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Fotos: Gudrun Schmidl -

BAD HERSFELD Schul-Experiment "Die Welle"

Sommernachtsträumer sind Teil der Bewegung - heute 2. Aufführung

22.04.17 -
Im vergangenen Jahr haben die Sommernachtsträumer „Die Türen“ für ihre erfolgreiche Entwicklung weit geöffnet. Am Freitag begeisterten und berührten sie mit ihrem zweiten Stück „Die Welle“ ihr Publikum im voll besetzten Audimax der Obersbergschulen. „Bist Du Teil der Bewegung“? steht als Frage im Raum. Auf der Bühne ein Klassenzimmer. Die Schülerinnen und Schüler darin aus dem Leben gegriffen: Da gibt es den Außenseiter Tim (Diyar Ilhan), die verhaltensauffällige Emily (Smila Blüm), den Macho Kevin (Anthony Isaak) und das verliebte Paar Caro (Paula Gnewuch) und Marco (Nico Otto) mit großen Zukunftsplänen.

Nico Otto als Marco

Es ist Projektwoche und die Schülerinnen und Schüler wollen einfach nur eine entspannte Woche haben, wäre da nicht das alles andere als entspannt anmutende Projekt-Wochenthema „Autokratie“. Alle sind sich einig: In unserer heutigen Gesellschaft würde so etwas nicht funktionieren. Die Lehrerin ist skeptisch und startet ein Experiment – Die Welle. Schauspielerin Annette Lubosch ist die Idealbesetzung einer Lehrerin, die ihre Klasse spüren lassen will, wie schnell man sich von den verführerischen Mächten der Disziplin und der Gemeinschaft vereinnahmen lässt. Ausgangspunkt ist die Frage, warum sich die Deutschen im Dritten Reich nicht gegen das autoritäre, brutale Naziregime gewehrt haben.

Frau Kemmler stellt Regeln auf: Ab sofort wird sie ihre Schüler siezen. Sprechen darf nur, wem sie das Wort erteilt. Wer redet, muss aufstehen. Mit einer neuen Sitzordnung will sie die üblichen Cliquen aufbrechen. Sie lässt ihre Schüler strammstehen und marschieren. Die Schüler reagieren überraschend positiv auf ihren strengen Befehlston. Sie sind motivierter, ihre Leistungen werden besser. Das Gruppenbewusstsein wird durch den ausgewählten Namen „Die Welle“, den Handgruß, Mitgliederkarten, einheitliche Kleidung und Armbinden mit dem Welle-Symbol noch gestärkt. Nach kurzer Zeit verselbständigt sich das Experiment, immer mehr Schüler wollen der „Welle“ beitreten. Von der Euphorie der Gemeinschaft gepackt, werden die Jugendlichen immer mehr vom Strom der Welle mitgerissen. Sie engagieren sich in ihrer Freizeit für das Experiment, ihr Einsatz für die Gemeinschaft ist enorm. Von Manipulation wollen die begeisterten Mitläufer nichts hören. Diejenigen, die Kritik üben, werden ausgeschlossen und bedrängt.

Macht durch Disziplin! Macht durch Gemeinschaft! Macht durch Handeln! „Es ist einfach, den Schülern Disziplin und Drill abzuverlangen. Sie sind produktiver als je zuvor“, berichtet Frau Kemmler ihrem „Bärchen“ beim abendlichen Telefonat. Der beliebte Festspielschauspieler Robert Joseph Bartl ist als Herr Kemmler in Videosequenzen zu sehen, seine mahnenden Worte erreichen seine Frau nicht. Auch die Vorbehalte des Schuldirektors Backhaus (Joachim Götz) und die dringende Aufforderung ihrer Schülerin Caro, das Experiment sofort zu stoppen, verhallen zunächst ungehört. „Wir sind zu weit gegangen, ich bin zu weit gegangen. Es ist vorbei“. Mit diesen Worten beendet Frau Kemmler erst am letzten Tag der Projektwoche das Experiment. Tim, der in seinem Elternhaus nur wenig bis gar keine Beachtung findet, akzeptiert dies nicht: „Die Welle ist mein Leben!“ Es kommt zur Katastrophe!

Dieses Experiment basiert auf einer wahren Begebenheit, welche sich 1967 an der Cubberley High School in Palo Alto zugetragen hat. Der dazu erschienene Roman von Morton Rhue ist ein Schullektüre-Klassiker. In Deutschland gewann die Thematik durch die 2008 erfolgte Verfilmung mit Jürgen Vogel in der Hauptrolle weiterhin an Bekanntheit. Die Sommernachtsträumer haben die Handlung in unser heutiges, reales Deutschland verlegt. Durch die effektvollen Video-Übertragungen und die angesprochenen gesellschaftlichen und politischen Probleme wird das Publikum zu einem Teil der Bewegung.

Regisseur Tobias Stübing, der zugleich Vorsitzender des Sommernachtsträumer e.V. ist, hat diesen höchst aktuellen Stoff eindrücklich und bildgewaltig in Szene gesetzt und damit seinen Vorjahreserfolg noch übertroffen. Die mitwirkenden Kinder und Jugendlichen haben von der Möglichkeit des Körper- und Stimmtrainings profitiert und allesamt mit einer sehr guten bis ausgezeichneten schauspielerischen Leistung überzeugt. Silas Blüm (Tims Bruder) macht als hoffnungsvoller Nachwuchsschauspieler in verschiedenen Videosequenzen auf sich aufmerksam. Hervorzuheben ist außerdem die eindrückliche Darstellung von Paula Gnewuch als Caro und Christopher Seban als Bomber, der in dem überaus dramatischen Stück auf der verzweifelten Suche nach einer Freundin für Heiterkeit sorgt. Diyar Ilhan nimmt man die Wandlung vom Außenseiter zum Faschisten hundertprozentig ab.

Annette Lubosch und Joachim Götz als Frau Kemmler und Direktor Backhaus ...

Das Stück wird zwar in einer Schule aufgeführt, ist aber mit Schultheater nicht vergleichbar. Schon allein die technischen Voraussetzungen für die professionelle Kameraführung und die Drohnenaufnahmen eröffnen besondere Möglichkeiten. Joern Hinkel, künstlerischer Leiter der Festspiele, fungiert als künstlerischer Berater. Das alles, dazu die enorme Unterstützung durch Sponsoren und der Einsatz eines engagierten Teams hinter der Bühne, zahlen sich bereits aus. Hier bekommen Talente eine Chance und im Gegenzug profitieren die Festspiele von der weiteren Mitwirkung der „Kleindarsteller“ bei ihren Produktionen. Das Publikum belohnte die Sommernachtsträumer für dieses Theatererlebnis mit stehenden Ovationen.

Tim (Diyar Ilhan) lässt sich von der Welle mitreißen

„Die Welle. Bist Du Teil der Bewegung“ wird heute ein weiteres Mal ab 19.30 Uhr aufgeführt. Der Eintritt beträgt 10 Euro für Erwachsene, ermäßigt sind es fünf Euro. Karten gibt es noch an der Abendkasse. (Gudrun Schmidl) +++


 

Christopher Seban (links) als Bomber

Caro (Paula Gnewuch) wiedersetzt sich der Bewegung

Frau Kemmler ist eine moderne Lehrerin, pflegt mit ihren Schülern ein freundschaftliches Verhältnis. ...

Joern Hinkel (vorn) steht den Sommernachtsträumern beratend zur Seite


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