für uns?“ Im Weggehen, um einen Lappen zu holen, um das verschüttete Getränk aufzuwischen, höre ich wie einer der deutschen Gäste den Mann ganz verwirrt fragt „Was hast du jetzt bestellt? Meinst du nicht wir haben erstmal genug?“ Sehr beruhigend, dass es nicht nur mir ab und zu so geht.

Ein anderes Beispiel war eine Bestellung, die mir auch eher merkwürdig vorkam: ein Caipi(rinha) bei einer Geschäftsveranstaltung am frühen Mittag? Aber man hinterfragt ja nicht immer groß, sondern gibt die Bestellung an die Bar weiter. Aber auch da war man eher verwirrt, da ein Caipi einfach nicht auf der Karte stand. Die erneute Nachfrage ergab einen Cappi. Zugegeben bin ich damit auch nicht wirklich weitergekommen, also ließ ich mich von der Bar überraschen und großes Aha-Erlebnis: Ein Cappi ist ein Orangensaft. Tadaaa. Und auch den Touristen zu erklären, dass ein Seiterl ein 0,3-er Bier, ein Pfiff die Hälfte davon und Reherl Pfifferlinge sind, ist nicht immer ganz leicht.

Glücklicherweise habe ich einige österreichische Kollegen, die mich vor manchen Fehltritten bewahren. Zum Beispiel haben sie mir schon die Frage eines Gastes übersetzt (zum Glück), der mit mir auf lepschi gehen wollte. Aber um abzusagen, muss man natürlich erstmal wissen, dass es ausgehen bzw. was trinken gehen bedeutet.

Also es zeigt sich, dass es gar nicht immer so einfach ist hier zu wohnen und alles zu verstehen. Obwohl es keine Stunde dauert bis man wieder in Deutschland ist. Trotz meiner Vorkenntnisse aus dem Bayrischen erlebe ich doch immer wieder interessante Situationen. Und alle, die demnächst vielleicht doch noch zum Ski fahren nach Österreich kommen, die können eventuelle etwas mitnehmen. (Patrizia Heun) +++


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