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- Fotos: Gudrun Schmidl

WEITERODE Heimatliche Mundart ist Kulturgut

Widdererer Mundart Spekdoagel mit Mandolinen und Männergesang

16.05.17 -  

„Schwidden und Wahres aus dem Dorf“, kenntnisreich und mit viel Humor vorgetragen von Mitgliedern der Mundartgruppe des Kulturvereins Ellis Saal, sorgten bereits zum dritten Mal für unterhaltsame Stunden am Muttertag. Da wurde kein Blatt vor den Mund genommen, sie schwätzten in grober, aber liebenswerter Direktheit „wies Müll gewossen es“ und vor allem ließen sie die Weiteröder im voll besetzten Saal in Erinnerungen schwelgen. „So wie es früher war, so wird´s nie wieder“, versicherten die Männer und Frauen, die sich mit großer Hingabe der Pflege des Brauchtums widmen, zum Einstieg musikalisch. „Widdererer Mundoart“ stand im Mittelpunkt des Programms, das außerdem vom Mandolinenorchester Weiterode unter der Leitung von Igor Karassik und von stimmgewaltigen Männern mit wunderbar gespielten und gesungenen Weisen bereichert wurde.

Hildegard Thon als Moderatorin und Sängerin aktiv

Gerhard Holstein und Ewald Koch ließen beim Wirtshausgänger-Geschwätz der Männer tief blicken und begründeten damit die Feierfreudigkeit der Weiteröder, die ihnen bis heute nicht abhanden gekommen ist. Unvergessen der jährliche Maitanz, der wegen dem anwesenden „Völkergemisch“ aus Weiterode, Bebra, Ronshausen und Iba nicht immer friedlich blieb. „Später wurden sogar Mischehen zwischen Weiterödern und Ronshäusern zugelassen“, empören sich die Wirtshausgänger, was der Männergesangverein Weiterode/Alheim mit dem Lied „Man liebt nicht ungestraft im Mai“ bekräftigte.

Die beiden Männer huldigten der genussreichen Vergangenheit, als es in Weiterode noch vier Wirtschaften gab, in denen der Gehacktes-Weck und ein Bier jeweils 35 Pfennig gekostet haben und die besten Schnitzel bei Elli auf den Tisch kamen. Elli wurde Elisabeth Holzhauer genannt, die den Familienbetrieb in der dritten Generation führte, vorher unter den Namen Gleim und Höll. Die Gaststätte war Anlaufstätte für fast alle Weiteröder Vereine und bietet heute im angrenzenden Saal Platz für regional und überregional geschätzte und beliebte Kulturerlebnisse, die Männer und Frauen gleichermaßen begeistern. Das war nicht immer so.

Gerhard Holstein, Ewald Koch und Karl Heise beim Wirtshausgeschwätz

„Die Frauen durften früher nicht weg. Da war die Welt noch in Ordnung“, seufzten die Wirtshausgänger, die in den ortsansässigen Gaststätten manch feucht/fröhliche Stunden verbracht haben, am „Spieltisch“ viele Runden Skat und Doppelkopf gekloppt, Radball und Tischtennis gespielt und gern auch gekegelt haben. Elke Hartung erzählte, als wäre es gestern gewesen, wie sie ihren besoffenen Opa, der ihrer Ansicht nach wegen der Schwankungen sehr krank war, auf Geheiß der Oma nach Hause holen musste. Ein Höhepunkt im Jahreskreislauf war die Kirmes, der Gänsemarsch „in de Keetz“ bleibt unvergessen. Viel zu erzählen hatte auch Karl Heise, der „Alterspräsident“ der Gruppe. Er gab vor allem gesammeltes Jägerlatein der Weiteröder Jäger zum Besten und verriet, dass damals so mancher Bock geschossen wurde. Einblicke gab es auch in „Jerwelms Kech“, die Grundschule und in die Spinnstube.

15 aktive Weiteröder haben es sich mit der im Jahr 2011 gegründeten Mundartgruppe zur Aufgabe gemacht, die Heimatsprache zu erhalten und dabei hat sich Hildegard Thon, das „Spekdoagelmensch üssem Rohrweg“, besonders verdient gemacht. Weil sie es gut kann, gab sie auch beim dritten Auftritt in Ellis Saal als Moderatorin den Ton an. „Ahle Männer haben sich zusammengeschlossen“, machte sie auf die Sänger aus Weiterode und Alheim aufmerksam, die nur noch gemeinsam singfähig sind. Verstärkung wünscht sie sich auch für die Mundartgruppe. „Wir sind schon alle friedhofsblond, wollen aber kein Auslaufmodell sein. Wir brauchen junges Blut“. Ihr Aufruf gilt der jüngeren Generation, die die Heimatsprache erhalten will. Vorgesorgt hat die Mundartgruppe mit ihrem „Weiteröder Mundart-Buch gegen das Vergessen“ als Ergebnis jahrelanger Kleinarbeit. Neben Geschichtlichem aus dem Ort, Ortsnamen, Flurnamen und Anekdoten wurden Begriffe und Redewendungen in Hochdeutsch und Mundart gegenübergestellt.

Bruni bringt ein erfrischendes Bier

Weil der Wettergott ein Einsehen hatte, war im Biergarten in der Pause und nach der Veranstaltung für das leibliche Wohl mit Gegrilltem und einem frisch gezapften Bier bestens gesorgt. Mit dem „Widdererer Mundart Spekdoagel“ endet die Kultursaison 2016/17, aber bereits am 07. Juni 2017 beginnt die Biergartensaison vom Kulturverein Ellis Saal. Jeden Mittwoch ab 18.00 Uhr kann man unter der Linde verweilen und dabei feststellen: „Scheen, scheen, scheen es Widderore…“, so wie es im gemeinsamen Abschlusslied am Muttertag besungen wurde. (Gudrun Schmidl) +++

 

 

 

 

 

 

Elke Hartung hatte Mitleid mit ihrem schwankenden Opa

Das Mandolinenorchester Weiterode in Bestform

Die Spinnstube


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