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REGION Die MITTWOCHS-KOLUMNE

WIELOCH schreibt an (25)… die Eichenzeller Schredder-Gegner

Zur Person:In „Wieloch schreibt an“ richtet sich Jochen Wieloch (40) immer mittwochs in einem persönlichen Brief nicht nur an regionale Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Sport oder Kultur, sondern auch an Menschen des Alltags, die in den Tagen zuvor besonders aufgefallen sind und für positive oder negative Schlagzeilen gesorgt haben. Bei der Kolumne handelt es sich um eine Mischung aus Kommentar und Portraitierung, in der Jochen Wieloch mal sachlich, mal emotional lobt, kritisiert und bei Bedarf auch ordentlich Dampf ablässt. Der Petersberger kennt sich in den Medien Print, TV und Internet bestens aus und ist unter anderem als Spezialist für Unterhaltungs-elektronik gefragter Autor für zahlreiche Verlage, Magazine und Fachzeitschriften. Neben dem ZDF, 3sat und dem Bayerischen Rundfunk arbeitete der Germanist unter anderem auch für die Motor Presse in Stuttgart und auto-tv in München.

15.02.17 - Liebe Gegner der Eichenzeller Schredderanlage,
rund 750 von Ihnen sind am Samstag auf die Straße gegangen. Sie protestieren gegen den Umzug eines Unternehmens für Bauschutt-Wiederverwertung. Ihre Interessengemeinschaft ist ein Paradebeispiel dafür, wie Bürger heute ticken: Sie lassen sich nichts mehr gefallen, haben ihre eigene Meinung, kämpfen für ihre Bedürfnisse. Interessengemeinschaften schießen in unserer Region wie Unkraut aus dem Boden. Gegen Windkraft. Gegen neue Bahngleise. Für gesunde Lebensmittel. Ein positives Zeichen dafür, dass vielen ihre Heimat am Herzen liegt.

Ihr Fall in Eichenzell ist für mich nicht zu bewerten. Proteste gegen eine Autobahn oder eine neue Zugverbindung mitten durch den Vorgarten sind nachvollziehbar. Diese Problematiken sind greifbar. Bei Ihnen geht es jedoch um Grenzwerte, um Gefahrenklassen, um Z2-Material, Schwermetalle und Schwebstoffe. Sind das abstrakte oder konkrete Bedrohungen? Gibt es tatsächlich mehr Lärm und Staub? Drohen gesundheitsgefährdende Folgen? Das wissen Sie wahrscheinlich auch nicht. Vielleicht können Sie es gar nicht wissen. Aber ich verstehe Sie, ohne mich auf Ihre Seite zu schlagen: An Ihrer Stelle wäre ich wohl auch erstmal prinzipiell gegen eine Umsiedlung des Erdbauunternehmens. Was nicht da ist, kann nicht stören. Ganz egal, ob Experten und Gutachten zu einem anderen Schluss kommen.

Mündige und engagierte Mitmenschen wie Sie, liebe Schredder-Gegner, sind gut. Aber für Politik und Wirtschaft eben extrem unbequem, ein unkalkulierbares Risiko. Kleine und große Projekte sind durch Sie immer schwieriger zu realisieren. Olympia in Deutschland? Können wir in Zukunft vergessen, München und Hamburg waren dagegen. Alternative Energien in unserer Region: nur mit viel Mühe umsetzbar. Die neue Bahntrasse zwischen Fulda und Hanau: das wird eine Herkulesaufgabe. Weil Kompromisse immer Opfer fordern.

Liebe Schredder-Gegner, im Frühjahr werden die Gemeindevertreter beschließen, wohin die Brecheranlage umzieht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Fakten Ruhe in diese hitzige Diskussion bringen. Die Fronten sind verhärtet. Und ich glaube, Sie haben schon gewonnen. Ihr größtes Argument ist die Wucht Ihrer Emotionen. Sie werden nicht lockerlassen. Jahrelanger Streit wäre vorprogrammiert. Alles zusammen beeinflusst die Entscheidungsträger möglicherweise mehr als die unabhängigsten Gutachten. 750 Seiten Papier sind leise. 750 Demonstranten sind laut und nervig. Ich befürchte, die Grundlage für einen konstruktiven Dialog und Konsens in Eichenzell ist längst zerschreddert.

Mit herzlichen Grüßen



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