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Morbider Charme auf dem Friedhof Altglashütten -

WILDFLECKEN Morbider Charme

Friedhöfe im Truppenübungsplatz - Überreste der abgesiedelten Dörfer

18.04.17 - Morbider Charme zeichnet die Friedhöfe im Truppenübungsplatz aus. Es handelt sich um die Friedhöfe der ehemaligen Dörfer, die ab 1938 Zug um Zug abgesiedelt wurden. Jedes Jahr an Ostersonntag, Pfingstsonntag und Allerheiligen sind die Friedhöfe zu besuchen. Dank Adolf Kreuzpaintner von der Reservistenkameradschaft Wildflecken und seiner guten Beziehungen zu den Verantwortlichen im Truppenübungsplatz, sind diese Besuche und Besichtigungen möglich.

Die Besichtigungsmöglichkeit am Ostersonntag wurde gerne angenommen. Am Pfingstsonntag ...Fotos: Marion Eckert

Bereitwillig führte Kreuzpaintner über die Friedhöfe, erklärte die Geschichte der abgesiedelten Dörfer und ihrer Überreste. Auf einer Anhöhe direkt gegenüber eine Schießbahn liegt der Friedhof der ehemaligen Dörfer Reußendorf und Silberhof. „Der Friedhof lag zwischen den beiden Dörfern“, erklärte Kreuzpaintner. 1952 habe hier die letzte Beisetzung stattgefunden. Reußendorf war das höchste unterfränkische Dorf auf 690 Meter Höhe, 1953 wurde es endgültig abgesiedelt.

In den Jahren 1978/79 habe sich die Reservistenkameradschaft unter Führung von Kreuzpaintner des zwischenzeitlich komplett verwilderten Friedhofs angenommen. „Wir haben umfassend aufgeräumt. Neun Ster Eschen wurden rausgeholt.“ Seither werde der Friedhof regelmäßig gepflegt, vor einigen Jahren wurde für die mittlerweile verstorbenen Kameraden, die bei der Freilegung des Friedhofs aktiv mit dabei waren, ein Marterl aufgestellt, das anlässlich des Ostersonntags mit einer Blumenschale geschmückt worden war.

Adolf Kreuzpaintner (rechts) weiß viel über die Geschichte der abgesiedelten Dörfer ...

Die Besucher, die an den Feiertagen in den Truppenübungsplatz kommen, waren in den ersten Jahren noch ehemalige Bewohner der abgesiedelten Dörfer oder nahe Verwandte. „Das hat im Lauf der Jahre stark nachgelassen. Heute kommen die Enkel und Urenkel oft von weit her - sie wollen wissen, wo ihre Großeltern lebten, wo ihre familiären Wurzeln sind“, sagte Kreuzpaintner.

Auf dem Friedhof, der zwischen Reußendorf und dem Silberhof liegt, steht ein Kreuz mit einem frisch renovierten Korpus. Jahrezehntelang sei das Kreuz ohne Christusfigur gewesen. Jahrzehntelang hatte es Kreuzpaintner gesucht. Im ehemaligen Wildfleckener Bullenstall wurde er in der hintersten Ecke schließlich fündig. „Der Korpus war total verrostet, die Arme abgetrennt. Wir haben ihn restaurieren lassen. Aber ob der Korpus wirklich früher einmal an diesem Friedhofskreuz hing, wissen wir nicht sicher.“ Einen eigenen Friedhof hatte Reußendorf zunächst nicht. Die Toten wurden in Oberbach bestattet. Erst 1897 wurde der Friedhof angelegt. Zu vielen der Grabsteinen weiß Kreuzpaintner Geschichten zu erzählen. Da ist das Grab des Reußendorfers Karl Wenzel, der 1946 von drei Polen auf der Straße zwischen Maria Ehrenberg und Altglashütten, einem ebenfalls abgesiedelten Dorf, überfallen und erschossen wurde. Sehr kunstvoll gestaltet ist der Grabstein der letzten Wirtsleute vom Wiesenhaus Daniel Schmitt und seiner Frau Barbara.

Friedhof Reußendorf: Grabsteine erinnern an den ehemaligen Ort Reußendorf und ...

Eine Reihe an Grabsteine aus Altglashütten sind auf dem ehemaligen Reußendorfer Friedhof zu sehen. „Die wurden später hier aufgestellt. Es sind Gedenksteine keine Gräber. Die Angehörigen fragten, ob wir Platz haben“, erklärte Kreuzpaintner. Ähnlich verhalte es sich mit den modernen Grabsteine, die im hinteren Bereich zu sehen sind. „Das sind Grabsteiner ehemaliger Reußendorfer. Sie sind weggezogen, haben wo anderes gelebt und sind dort gestorben. Nach Ablauf der Ruhefrist und Auflösung des Grabes sind die Steine nach Reußendorf gekommen. So bleiben die Namen der Menschen in Erinnerung, die hier einmal gelebt haben.“ Auch auf dem Friedhof von Altglashütten, Neuglashütten und Dörnberg sind neuere Grabsteine aufgestellt worden. „Es sind Gedenksteine, keine Gräber. Bestattungen sind hier nicht mehr möglich." Der Waldfriedhof, auf dem aus den drei Ortschaften bestattet wurde, liegt in dem wildromantischen Tal der kleinen Sinn. Seit Abzug der Amerikaner Anfang der 1990er Jahre kümmert sich die Reservistenkameradschaft auch um diesen Friedhof.

Marode Steine und Kreuze, zwei Engel, den die Amerikaner die Köpfe weggeschossen haben, verwitterte Namen, Patina auf dem Metallkreuz. Es ist ein verwunschener Friedhof mitten im Wald. Dass hier früher Ortschaften und Gehöfte gewesen sein sollen, kann man sich nicht mehr vorstellen. Doch die Gräber auf dem Waldfriedhof erzählen von einstigen Tagen und von Schicksalen. Die verfallenen und vermoosten Kreuze sind steinerne Zeugen der Vergangenheit. „Dort hat die Kirche gestanden und das Pfarrhaus“, weißt Kreuzpaintner in Wald. Wer genau hinschaut sieht eingefallene und überwachsene Keller. „Alles vorbei. Wenn wir uns nicht kümmern würden, wäre alles überwachsen und in Vergessenheit geraten“, sagte Kreuzpaintner und freut sich schon auf Pfingstsonntag, wenn der Truppenübungsplatz wieder für die Friedhofsbesuche geöffnet wird und er Interessierten die Vergangenheit nahe bringen kann. +++


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